Trinkgelage und Vandalismus sollen nicht zum Stadtbild gehören. Sechs Frauen und Männer unterstützen deshalb ehrenamtlich die Polizeiinspektion Kronach. Noch vor acht Jahren waren sie zu zehnt. Um den Dienst aufrechterhalten zu können, brauchen sie dringend Helfer.
Daniela Fehn hält kurz die Luft an und pocht dann an die Toilettentür. Der Gestank von Urin schlägt ihr entgegen. "Wer ist da?", fragt sie. Ihre Stimme ist laut und bestimmend. Kein Anflug von Angst oder Unsicherheit schwingen mit. "Ich bin es", raunzt eine tiefe Männerstimme aus der Kabine. Der Unbekannte sagt widerwillig seinen Vornamen und behauptet, nur auf der Toilette zu sein.
Christine Förtsch sichert die Eingangstür und ihre Kollegin verlässt den beleuchteten Raum hinaus in die Dunkelheit. "Wir warten nun, bis der Mann herauskommt", erklärt Daniela Fehn vor der Bahnhofstoilette. "Hier ist ein beliebter Drogenumschlagsplatz."
Mehr Frauen für die Wacht
Die beiden Frauen sprechen aus Erfahrung. Seit acht Jahren engagieren sie sich bei der Sicherheitswacht, die für Kronach, Küps, Marktrodach und Weißenbrunn zuständig ist.
Sie sind Helferinnen der ersten Stunde. Zu Fuß unterstützen sie ehrenamtlich die Arbeit der Polizei.
Vier sind mittlerweile aus familiären und gesundheitlichen Gründen nicht mehr dabei oder weggezogen. "Wir würden uns besonders über weibliche Unterstützung freuen", erklärt Daniela Fehn, denn sie und Christine Förtsch sind mittlerweile die einzigen Frauen bei der Sicherheitswacht. Die Polizeiinspektion Kronach sucht dringend noch Bürger, die sich bei der Sicherheitswacht engagieren wollen. Etwa 14 Stunden im Monat sind die Fußstreifen unterwegs. Sie erhalten dafür 7,16 Euro in der Stunde.
Über Vandalen geärgert
Daniela Fehn und Christine Förtsch dachten vor acht Jahren nie, dass sie einmal die Polizeistreifen unterstützen würden.
Daniela Fehn arbeitet in einer Apotheke, Christine Förtsch ist gelernte Floristin. Über die Jahre haben sie sich gut kennen gelernt. Auf ihren Touren sprechen sie auch viel über Privates, denn wenn wenig los ist, kann so eine Nachtschicht langwierig werden.
Daniela Fehn erinnert sich an die Zeit, bevor sie bei der Sicherheitswacht war. Schon damals hat es sie geärgert, wenn in der Nacht Hauswände beschmiert worden sind oder sie am nächsten Tag sah, dass auf der Straße Vandalen Bänke zerstört haben. Wenn die 44-Jährige die Täter dabei beobachtete, rief sie auch schon mal die Polizei. "Im Endeffekt ist es jetzt auch noch so." Man brauche eine Portion Zivilcourage und müsse hilfsbereit sein. Fehn und Förtsch sind Ansprechpartner für alle Bürger. Manchmal frage sie jemand auch einfach nur nach dem Bus.
Pfeffersprays nicht nötig
Doch wenn die Sicherheitswacht unterwegs ist - insbesondere in der Nacht und an den Wochenenden - komme es schon manchmal zu Schlägereien, Vandalismus oder Trinkgelagen. Die Frauen und Männer der Sicherheitswacht beobachten und funken an die Polizei, wenn es gefährlich ist oder jemand eine Straftat begeht.
Sie sind mit Funkgeräten, Taschenlampen und Pfeffersprays ausgestattet. "Die Sprays haben wir aber noch nie gebraucht", weiß die 54-jährige Christine Förtsch. Von der Sicherheitswacht wird nicht verlangt, dass sie zum Beispiel bei Schlägereien eingreift. Schon gar nicht, wenn es gefährlich wird. Doch die Frauen sind mittlerweile routiniert und haben auch schon einige Rangeleien geschlichtet.
Ein halbes Jahr wurde die Sicherheitswacht bei der Polizei theoretisch und praktisch geschult, beispielsweise in Selbstverteidigung, Gesprächsführung in Krisensituationen oder im Erkennen von Drogen.
Weniger Straßenkriminalität Angst haben Daniela Fehn und Christine Förtsch keine. Zudem sollte man nicht zu schüchtern sein, denn es käme schon vor, dass man vor Gericht aussagen muss, weiß Christine Förtsch. "Man braucht ein dickes Fell." Immerhin beobachten die Beiden viel, das kann vor Gericht wichtig werden.
Die Arbeit der Sicherheitswacht zeigt Wirkung. Im Zeitraum 2002 bis 2004 wurden in Kronach, Küps, Marktrodach und Weißenbrunn 923 Fälle von Straßenkriminalität registriert. 2010 bis 2012 hat sich diese Zahl um 23 Prozent reduziert. 711 Fälle wurden gezählt.
Am Anfang ihrer Zeit war für Daniela Fehn und Christine Förtsch wesentlich mehr zu tun. Vor allem die Trinkgelage auf öffentlichen Plätzen hätten sich reduziert, erzählt Daniela Fehn. Auch dieser Abend verläuft unspektakulär. Es hat Temperaturen um den Gefrierpunkt, doch den Beiden ist nicht kalt. "Unangenehm wird es bei Minus 20 Grad", erklärt Christine Förtsch. Die Sicherheitswacht ist warm und dunkel angezogen. Das war zu Beginn nicht so. Die Jacken hatten Signalfarben und waren bei der Arbeit eher hinderlich, erinnern sich die Frauen. "Schon von Weitem hat man uns gesehen und die Leute sind weggerannt", schildert Förtsch.
Dann entdecken sie drei Jugendliche, die an einer Telefonzelle am Marienplatz stehen. Keine Unbekannten für sie. Als sie die Frauen sehen, laufen sie zügig weg. Gerade als sie die Straße überqueren wollen, kommt ihnen das Team der Sicherheitswacht entgegen.
Sie wollten doch nur telefonieren, sagen sie. Das Telefon sei kaputt. Doch so leicht lassen sich die Frauen nicht abwimmeln.
Man kennt sich
In Sachen Telefon sind die Beiden misstrauisch. "Wir haben auch schon mal einen herausgerissenen Telefonhörer im Parkhaus gefunden", erklärt Daniela Förtsch. Sie überprüfen das Gerät und es funktioniert. Einige Meter weiter steht die jugendliche Truppe schon am nächsten Apparat.
Die Wacht behält die Jugendlichen im Blick. Diese bemerken, dass sie beobachtet werden, besprechen sich kurz und gehen dann langsam davon. Friedlich. Die Sicherheitswacht läuft wieder zurück zum Bahnhof. Eine ruhige Schicht.
Kontakt: Wer bei der Sicherheitswacht mitwirken möchte, wird gebeten, sich bei der Polizeiinspektion Kronach unter der Telefonnummer 09261 /5030 zu melden.