Mit dem Stück "The King's Speech" des britischen Drehbuchautoren David Seidler eröffnete der Kronacher Kreiskulturring seine umgestalteten vier Wände.
Die Zeit reicht gerade noch für einen tiefen Atemzug. In wenigen Sekunden beginnt die Rundfunkansprache von König Georg VI. zum Kriegseintritt Englands gegen Deutschland im zweiten Weltkrieg. Das Publikum ist angespannt. Die Angst, dass der Herzog von York wieder in sein altes Stottern zurückfallen könnte, ist präsent. Nun ist es aber soweit und der große Moment ist gekommen. Der König von England steht vor dem Mikrofon, seine Frau Elizabeth sowie der australische Sprachlehrer Lionel Logue setzen ihre ganze Hoffnung auf den großen Stotterer - genauso wie das Publikum. Wird er wieder stottern? Wird die Sprachtherapie Früchte tragen? Oder wird er etwa der Erwartung und dem Druck der Öffentlichkeit nicht Stand halten?
Stottern auf höchstem Niveau
Unverkennbar, dass sich die Stimmung der Inszenierung auf die Gäste übertrug, welche ab dem ersten Ton des Königs im
Finale des Schauspiels den Atem anhielten und voller Ergriffenheit dessen unerwartet gefühlvollen und ruhigen Worten folgten. Die Erleichterung und Freude über den Spracherfolg in Verbindung mit der mitreißenden Geschichte ließ die Gäste in begeisterten Applaus verfallen.
Es ist die Geschichte des zweitgeborenen britischen Königssohns, der aufgrund eines Sprachfehlers öffentliche Reden im Hörfunk scheut - zu denen als zweiter der Thronfolge im Grunde auch keinen Anlass gegeben hätte. Doch nach dem Tod des Vaters hält sich sein Bruder David als Eduard VIII. nicht lange auf dem Thron.
Um die geschiedene US-Amerikanerin Wallis Simpson heiraten zu können, dankt David schließlich ab und der stotternde Albert wird wird zu König Georg VI. gekrönt. Seine Gattin Elizabeth gibt nach zahlreichen fehlgeschlagenen Sprechkorrekturen nicht auf.
Sie stellt Kontakt zu dem australischen Sprechlehrer Lionel Logue her - und genau hier nimmt die turbulente Geschichte Fahrt auf. Mit einer Mischung aus Zweifel, Hoffnung, Freude und Distanz entscheidet sich der Herzog von York - gespielt von Herbert Schäfer - dazu, sich vom ebenso lockeren wie eigensinnigen australischen Sprechlehrer Lionel Logue (Steffen Wink) behandeln zu lassen.
Was folgt, ist ein von Emotionen geladenes Spannungsfeld der beiden Akteure, die in ihren facettenreichen Rollen glänzten. Immer wieder kam es zu kleinen Machtkämpfen auf der Bühne. Denn ehe sich eine wahre Freundschaft entwickelte, mussten zunächst die vorgeschriebenen Barrieren der britischen Monarchie zum Durchschnittbürger überwunden werden. Der quirlige Sprachtherapeut, der eigentlich viel lieber als Schauspieler arbeiten möchte, schafft es, den verklemmten Königssohn aus der Reserve zu locken.
Immer wieder vergisst der König seine eigentliche Position, lässt sich auf Lionel ein und erzählt solange von sich, bis er in einem Wutanfall die Methoden des Sprachlehrers wieder anzweifelt. Herbert Schäfer und Steffen Wink kreierten mit ihrer hervorragend authentischen Schauspielleistung eine erfrischende Szenerie voller emotionsgeladener Momente.
Wirkungsvolle Kulisse
Tiefe Einblicke gewährte die Geschichte nicht nur in das Seelenleben des Monarchen, sondern auch die politischen Hintergründe. Hier spielen der Erzbischof von Canterbury und der Politiker Winston Churchill eine große Rolle, die im richtigen Moment die Bühne betraten und über die Zukunft der britischen Monarchie beratschlagten.
Modern und schlicht schmückten schwarze Wände, Türen und wenige Hilfsobjekte die Szenerie.
War das Bühnenbild in dieser Hinsicht eher zurück genommen, bot es der Ausstrahlung der Schauspieler genügend Freiheiten. Sie hauchten den kahlen Wänden Leben ein und gaben mit ihrer Ausdruckskraft den Szenen die Farbe, die im Bühnenbild kaum vorhanden war: Es war eine königliche Glanzleistung, die die Zuschauer in den neuen Wänden des Kreiskulturrings zu sehen bekamen.
Als mehrfach Oscar-prämierter Film gefeiert, vermittelt dieses gleichnamige Gastspiel von David Seidler einen beinahe authentischen Eindruck des britischen Monarchen "Bertie". Das Ensemble der "Kempf Theatergastspiele" besteht aus Herbert Schäfer, Daniela Kiefer, Steffen Wink, Mona Perfler, Christian Claaszen, Harald P. Wieczoreck und Marcus Widmann.