Fest steht für die Verantwortlichen, dass neue Technik keinesfalls die Abkehr von bewährten Unterrichtsmethoden oder Grundkompetenzen bedeuten darf. Das Schreiben mit dem Stift, das Schulen der Fingermotorik und Ähnliches bleiben fest im Konzept der Grundschulen verankert. "Das eine schließt das andere nicht aus", unterstreicht Zapf. Die moderne Technik soll den Schülern und Lehrkräften vielmehr zusätzliche Möglichkeiten des Lernens und Lehrens an die Hand geben, welche die bisherigen Ergänzen.
So sieht das auch Veit Schott, der ein Beispiel nennt, wie digitale Medien ganz unproblematisch, aber sinnvoll Einzug in den Schulalltag finden können. Er denkt an den Sportunterricht, wo ein Lehrer beispielsweise mit einem Tablet die Übungen der Schüler filmen und ihnen dann anhand der Aufnahmen sofort Tipps für Verbesserungen geben kann.
Was den Informatikunterricht an den Mittelschulen betrifft, schreckt Schott ein wenig vor dem Namen zurück. Eigentlich gehe es um ein Komplettpaket aus den Grundzügen der Informationstechnik und - mindestens ebenso wichtig - der Erziehung zum Umgang mit Medien.
Handlungsbedarf
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Dass an der Digitalisierung der Schulen kein Weg vorbeiführt, steht für Schott außer Frage. Es gehe darum, den jungen Leuten für den späteren Berufseinstieg ein gutes Rüstzeug an die Hand zu geben. Und im Job gehe ohne Computer & Co. heute eben gar nichts mehr. Im deutschen Bildungssystem herrsche da Handlungsbedarf. "Wir sind hinterher, wir müssen aufholen", ist sein Eindruck im Vergleich zu anderen Ländern. "Deshalb überschlagen sich manchmal aus Sicht der Öffentlichkeit die Ereignisse."
Ereignisse wie eben die aktuelle Initiative der Landesregierung. In den drei Jahren ihres Förderprogramms sollen beispielsweise insgesamt 450 Millionen Euro in die Einrichtung digitaler Klassenzimmer an allen bayerischen Schulen (einschließlich Berufsschulen) fließen. "Bayern setzt Maßstäbe in der digitalen Bildung. Wir freuen uns auf diese Mittel und hoffen, dass es jetzt keine Verzögerungen durch Diskussionen gibt", sagt Kerstin Zapf mit dem Blick auf das Kompetenzgerangel zwischen Bund und Freistaat um Fördergelder und eine mögliche Einflussnahme auf den Lehrplan.
Wenn alles wie geplant klappt, dann sieht Schott die Region vor dem ersten Schritt zum digital unterstützten Unterricht - und der gebe keinen Anlass zur Schwarzmalerei. Schmunzelnd erinnert er an das Handy, dass die Kinder längst alle in die Schule mitbrächten: "Warum sollen sie nicht lernen, etwas sinnvoll einzusetzen, was sie sowieso in der Hosentasche haben?!"
Erfahrungen am Kaspar-Zeuß-Gymnasium
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Am frisch sanierten Kaspar-Zeuß-Gymnasium in Kronach hat die digitale Welt bereits Einzug in die Klassenzimmer gehalten. Die ersten Erfahrungen sind gut, weil die Lehrer die neuen Medien sehr gezielt einsetzen.
"Alle Klassenzimmer sind gleich ausgestattet", erklärt Schulleiterin Renate Leive. Das heißt, es finden sich ein Beamer, ein Whiteboard, eine Dokumentenkamera und auf Sicht die Möglichkeit, sich kabellos mit Tablet oder Handy in die Projektion einzuklinken. Aber es gibt ebenso noch eine grüne Tafel mit dem guten, alten Kreidezirkel.
"Es gibt viele Optionen, wie man die neuen Hilfsmittel nützen kann", stellt Lehrer Michael Bähr fest. Die Rückmeldungen zeigten, dass sie von fast allen Lehrkräften gut angenommen werden.
Grafiken ins Tafelbild integrieren, dynamische Einblendungen nutzen, einen Schüler schnell mal von seinem Tisch aus schreiben lassen - nur ein Teil der Möglichkeiten, die Bähr mit seinen Kollegen Martin Jungkunz und Jörg Kessel vorführt. "Es hat einen deutlichen Mehrwert, sich mit den Geräten im Klassenzimmer bewegen zu können, nicht nur Frontalunterricht zu halten", betont Kessel. "Es fängt mit Kleinigkeiten an", ergänzt Leive und erinnert an eine schwer sehbehinderte Schülerin, die vom besseren Kontrast auf dem Whiteboard merklich profitiert. Und wenn ein Lehrer seine erste Vorbereitung auf den Unterricht mit den neuen Medien erst einmal fertig habe, blieben ihm anschließend mehr Möglichkeiten, sich um die Schüler zu kümmern.
Angst müssten die Eltern vor der Elektronik an der Schule nicht haben, stellt Jungkunz fest. "Die Digitalisierung ist das eine, sie ersetzt aber nie die Pädagogik." Ein Lehrer entscheide immer gewissenhaft, wann er neue Möglichkeiten nutzt und wann er zu klassischen Unterrichtsformen greift. Und für die Eltern könne es am Ende sogar eine Hilfe sein, wenn ihre Kinder schon in der Schule lernen, vernünftig und bewusst mit der Technik umzugehen.
Kommentar von Marco Meißner
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Wenn Schulen neue Wege gehen, dann horchen Eltern zumeist mit Skepsis auf. Das ist gut so, denkt man an Entwicklungen wie den Schnellschuss G8. Doch das Schwert des elterlichen Aufbegehrens sollte mit Bedacht und nicht aus Prinzip eingesetzt werden, sonst könnte es auch positive Entwicklungen zunichte machen.
Wenn es um die digitale Welt an den Schulen geht, ist daher erst einmal Hinhören ratsam. Nicht alles was neu ist, muss schlecht sein. Und gerade vor dem Hintergrund, dass die Welt der Erwachsenen (und längst auch die Freizeit der Teenager und Kinder) nicht mehr ohne die digitalen Begleiter denkbar ist, lässt einen Bannstrahl besorgter Eltern gegen alle digitalen Medien im Unterricht als fragwürdig erscheinen.
Doch zum Glück reagieren die Eltern im Landkreis bisher ebenso besonnen wie die Entscheidungsträger auf schulischer Ebene. Vernünftig eingesetzt kann die moderne Technik nämlich eine Bereicherung des Unterrichts werden.