Mit 14 Jahren startete die Schmölzerin Marita Oßmann beim Neuseser Unternehmen in ihr Arbeitsleben. Das ist inzwischen schon 45 Jahre her.
Vor 45 Jahren ging die damals 14-Jährige Marita Oßmann zu Dr. Schneider - und blieb dort bis heute. Für sie ist ihr Arbeitgeber viel mehr: "Dr. Schneider ist wie eine Familie für mich."
Sie sei an ihrem ersten Arbeitstag sehr aufgeregt gewesen, erinnert sie sich. Schließlich habe sie nicht gewusst, was alles während ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau auf sie zukommen sollte. Damals gab es noch keine Berufsorientierung, Ausbildungsmessen und keine Praktika. Stenografie- und Schreibmaschinenkenntnisse seien ihr als Hauptschülerin fremd gewesen. Außerdem: "Ursprünglich wollte ich Friseurin werden."
Doch der Vater schlug vor, sich bei Dr. Schneider vorzustellen. Und Dr. Franz Schneider war schnell überzeugt von dem jungen, engagierten Mädchen und stellte sie als Lehrling ein.
Was schrecklich war
Marita Oßmann legte sich ins Zeug.
Neben ihrer Arbeitszeit belegte sie einen Schreibmaschinenkurs und auch "Steno" musste sie lernen. "Das fand ich immer ganz schrecklich, aber es musste halt sein", sagt sie. Damals, als die Auszubildenden noch Lehrlinge hießen, waren viele Dinge anders. Gerade bei Dr. Schneider. "Wenn es zum Beispiel einen wichtigen Termin gab oder eine Feier, haben wir schon mal die Häppchen zubereitet und Zuhause bei Dr. Schneider serviert."
Nach Beendigung ihrer Lehrzeit wurde die heute 60-Jährige in der Lohnbuchhaltung eingesetzt. Girokonten für alle gab es nicht, daher wurde am Ende jeder Woche der Lohn in eine Tüte abgezählt, auf der die Abrechnung, also Bruttolohn, Abzüge und Nettolohn notiert waren - die sogenannte Lohntüte begleitete Marita Oßmann einige Jahre. "Der bargeldlose Zahlungsverkehr setzte sich erst später durch." Damals waren im Unternehmen rund 130 Mitarbeiter beschäftigt. Heute sind es weltweit über 3600.
Aus Dr. Schneider ist die Dr. Schneider Unternehmensgruppe geworden. Marita Oßmann ist noch immer in der gleichen Abteilung, auch wenn diese heute Personalabteilung heißt, und Oßmann dort seit vielen Jahren als "Leiterin Sozialwesen" Führungskraft ist. Denn ebenso wie das Unternehmen hat sich auch die gebürtige Schmölzerin ständig weiterentwickelt.
Sie kann sich noch gut an die vielen einzelnen Innovationen und gesetzliche Veränderungen erinnern. Der Fortschritt, den die erste Olivetti-Buchungsmaschine erbrachte; an die Umstellung auf IBM im Jahre 1986 und auf die Einführung von SAP im Jahre 2005. Dazwischen - 1992 - wurde das Zeiterfassungsprogramm etabliert. Ab diesem Zeitpunkt wurden alle Daten erfasst.
"Es kam schon vor, dass ich bei Einführungen neuer Software bis 2 Uhr morgens am Schreibtisch saß", so Oßmann.
Eine rasante Entwicklung
Diese ständigen Weiterentwicklungen brachten es außerdem mit sich, dass sie die Jahre in unregelmäßigen Abständen immer an Weiterbildungsnahmen teilnahm, um sich mit den neuesten Bürotechniken, Kommunikationsmitteln und EDV auseinanderzusetzen. Ihr sei immer bewusst gewesen: "Wenn ich nichts Neues dazulerne, bleibe ich auf der Strecke." Gerade bei Dr. Schneider. Schließlich habe sich das Unternehmen in den vergangenen Jahren rasant entwickelt, internationalisiert und Werke in Spanien, Polen, den USA und China gegründet. Dorthin werden regelmäßig Mitarbeiter entsendet.
"Das stellt uns als Personalabteilung natürlich auch immer wieder vor neue Herausforderungen, sagte die 60-Jährige."
In all den Jahren und trotz vieler Herausforderungen hat Marita Oßmann nie daran gedacht, ihren Arbeitgeber zu wechseln. Abgesehen davon, dass ihr Arbeitsplatz nur wenige Kilometer von ihrem Heimatort in Schmölz und ihrem heutigen Wohnort entfernt liegt, gab es "Planungssicherheit und immer pünktlich Lohn".
Außerdem sei Dr. Schneider für sie "viel mehr als ein Job". Eben eine Familie. In der übrigens auch ihr Mann seit 40 Jahren arbeitet. Er ist aktives Betriebsratsmitglied, sie Führungskraft. Gab es da nie berufliche Diskussionen am heimischen Küchentisch? "Doch schon. Aber alles in Allem leben wir beide einfach für die Firma."
Zieht Marita Oßmann heute Resümee über 45 Jahre bei Dr. Schneider, so ist ihrer Stimme eine große Zufriedenheit zu entnehmen.
"Sicherlich gab es nicht nur Höhen, sondern auch Tiefen." Wie beispielsweise die weltweite Wirtschaftskrise 2008/09, die insbesondere die Automobilbranche traf. "Und letztlich zeigte auch diese Zeit, dass wir bei Dr. Schneider zusammenhalten und Krisen gemeistert werden können."
Die Unternehmerfamilie zeigte Rückgrat, die Mitarbeiter Loyalität. Entsprechend gestärkt startete die Gruppe 2010 wieder durch. Für Marita Oßmann auch ein wichtiger Beleg, dass ihre Entscheidung für das
Neuses Unternehmen richtig war. "Früher wurden wir schon manchmal ein bisschen belächelt, weil wir zum Beispiel weniger verdient haben. Heute aber sind viele andere Unternehmen nicht mehr da, Dr. Schneider schon."
Oßmann ist stolz, ein Teil von einem Unternehmen zu sein, das heute an sieben Standort hochintegrierte Innenraumverkleidungen und anspruchsvolle Module für Instrumententafeln und Mittelkonsolen für
Automarken wie BMW, Ferrari, Audi oder Mercedes produziert. Und sie freut sich auch darüber, dass Dr. Schneider jetzt auch positiver wahrgenommen wird: "Das macht mich schon stolz."
Schlechtes Gewissen
Ein ganzes Leben lang Dr. Schneider. Und die meiste Zeit fühlte sie sich im Unternehmen und mit ihrem Team wohl., fühlte sich aber auch gefordert. Nur 14 Wochen pausierte sie - als 1977 ihr Sohn geboren wurde. Damals sei ihr von ihrer Umgebung wegen ihrer Berufstätigkeit oft ein schlechtes Gewissen eingeredet worden, beschreibt sie ihre Situation als junge Mutter. Aber ihr habe der Beruf sehr gefallen, zudem haben ihr Mann und sie als junge Familie ihr Einkommen gut gebrauchen können.
Trotz ihrer Begeisterung und Leidenschaft für ihren Arbeitgeber will Oßmann in einigen Jahren "pünktlich" in Rente gehen. Die 50 Jahre bei Dr. Schneider voll machen? "Nein, irgendwann ist es genug." Sie weiß aber schon jetzt: "Dr. Schneider wird auch dann weiter zu meinem Leben gehören."