Kerstin Löw ist Leiterin der Geschäftsstelle "Wege zu Cranach". Im Jahr des großen Künstlers erfährt dieser einen unglaublichen Zuspruch, berichtet sie im Gespräch mit uns. Und das will man nutzen.
Gerade erst erhielt Cranach-Darsteller Wolfgang Eckert-Hetzel neue Kleider, wenige Tage später wird in Berlin der neue Reiseführer vorgestellt. Das Cranach-Jahr beschäftigt Kerstin Löw, Leiterin der Geschäftsstelle "Wege zu Cranach", tagtäglich. Genervt wirkt sie davon aber lange nicht, immerhin sieht sie es als große Chance.
Warum feiert man das Cranach-Jahr überhaupt so groß? Immerhin ist es doch der 500. Geburtstag Cranach des Jüngeren, und insbesondere in Kronach wirkte doch hauptsächlich Cranach der Ältere.Kerstin Löw: Das ist richtig. Aber Cranach, der Jüngere hat angefangen, hier in der Werkstatt seines Vaters mitzuarbeiten, zum Teil haben sie gemeinsam an Bildern gearbeitet und man kann im Nachhinein nicht mehr sagen, wer welchen Maleranteil hatte. Vor allem aber sehen wir das Jahr als Jahr der Cranach-Familie. Dass sich Kronach als Stadt des Vaters beteiligt, ist selbstverständlich. Und immerhin bietet uns das touristisch gesehen die große Chance, Kronach mit zu vermarkten, bekannter zu machen. Das Cranach-Jahr schreit ja regelrecht danach, touristisch genutzt zu werden.
Und wie tut man das?Die Terminkalender sind in allen Cranach-Orten gut gefüllt. Die Highlights sind die große Ausstellung "Lucas Cranach der Jüngere - Entdeckung eines Meisters" in Wittenberg, eine dreigliedrige Ausstellung "Bild und Botschaft" in Thüringen (Gotha, Eisenach und Weimar) und in Franken feiern wir mit kleineren Beiträgen. Während Coburg die dunkle Seite der Renaissance zeigt, bilden in Kronach die Schwerpunkte die Fränkische Galerie mit dem eigenen Cranach-Saal sowie der internationale Lucas-Cranach-Preis, bei dem wir diesmal mit Wittenberg kooperieren.
Was bedeutet das Cranach-Jahr denn für Sie als Leiterin der Geschäftsstelle "Wege zu Cranach" an Arbeit?Als Geschäftsstelle koordinieren wir die Projekte. Jede Stadt ist aber für sich aktiv, wir sind einfach nur Mitakteur bei der Vermarktung des Cranach-Jahres. Im Fokus steht dabei für die Geschäftsstelle der neue Reiseführer. Damit wollen wir die Aufmerksamkeit des Jahres nutzen, um die Städtekooperation auch nachhaltig zu betreiben. Die hört ja nach dem Cranach-Jahr nicht auf. Im Moment haben wir unglaublich viele Zugriffe auf unsere Website
wege-zu-cranach.de. Das liegt daran, weil sich heuer einfach viele Menschen dafür interessieren. Aber unsere Aufgabe ist es, das auch nach diesem Jahr fortzuführen und das Interesse diesen Jahres weiter zu nutzen. In Kronach machen wir das beispielsweise, indem wir 2016 die Ausstellung "Pop up Cranach" hierher holen - eine Ausstellung für junge Leute und Schulen, die jetzt in Berlin läuft und danach in Wittenberg zu sehen ist. Vom 6. März bis 26. Juni 2016 haben wir sie dann in Kronach.
Weil sie gerade jüngere Leute ansprechen. Cranach ist ja nun doch schon recht alt, wie interessant ist er denn noch aus Ihrer Sicht?Sehr interessant. Cranach war zu seiner Zeit ein sehr moderner Mensch, dessen Haltung zum Kunstmarkt Parallelen zum heutigen aufweist. Man konnte ihn als Malerunternehmer bezeichnen, und heute sind Künstler ja auch Unternehmer, sie müssen sich ja auch vermarkten. Außerdem sind viele Werke Cranachs auf dem Kunstmarkt sehr präsent, das ist nicht bei jedem bekannten Künstler so. Und für Kronach ist der berühmteste Sohn der Stadt touristisch gesehen neben der Festung Rosenberg das wichtigste Thema.
Drei Fragen an Roland Krischke Roland Krischke ist Autor des Reiseführers "Wege zu Cranach". Wir haben mit ihm über die Cranachs geredet.
Wo waren die Cranachs denn nun eigentlich zu Hause? Schließlich werden sie ja von mehreren Städten in Anspruch genommen.Roland Krischke: Lucas Cranach der Ältere ist natürlich in Kronach zu Hause. Dort wurde er um 1472 geboren. Nach seinen Wanderjahren als Malergeselle, die ihn bis nach Wien führten, war er ab 1505 Hofmaler Kurfürst Friedrichs III. von Sachsen in Wittenberg. Und Wittenberg wurde zur neuen Heimat der Malerfamilie. Hier wurden vermutlich alle Kinder von Barbara und Lucas geboren, hier baute Cranach auch seine berühmte Werkstatt auf. Erst 1550 verließ er die Stadt - für immer. 1553 starb er in Weimar. Lucas Cranach der Jüngere aber führte die Wittenberger Werkstatt weiter.
Wie muss man sich den Einfluss der Cranachs vorstellen - sowohl auf die Entwicklung der Kunst als auch auf die politischen Geschehnisse? Der Einfluss der Malerfamilie ist gewaltig. Die Reformation ist ohne Cranach gar nicht zu denken. Er schuf Flugblätter, die die Aussagen Luthers für jedermann verständlich machten, und er druckte Luthers Bibelübersetzung. In der Kunst ging Cranach neue Wege, schuf zum Beispiel mit seinen Frauenbildern eine neue Bildsprache. Ohne Cranach würde die Kunstgeschichte anders zu schreiben sein.
Welche ist denn Ihre persönliche Lieblings-Cranachstätte?Mein Herz hängt an Gotha, wo ich sechs Jahre lang auf Schloss Friedenstein tätig war. Daher ist das auch meine Lieblings-Cranachstätte: Hier hat sich Lucas Cranach in seine Frau Barbara verliebt, die er 1511/12 heiratete. Außerdem sind im Herzoglichen Museum der Stadt eine ganze Reihe wunderbarerer Cranach-Gemälde zu sehen.
sbStädte Cranach-Städte sind Kronach, Coburg, Nürnberg, Wittenberg, Dessau-Roßlau, Torgau, Meißen, Neustadt an der Orla, Gotha, Erfurt, Schneeberg, Eisenach und Weimar.
Termine Eine Übersicht über alle Veranstaltunge gibt es unter
www.wege-zu-cranach.de.