Darum kauft der Kreis Kronach das Wasserschloss Mitwitz

5 Min
Äußerlich nach wie vor unverändert: In seiner aktuellen Form ist das Wasserschloss schon 400 Jahre alt. Foto: Siegmund Katholing
Äußerlich nach wie vor unverändert: In seiner aktuellen Form ist das Wasserschloss schon 400 Jahre alt. Foto: Siegmund Katholing

Der Landkreis Kronach hat von der Familie Cramer-Klett das Wasserschloss Mitwitz gekauft. Bisher gab es lediglich einen Nutzungsvertrag, der noch bis zum Jahr 2076 gegolten hätte. Zumindest für das Kernschloss wird der Kreis nicht tief in die Tasche greifen müssen.

Der Kreis Kronach geht unter die Schlossbesitzer: Schon zu Beginn des neuen Jahres wird er neuer Eigentümer des Mitwitzer Wasserschlosses sein. Einen entsprechenden notariellen Kaufvertrag haben Baron Theodor Rasso Freiherr von Cramer-Klett und Landrat Klaus Löffler (CSU) bereits am gestrigen Montag unterzeichnet.

Den Auftrag dafür holte sich der Landrat erst vergangene Woche im Kreistag. Einstimmig beschlossen die Mitglieder im nichtöffentlichen Teil ihrer Sitzung, das Wasserschloss zu erwerben. Der Kaufvertrag beinhaltet jedoch nicht nur das Kernschloss, sondern auch die Außenanlagen. Nach Angaben des Landratsamts umfasst der Grunderwerb insgesamt mehr als zehn Hektar. Dazu zählen also auch das Nebengebäude, der Schlosspark sowie der schlossnahe Parkplatz an der Turnhalle. "Den wollte die Gemeinde schon seit Jahren kaufen, geklappt hat es aber nie", weiß Altlandrat Heinz Köhler. Ob sie den Parkplatz nun vom Landkreis kauft oder nicht, sei im Grunde egal. "Hauptsache ist, er ist nun in öffentlicher Hand."

Nun könnten unter anderem einige Bäume im Bereich des Baches beseitigt werden, um die Sicht zum Schloss freizubekommen. "Das war lange ein Problem, weil sich der Verwalter des Schlosses da immer gegen gesträubt hat", erzählt Köhler.

In den 70er Jahren war er als Landrat maßgeblich daran beteiligt, dass das Schloss Stück für Stück saniert werden konnte. Zehn Millionen D-Mark gab der Landkreis zwischen 1977 und 1989 dafür aus, um den Zahn der Zeit nicht länger an den Mauern nagen zu lassen. Das erste sichtbare Ergebnis der Sanierungsarbeiten wurde der 1979 eingeweihte "Weiße Saal".

Ein Kompromiss

Ein Erfolg, der Köhler einige Überzeugungsarbeit abverlangte (siehe Chronik unten). Zwar hätte er das Schloss und das umliegende Grundstück schon damals gerne für den Landkreis gekauft, Freiherrn Benedikt von Cramer-Klett, der Vater des jetzigen Barons, habe sich aber sehr zurückhaltend gezeigt. "Er wollte das Schloss sogar lieber verfallen lassen, als es herzugeben", erinnert sich Köhler. Der Kompromiss war schließlich ein 99 Jahre geltendes Nutzungsrecht als Gegenleistung für den enormen finanziellen Einsatz des Landkreises.

Unüberwindbare Probleme habe es zwar nie gegeben, und im Prinzip sei der Landkreis in den vergangenen 40 Jahren mit den Besitzern "immer gut zurechtgekommen". Dennoch habe die Praxis gezeigt, dass es immer irgendwelche Schwierigkeiten gibt, so Köhler: "Auch wegen der Zuschüsse." Dem Vernehmen nach sind das unter anderem die Gründe dafür, dass es der Landkreis nicht nur bei seinem Nutzungsrecht an Teilen des Schlosses und des Schlossparks belassen möchte - Obwohl erst erst zum Jahresende 2076 ausgelaufen wäre.

Weil die Kaufentscheidung in einer nichtöffentlichen Sitzung getroffen wurde, will sich Köhler nicht dazu äußern, welchen Betrag der Landkreis in die Hand nehmen muss, um unter die Schlossbesitzer gehen zu können. Auch das Landratsamt hält sich mit weiteren Angaben zurück und verweist auf eine heute stattfindende Pressekonferenz. Nach Informationen unserer Redaktion zahlt der Kreis Kronach für die zehn Hektar Grundstück einen marktüblichen Preis, für das Wasserschloss an sich allerdings lediglich einen symbolischen Euro. Köhler lässt sich nur so viel entlocken: "Ich würde das Ganze als ein Schnäppchen bezeichnen."

Besuchermagnet

Im Blick dürfte er dabei auch die Bedeutung des Schlosses für die Gemeinde haben - immerhin ist es längst das Herzstück von Mitwitz. Sei es im kleineren Kreis bei Hochzeiten im "Weißen Saal" oder auf den inzwischen zahlreichen kulturellen Veranstaltungen. An die 20 000 Besucher strömten etwa dieses Jahr am ersten Advent zum Weihnachtsmarkt, und auch das Schlossparkfest im Juli entwickelt sich immer mehr zum Besuchermagneten.

Das Wasserschloss stelle die bedeutendste Wasserburganlage in Oberfranken dar und gehöre zu den kulturgeschichtlich interessantesten dieser Art in Franken, heißt es von Seiten der oberfränkischen Bezirksheimatpflege. Kulturhistorisch und denkmalpflegerisch komme dem Schloss daher eine wesentliche Bedeutung zu: "Es ist im gesamten fränkischen Raum keine Anlage dieser Bedeutung bekannt, die durch einen so langen Zeitraum der Unberührtheit einen so unverfälschten Eindruck vermitteln kann." Und nun gehört sie dem Landkreis.

Aus dem Dornröschenschlaf erwacht: Ein Streifzug durch die Geschichte des Schlosses

Der Verkauf des Wasserschlosses Mitwitz an den Kreis Kronach ist nur das neueste Kapitel einer Geschichte, deren Beginn schon mehrere Jahrhunderte zurückliegt.

13. Jahrhundert V on den tatsächlichen Anfängen des Schlosses ist leider nichts bekannt. Als Mitwitz erstmals in einer Urkunde aus dem Jahr 1266 unter der Herrschaft derer von Schaumberg in einer Urkunde aus dem Dunkel der Geschichte auftaucht, dürfte der zunächst mit einem Steinunterbau und einem Stockwerk von Holz errichtete nordöstliche Flügel der Wasserburg schon bestanden haben.

Allerdings konnte erst 1980 durch Bohrungen nachgewiesen werden, dass die bis dahin gängige Ansicht, das Schloss ruhe auf Holzrosten, nicht stichhaltig ist. Dagegen wurde unter einer Schlammschicht und einer gewachsenen Erdschicht eine mächtige Kiesschicht nachgewiesen, auf der das Sandstein-Fundament ruht.

16. Jahrhundert A b 1525 gehörte der Adelssitz dem Geschlecht von Rosenau und brannte im Bauernkrieg völlig aus. Dank der Finanzmittel des Bamberger Fürstbischofs Hans Veit von Würtzburg kam das Schloss 1575 in den Besitz dessen Famili. Zwischen 1596 und 1598 erlangte das Kernschloss im Wesentlichen seine jetzige äußere Gestalt. Zudem wird in den darauf folgenden Jahren der "äußere Ring" mit Torbau, Wirtschaftsgebäuden und Verwaltung (neu) errichtet.

Bei einem Besuch der Schlossanlage erkennt man noch heute, welche architektonische Meisterleistung vor 400 Jahren gelungen ist: So stehen drei Türme mit rundem, achteckigem und viereckigem Grundriss verhältnismäßig dicht beisammen und bilden trotz ungleicher Höhen und Aussehen mit den Zwischenbaukörpern ein harmonisches, eindrucksvolles Ganzes.

17. und 18. Jahrhundert I m späten 17. und 18. Jahrhundert mutierte die Wasserburg zu einem ansehnlichen Barockschloss im Innern. So zeugen der "Weiße Saal" mit der stuckverzierten Decke und dem Ölgemälde "Gerechtigkeit und Frieden" sowie das Spiegelzimmer mit dem Gemäldereigen der Josefsgeschichte noch heute von dieser Schaffensperiode. Da sich die Herren von Würtzburg unter Hans Veit IV. (1638-1703) wieder der katholischen Lehre zugewandt hatten, wurde auch die im Erdgeschoss des Südflügels liegende Schlosskapelle entsprechend umgestaltet.

Neu und der barocken Zeit entsprechend wurden Garten- und Parkanlagen angelegt und hergerichtet, die hölzerne Zugbrücke abgeschafft, steinerne Balustraden erschaffen und schließlich eine statische Sicherung mit Verstrebungen am Kernschloss durchgeführt. Diese eminent wichtige Maßnahme stabilisierte das aus den Fugen geratene Schloss, denn das Gebälk senkte sich bereits ab und die Türme gingen auseinander.

20. Jahrhundert I m November 1903 strahlte das Wasserschloss letztmals feudalen Glanz aus, als die Hochzeit Annies von Würtzburg mit Baron Theodor II. von Cramer-Klett festlich begangen wurde. Was Oberfranken an Adel, an höheren Würdenträgern besaß, war erschienen, um dem Brautpaar und dem allgemein beliebten Brauteltern seine Glückwünsche darzubringen. Nach der kirchlichen Trauung in der Schlosskapelle fanden die Hochzeitsfeierlichkeiten im "Weißen Saal" statt. Nach dem Tod des letzten männlichen Vertreters der von Würtzburg (1922) gelangte der Besitz an die Familie von Cramer-Klett.

Nach dem Ersten Weltkrieg verlor das in die Jahre gekommene Wasserschloss zunehmend an Bedeutung. Noch gegen Ende des Zweiten Weltkrieges beherbergte das mittlerweile unbewohnte und weitestgehend leer stehende Gebäude die ausgelagerten Frankfurter Bibliotheksbestände, außerdem wertvolle Kunstgegenstände der ehemaligen Kaiserstadt.

In den 1960er-Jahren, fristete das Schloss ein eher kümmerliches Dasein, war vom Zahn der Zeit arg gebeutelt, Geld und Motivation der Cramer-Klett'schen Erben für eine Rettung nicht vorhanden. Romantiker sprachen vom schlafenden Dornröschenschloss, Kritiker vom drohenden Verfall der Wasserburg.

Erst in den 1970ern wurde unter Initiative des damaligen Landrats Heinz Köhler das Mitwitzer Wahrzeichen aus seinem Schlaf wachgeküsst und zunächst der "Weiße Saal" saniert. "Es war nicht ganz einfach, das ,Ja‘ zur Sanierung für den Landkreis Kronach durch die Familie von Cramer-Klett zu erhalten", schrieb Köhler einmal. "Auf meinen ersten Brief an Freiherrn Benedikt von Cramer-Klett, in dem ich ihn um einen Termin bat, antwortete er zurückhaltend."

Dennoch erklärte sich der Baron zu einem Gespräch bereit. "Zugute kamen mir meine guten Beziehungen zur Familie von Cramer-Klett", so Köhler. Insbesondere Anne-Marie von Cramer-Klett (1910-1992) habe sich sehr für sein Ziel mit eingesetzt. Als Gegenleistung für die Erhaltung und den Unterhalt des Wasserschlosses erhielt der Landkreis ab 1978 für 99 Jahre ein Nutzungsrecht von den Eigentümern zugestanden.