Der frühere Heimatpfleger Roland Graf erzählt, wie religiöse Flurdenkmäler plötzlich ganz weltliche Verwendungen fanden.
Bereits 1973 war die Inventarisation der Martern im Raum von Zeyern so weit abgeschlossen, dass Roland Graf sich als Heimatpfleger ein Bild vom Zustand der einzelnen Objekte machen konnte. Das fiel allerdings bei mehreren Denkmälern sehr traurig aus, wie er berichtet. Von diesen Martern waren nur noch die Einzelteile zu finden, die zudem eine "neue Verwendung" gefunden hatten.
Einige Aufsätze mit den Bildern der Heiligen standen auf Gartenpfosten oder wurden in die Hauswand eingemauert, wodurch wenigstens das endgültige Verschwinden aus der Bildstocklandschaft abgewendet war. Marternsockel lagen unter anderem unbeachtet in Hecken, was ebenfalls dazu führte, dass manches Teil anderweitig Verwendung fand. Ein Sockel dient noch heute als Fundamentstütze für eine Scheune.
Ein anderer, mit Fruchtgehängen und einem Kranz verziert, ist heute Bestandteil einer Marter in Kronach.
Mehrere Denkmäler befanden sich in schlechtem Zustand, sodass zu befürchten war, dass sie der nächste Windstoß umwerfen würde. Graf erinnert sich, in Anbetracht dieser prekären Situation ein Gespräch mit dem damaligen Bürgermeister Engelhardt geführt zu haben, der versicherte, dass er sich für die Erhaltung der religiösen Denkmäler einsetzen werde.
Eines der gefährdeten Objekte stand unweit der Zigeunermühle am Weg. Die Marter hatte schon bessere Zeiten erlebt, denn man konnte unschwer sehen, dass sie schon einmal zusammengestürzt war. Ihre beschädigten Einzelteile standen provisorisch und lose übereinander, sodass Einsturzgefahr bestand.
Zwei Wochen nach Grafs Besuch beim Bürgermeister herrschte große Aufregung in der Gemeindeverwaltung von Zeyern, als das Fehlen dieser Marter von Bürgern gemeldet wurde. Umgehend erhielt der damalige Heimatpfleger vom Bürgermeister einen Anruf, denn er vermutete, dass Graf die Marter abgeholt hätte.
In einem freundschaftlichen Gespräch konnte sich der Bürgermeister davon überzeugen, dass Graf die Marter nicht "geklaut" hatte, wie er es scherzhaft formulierte, sondern dass sich jemand anders bedient hatte.
Was folgte, war umgehend eine Anzeige gegen unbekannt bei der Landespolizei in Kronach. Zeitgleich erschien am 4. Juni 1975 in der Zeitung ein Hilferuf mit Steckbrief und genauer Beschreibung der verschwundenen Marter.
Das war nur möglich, da alle Sandsteinmartern im Landkreis Kronach bereits 1974 von Graf in Bild, Beschreibung und Abmaßen in einer Kartei erfasst worden waren.
Die Veröffentlichung verfehlte nicht ihre Wirkung. Denn bereits einen Tag später hatte man alle Einzelteile wieder am ursprünglichen Ort abgelegt, was in der Gemeinde mit großer Freude aufgenommen wurde.
Zwei Tage nach dem Steckbrief erschien eine kleine Mitteilung mit folgendem Wortlaut in der Zeitung: "Marter ist wieder da. Zeyern - Gestern früh waren die Teile der Marter von Zeyern, die vor einigen Tagen ,weggefahren' worden waren, plötzlich wieder da. Wohl auf Grund der Veröffentlichung hat dem Liebhaber dieser Marter das Gewissen geschlagen und er hat in der Nacht die Sachen wieder an Ort und Stelle gebracht.
Trotzdem: Schönen Dank für's Wiederbringen - und falls das Gewissen noch schlägt: Der Arbeitskreis Heimatpflege nimmt auch von unbekannt Spenden entgegen, die für die Restaurierung von Martern verwendet werden."
Zeyerner halfen mit
Ihre Dankbarkeit brachte die Gemeinde damit zum Ausdruck, dass sie sich umgehend um die Restaurierung und Wiederaufstellung kümmerte und die Kosten dafür übernahm. Etliche Zeyerner halfen damals beim Wieder aufstellen.
Zum Schutz versetzten sie das religiöse Flurmal einige Meter, damit es sich außerhalb der Gefahrenzone von Langholzfuhrwerken befindet. Die Restaurierung lag in den Händen von Steinmetz Erich Holzmann aus Steinwiesen.
RG