Tempo-30-Zonen: Wo gibt es im Kreis Kronach Bedarf?

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An der Ortsdurchfahrt Friedersdorf und der Ortsmitte in Weißenbrunn würden zwei Leser gerne ein Tempo-30-Schild sehen. Foto: Stratenschulte/dpa
An der Ortsdurchfahrt Friedersdorf und der Ortsmitte in Weißenbrunn würden zwei Leser gerne ein Tempo-30-Schild sehen. Foto: Stratenschulte/dpa
Mit zwei solcher Schilder will der Markt Pressig Autofahrer dazu bewegen, zukünftig vorsichtiger zu fahren. Foto: Markt Pressig
Mit zwei solcher Schilder will der Markt Pressig Autofahrer dazu bewegen, zukünftig vorsichtiger zu fahren. Foto: Markt Pressig
 

Leser haben Vorschläge gemacht, wo in ihren Heimatgemeinden eine Tempo-30-Zone sinnvoll wäre oder besser kontrolliert werden sollte.

Mit dem Gefühl ist das so eine Sache. Im Wetterbericht reicht es schon lange nicht mehr aus, allein die Temperatur der kommenden Tage anzukündigen - immer öfter wird die vom Menschen wahrgenommene Umgebungstemperatur hinzugefügt. Ähnliche Unterschiede zwischen Gefühl und Realität scheint es offenbar beim Thema Geschwindigkeit zu geben. 150 Stundenkilometer entlocken Fahrern des neuesten Sportflitzers wohl spätestens nach der dritten Fahrt kaum noch mehr als ein müdes Lächeln. Hinter dem immer stärker vibrierenden Lenkrad der von den Großeltern geerbten Kiste, die dem kommenden TÜV-Termin sorgenvoll entgegen klappert, kann daraus jedoch schnell die gefühlt doppelte Geschwindigkeit werden.


Regelmäßige Messungen

Doch selbst das mit der Klapperkiste erreichte Tempo lässt manchen Passanten am Tachometer zweifeln. "Das waren doch niemals 50 km/h", scheinen die Augen manch empörter Passanten vorbeifahrenden Autos oder Lastwagen ungläubig nachzublicken. "Oft schätzt man die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit nicht richtig ein", sagt Stefan Heinlein, der Leiter des Ordnungsamtes des Marktes Pressig.

Alle paar Jahre leihe die Gemeinde ein Messgerät aus, das nach und nach in allen Ortsteilen Uhrzeit und Geschwindigkeit der vorbeifahrenden Autos ermittelt. Das Ergebnis: Nur äußerst selten wird das Gaspedal zu weit durchgetreten. "Natürlich kann man keine pauschale Aussage zu allen Ortsteilen treffen, aber in Tempo-50-Zonen wurde im Schnitt um die 45 bis 55 km/h gefahren", sagt Heinlein. Ausreißer, die mit 60 bis 75 Stundenkilometern durch einen Ort brettern, gebe es natürlich trotzdem. An drei bis vier Standorten hätten die Messungen ergeben, dass den angebrachten Schildern nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt werde. Friedersdorf gehöre nicht dazu.

Vor kurzem berichteten wir auf unserem Online-Portal infranken.de, dass der Bund die Einführung von Tempo-30-Zonen in den Kommunen erleichtern will, um Unfallgefahren zu verringern. Daraufhin kamen Leser unserer Aufforderung nach und schilderten, wo sie in ihrer Heimatregion solche Zonen für sinnvoll erachten. "An der Ortsdurchfahrt Friedersdorf rasen die Autos auf gerader Strecke nur so dahin. Da wird nicht einmal die 50-km/h-Grenze eingehalten", teilte uns ein Leser mit. "Diesen Rasern muss Einhalt geboten werden."


Eine Kostenfrage

Heinlein kennt die beschriebene Stelle nach eigener Aussage gut. Welche Durchschnittsgeschwindigkeit dort bei der vergangenen Messung festgestellt wurde, könne er aber nicht mehr sagen. "Schnell kann man immer fahren. Egal wo", räumt er ein. Daher müsse an die Vernunft aller Verkehrsteilnehmer appelliert werden. In Friedersdorf lasse aber allein schon die Kürze des Ortes nicht viel zu: "Das ist eine Strecke von 300 Metern, auf der man Gas geben kann."

Seiner Erfahrung nach seien es - ortsunabhängig - ohnehin zu 80 Prozent Einheimische, die sich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzungen halten. Wer sich nicht auskenne, fahre mindestens zehn Stundenkilometer langsamer. Heinlein bezweifelt, dass Tempo-30-Zonen allein am Verhalten der Fahrer etwas ändern werden. "Geschwindigkeitsbeschränkungen müssen sanktioniert werden, sonst haben sie nur einen plakativen Effekt", betont er.

Beschwerden über zu schnelles Fahren habe es aus Friedersdorf bislang aber keine gegeben, zudem seien ihm in 15 Jahren von dort keine Unfall-Meldungen zu Ohren gekommen. Was sich wie ein lapidarer Nebensatz anhört, ist ein entscheidender Faktor. Denn nur wo Unfallschwerpunkte zu erkennen sind, wird auch durch mobile Blitzer kontrolliert. "Die Zusammenarbeit mit der Polizei könnte da aber kaum besser sein", sagt der Leiter des Ordnungsamtes. "Wenn ein neuer Unfallschwerpunkt erkannt wird, wird schnell auf dem kurzen Dienstweg gehandelt." Die örtliche Polizei sei stets bemüht, bei Unfallschwerpunkten und Strecken, die zum schnellen Fahren verleiten, Geschwindigkeitskontrollen durchzuführen.

Eine Alternative zu Blitzern könnten im Markt Pressig zukünftig zusätzliche Schilder sein. Zahlen sind auf diesen allerdings keine zu sehen. Stattdessen werden Autofahrer darauf von zwei Kindern begrüßt, die sich auf gelbem Grund an den Händen halten. "Fahr vorsichtig", mahnt eine schwarze Schrift über ihnen. Zu ihren Füßen folgt die Warnung: "Es könnte auch Dein Kind sein."

Zwei Stück hat Heinlein bislang angeschafft. "Ich will es einfach mal ausprobieren. Vielleicht hat es ja eine Wirkung und regt zum nachdenken an", hofft er. Während eines bereits im Pressiger Wohngebiet aufgestellt wurde, soll das zweite bald in Rothenkirchen zu sehen sein. Wenn es gelänge, von 100 Fahrzeugen 60 zur Besserung zu bewegen, sei schon viel erreicht.


Sicherheit erhöht

Eine Tempo-30-Zone würde ein weiterer Leser demnächst gerne in der Ortsmitte von Weißenbrunn sehen. "Denn da wird meist noch nicht einmal 50 km/h gefahren", teilte er mit. Ralf Bauernsachs, der zuständige Verkehrssachbearbeiter, hört dies seinen Angaben zu Folge zum ersten Mal. "Dort Tempo 30 anzuordnen, kann ich mir nicht vorstellen und halte es auch nicht für sinnvoll", sagt er. Entscheiden müsse das aber ohnehin das staatliche Bauamt Kronach. Durch die hinzugekommene Ampel seien nun aber schon zwei Übergänge vorhanden, was die Sicherheit erhöhe.

Auch Bauernsachs glaubt, dass das Gefühl einem mitunter schon einmal einen Streich spielen kann: "Wenn ein Ungetüm von einem LKW mit Tempo 50 auf einen zudonnert, kann das schon um einiges schneller wirken, als es tatsächlich ist."