"Die Feuerwehr ist eine Lebensaufgabe"

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Immer für den Einsatz gerüstet: Joachim Ranzenberger. Foto: Corinna Igler/Archiv
Immer für den Einsatz gerüstet: Joachim Ranzenberger. Foto: Corinna Igler/Archiv

Joachim Ranzenberger erklärt, was der Titel Kreisbrandrat für ihn bedeutet, wie es um den Nachwuchs bestellt ist und was eine absolut falsche Ansicht ist.

Seit dem 1. Januar führt Joachim Ranzenberger als Kreisbrandrat die Feuerwehren im Landkreis Kronach. Er ist somit "Chef" von rund 3100 Wehrleuten und von 600 Heranwachsenden, die in Jugendfeuerwehren aktiv sind. Es ist eine Aufgabe, die der 57-Jährige mit Leidenschaft ausübt.

Herr Ranzenberger, wie sind Sie eigentlich zur Feuerwehr gekommen?
Joachim Ranzenberger: Ich bin 1977 mit 17 Jahren der Feuerwehr Neukenroth beigetreten. Es war zur damaligen Zeit üblich, sich als junger Mann bei der Feuerwehr mit einzubringen. Damals war mir schon bewusst, dass ein Engagement in einer Feuerwehr eine sinnvolle Aufgabe ist.
Ein weiterer Grund war die Kameradschaft.

Wie entwickelte sich denn Ihre Feuerwehrkarriere?
Schon im Jahre 1978 wurde ich Gruppenführer, fünf Jahre später Kreisbrandmeister für den Unterkreis IV, also für die Gemeinden Stockheim, Mitwitz und Schneckenlohe. Von 1983 bis 1990 war ich zudem Kreisjugendwart. 1991 wurde ich zum Kreisbrandinspektor ernannt, diese Funktion führte ich bis 2005 aus.

Was leisten die Feuerwehren?
Für den Brandschutz sind die Gemeinden zuständig. Diese Aufgaben übernehmen aber die Feuerwehren auf freiwilliger und ehrenamtlicher Basis. Die Gemeinden könnten diese Leistungen nicht in der Form erbringen. Rund zehn Millionen Euro im Landkreis Kronach müssten beispielsweise für einen Mindestschutz durch berufstätige Feuerwehrleute pro Jahr aufgebracht werden. Diese Summe könnten die Kommunen natürlich nicht schultern. So ist es nötig und sehr gut, dass diese Tätigkeit durch die Freiwilligen Feuerwehren übernommen werden. Außerdem leisten die Feuerwehren einen großen Beitrag zur Lebensqualität in unseren Gemeinden, indem die Aktiven der Bevölkerung ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Zusätzlich ist auch der gesellschaftliche und kulturelle Aspekt nicht zu vernachlässigen. Es gibt Ortschaften, in denen die Feuerwehr der einzige Verein ist.

Wie ist es mit den Aufgaben der Feuerwehren, haben sich diese gewandelt?
Oh ja. Die Brandeinsätze sind zwar zurückgegangen, dafür haben aber die technischen Hilfsleistungen enorm zugenommen. Verstärkt sind die Feuerwehren bei Überschwemmungen, Sturmschäden, Unfällen, Gefahrguteinsätzen oder der Beseitigung von Ölspuren im Einsatz. Hinzu kommen weitere Tätigkeiten, etwa im Rahmen der Amtshilfe für die Polizei oder auch sogenannte freiwillige Leistungen; also zur Unterstützung von örtlichen Vereinen. Diese Einsätze erfolgen meist in guter Zusammenarbeit mit den anderen Hilfsorganisationen wie THW und BRK.

Auch was die Ausstattung der Feuerwehren betrifft, hat sich einiges bewegt. Beispielsweise gab es zu Beginn meiner Feuerwehrlaufbahn im Landkreis nur drei Feuerwehren, die im technischen Bereich mit einem "Spreizer" ausgestattet waren, aktuell sind es 18. Auch viele Feuerwehrfahrzeuge wurden neu angeschafft. Die Anforderungen an die Feuerwehren sind aber auch enorm angestiegen und dafür werden entsprechende funktionierende Geräte gebraucht.

Oftmals wird bemängelt, dass zu viele Feuerwehren bei einem Einsatz ausrücken.
Besser zu viel als zu wenig Feuerwehrleute. Es liegt aber auch am System. Der Notruf geht bei der Rettungsleitstelle ein. Weder der Anrufer, noch die Leute in der Zentrale können die Lage genau beurteilen. Aber es ist nötig, dass ausreichend viele Feuerwehrmänner und -frauen schnell vor Ort sind. Denn jede Minute kann Menschen retten und zur Schadensbegrenzung beitragen.

Wie ist die Zusammenarbeit mit den Kommunen?
Es ist wie meistens im Leben, mit vielen Gemeinden läuft sie sehr gut, mit anderen halt etwas weniger. Ich will damit sagen, dass die Kommunen grundsätzlich ihre Feuerwehren unterstützen. Aber es werden halt, was gemeindliche Aufgaben betrifft, die Prioritäten unterschiedlich gesetzt.

Manche Kommunalpolitiker und auch Bürger vertreten die Meinung, dass es sinnvoller wäre, in einer Gemeinde nur eine Feuerwehr zu haben.
Eine absolut falsche Ansicht. Die Ortsteilfeuerwehren sind neben den Stützpunktfeuerwehren nach wie vor enorm wichtig, schon wegen der vorhandenen und erforderlichen Ortskenntnis und der schnellen Verfügbarkeit vor Ort. Außerdem denke ich, dass die Zahl der Aktiven bei nur einer Feuerwehr je Großgemeinde sich enorm reduzieren würde. Die Aufgaben bleiben aber. Man würde im Endeffekt riskieren, dass die Aufgaben der Feuerwehren nicht mehr ehrenamtlich geleistet werden. Und das wäre äußerst problematisch.

Wie ist es um den Nachwuchs der Feuerwehren bestellt?
Die Jugend ist - wie bei jedem Verein - die Zukunft. Wir haben 600 Jungen und Mädchen bei unseren Jugendfeuerwehrgruppen. Darauf sind wir stolz. Aber auch bei den Feuerwehren macht die demografische Entwicklung nicht Halt. Bisher konnten Jugendliche erst ab zwölf Jahren der Feuerwehr beitreten. Das ist oft zu spät, denn mit zwölf Jahren ist der Nachwuchs schon in anderen Vereinen integriert. Für mich ist es daher ein Anliegen, die Kinderfeuerwehren auszubauen. Mittlerweile haben wir weit über 200 Kinder unter zwölf Jahren in fast 20 Kinderfeuerwehren. Ihnen wird auf spielerische Art das Feuerwehrwesen näher gebracht. Ich begrüße es, dass ab 2017 die Kinderfeuerwehren mit im Feuerwehrgesetz berücksichtigt werden.

Was bedeutet der Titel eines Kreisbrandrats?
Es kommt nicht auf den Titel an. Kreisbrandrat ist eine verantwortungsvolle, spannende, schöne und natürlich auch zeitraubende Aufgabe. Pro Woche bin ich zwischen 25 und 30 Stunden dafür unterwegs. Die verschiedenen Termine nehme ich gerne wahr. Ich bin stolz auf meine Feuerwehrmänner und -frauen, die viel Freizeit in die Feuerwehr investieren und rund um die Uhr für ihre Mitbürger da sind.
Hinzu kommen Gespräche mit Bürgermeistern, Landrat, mit meinen Leuten aus der Kreisbrandinspektion. Weiterhin nehme ich Termine auf Oberfranken- und Bayernebene wahr. Ich bin ja als stellvertretender Vorsitzender der oberfränkischen Feuerwehren auch Mitglied im Ausschuss des Bayerischen Landesfeuerwehrverbandes. Eine sehr interessante und lohnende Aufgabe, die aber natürlich auch mit einem Zeitaufwand verbunden ist.

Sie sind neben Ihrem Job als geschäftsleitender Beamter der Gemeinde Nordhalben auch Gemeinderat in Stockheim und Kreisrat. Warum machen Sie das?
In der Kommunalpolitik bin ich deshalb, weil ich so mitbestimmen und mitentscheiden kann, vor allem natürlich auch bezüglich der Feuerwehrbelange. Die Feuerwehr ist für mich eine Lebensaufgabe, bei der ich mit Herzblut dabei bin. Da versuche ich auch in der Kommunalpolitik, hierfür die Weichen richtig zu stellen

Die nächste Wahl zum Kreisbrandrat ist 2017. Treten Sie an?
Ja, vom Alter her könnte ich dieses Amt nochmals sechs Jahre ausüben. Meine endgültige Entscheidung, ob ich nochmal kandidieren werde, treffe ich im Frühjahr 2017.

Das Gespräch führte
Veronika Schadeck