Was für Pöhnlein als Höhepunkt am Samstag in der Nordwaldhalle endet, begann im Mai 2017 mit einem Anruf - den er zunächst nicht wirklich ernst nahm. "Als Bürgermeister bekommt man ja viele Anrufe. Als ich dann hörte: ,Hallo, hier ist Bully Herbig‘, dachte ich natürlich erst an einen Scherzanruf", sagt Pöhnlein. "Als er sagte, dass er es wirklich sei, habe ich ihn zu einem Besuch vor Ort eingeladen und dann haben wir es in einem kurzen Gespräch gleich wasserdicht gemacht."
Ein Handschlag, der Nordhalben einen Monat lang zur thüringischen Stadt Pößneck machte. Die Heimatstadt der Familien Strelzyk und Wetzel, die dort in einem Keller den damals größten Heißluftballon Europas bauten, der sie mit dem Wind in Richtung Westen über die Mauer wehte und schließlich in Naila (Landkreis Hof) landen ließ.
Mehrere Pluspunkte
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Doch warum eigentlich Nordhalben und nicht gleich Pößneck? Immerhin zogen Günter und Doris Strelzyk wenige Jahre nach der Wiedervereinigung wieder in das Haus zurück, in dem sie ihre Flucht planten und Stoffbahn an Stoffbahn nähten. "Pößneck hat einen sehr schönen, gut restaurierten Stadtkern", erklärt Szenenbildner Bernd Lepel. Gut für Pößneck, schlecht für den Film. Das Jahr 1979 finde sich in der Stadt daher nämlich weder in den Straßen noch in den Häusern wieder.
Bei der Suche nach Alternativen stieß er auf die Dokumentation "Heimat zu verkaufen", die erstmals vor zwei Jahren im BR-Fernsehen zu sehen war - und in der Nordhalben thematisiert wurde. "Die schiefergedeckten Häuser wurden dort im gleichen Stil gebaut wie im benachbarten Thüringen", sagt Lepel. Ein weiterer Vorteil seien die Leerstände gewesen. So habe das Filmteam nicht nur Außen-, sondern auch Innenaufnahmen machen können. Die Bäckerei wurde zur Apotheke, die Volksbank zur Sparkasse der DDR und andere verwaiste Geschäfte zu Textilläden. "Wir haben ganze Straßenzüge verändert, wie wir es sonst oft nur bei Kulissenstraßen auf den Studiogeländen in Babelsberg oder den Bavaria-Ateliers machen", erzählt Lepel.
Das sei auch ein Kostenfaktor. Wie teuer es werden kann, eine authentische Kulisse zu erhalten, zeigen die Dreharbeiten der Serie "Babylon Berlin". Zwölf Millionen Euro nahmen die Produzenten in die Hand, um eine Straße zu erhalten, die optisch ins Berlin der 1920er Jahre passt. Die Lösung Nordhalben war da schon deutlich billiger. "Ja, das war für uns alle schon eine Win-win-Situation", freut sich Michael Pöhnlein.
Handyverbot Wer sein Handy oder Smartphone am Samstag in der Nordwaldhalle während der Filmvorführung anlässt, lebt gefährlich. Um zu verhindern, dass vor dem offiziellen Kinostart Filmszenen im Netz zu sehen sind oder Raubkopien entstehen, herrscht während der 120 Minuten ein absolutes Handyverbot. "Es ist sogar eine Sicherheitsfirma dabei, die mit einem technischen Gerät feststellen kann, ob noch ein Handy eingeschaltet ist", weiß Nordhalbens Bürgermeister Michael Pöhnlein. Sein Rat: "Am besten nimmt man erst gar keins mit!"
Inhalt Sommer 1979 in Thüringen: Die Familien Strelzyk und Wetzel haben über zwei Jahre hinweg einen waghalsigen Plan geschmiedet. Sie wollen mit einem selbstgebauten Heißluftballon aus der DDR fliehen. Doch der Ballon stürzt kurz vor der westdeutschen Grenze ab. Die Stasi findet Spuren des Fluchtversuchs und nimmt sofort die Ermittlungen auf, während die beiden Familien sich gezwungen sehen, unter großem Zeitdruck einen neuen Ballon für einen zweiten Fluchtversucht zu bauen. Denn mit jedem Tag ist ihnen die Stasi dichter auf den Fersen.
Buch und Film Ihre Aufsehen erregende Flucht beschrieben die Strelzyks in einem Buch. Erstmals in die Kinos kam die Geschichte bereits 1982, als sie der amerikanische Disney Konzern unter dem Titel "Mit dem Wind nach Westen" verfilmte. Mehr als zwei Jahre dauerte es, ehe Michael Bully Herbig von den Amerikanern die deutschsprachigen Remake-Rechte bekam. Darsteller In "Ballon" spielen unter anderem mit: Friedrich Mücke, Karoline Schuch, David Kross, Alicia von Rittberg und Thomas Kretschmann.