Bläserklänge und viel freches Gewaaf

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"Säugoschn" Robert Porzelt war einmal mehr voll in seinem Element. Foto: Heike Schülein
"Säugoschn" Robert Porzelt war einmal mehr voll in seinem Element.  Foto: Heike Schülein
Die St.-Georgsbläser Friesen luden zu ihrer alljährlichen Sommer-Serenade ein. Foto: Heike Schülein
Die St.-Georgsbläser Friesen luden zu ihrer alljährlichen Sommer-Serenade ein.  Foto: Heike Schülein
 

Die St.-Georgsbläser Friesen luden in den Hof des Gasthauses Desera. Robert Porzelt hatte eigens hierfür ein passendes Wirtshaus-Programm zusammengestellt.

Was für eine ebenso außergewöhnliche wie geniale Mischung: Das Open-Air-Konzert der St.-Georgsbläser unter Leitung von Heiko Meusel spannte einen breiten Bogen, bei dem nahezu alle Genres vertreten waren. Nahezu alle Genres bediente auch Dampfplauderer Robert Porzelt, der sich einmal mehr so präsentierte, wie ihn seine Fans lieben: fränkisch und frech.
Gewohnt wortgewandt und um keinen Witz verlegen, übernahm die - wie er von sich selbst sagt - "Säugoschn" sogleich das Kommando. Bei seinem scharfzüngigen verbalen "Abwasch" bekamen so ziemlich alle ihr Fett ab. Von der "einfachen" Bevölkerung bis hin zu den "Mächtigen" dieser Welt:
Nichts und niemand war vor seinem verbalen Rundumschlag sicher. Ganz besonders war er natürlich den Eigenheiten des Landkreises Kronach und speziell des Flößerorts zugetan - und auch unserer "heißgeliebten" Coburger Freunde.
Natürlich gedachte der Lästerbarde nicht, trockenen Mundes "auszuteilen". So feuchtete er seine Kehle immer wieder an, also Bier in die Höhe und dann einen kräftigen Schluck. Nach einigen kräftigen Prosts war die gut gelaunte - dicht an dicht, eng zusammensitzende - Zuhörerschar sogleich auf Betriebstemperatur - und lachte Tränen.


"Größter Baumarkt Europas"

Topthema waren natürlich die Nachbarn aus der Kreisstadt, die nun schon bald in Fröschbrunn den größten Baumarkt Europas ihr Eigen nennen könnten. Gut, dass die Rodelbahn gleich daneben verlaufe, könne man doch mit dieser bequem durch den Markt fahren, um sich die weiten Wege zu ersparen. Nicht gekleckert, sondern geklotzt werde auch bei der sich ewig hinziehenden Baumaßnahme Kreiskulturraum. Angesichts der sich bei der ersten Veranstaltung "verabschiededen" ersten Stuhlreihe, passe doch der Slogan "In der zweiten sitzt man besser" wie die Faust aufs Auge. Ihren Spatenstich erfuhr mittlerweile auch das Feuerwehrgerätehaus der Kroniche Wehr mit Atemschutzzentrum. Durch zwei verschiedene Farben der beiden zusammengebauten Gebäude wolle man verhindern, dass "Fremma ze die Kroniche nei genn".
Die Mischung Sommerkonzert und kleines Wirtshaus-Kabarett fand in Friesen bereits im vierten Jahr in Folge statt. Die Idee hierfür hatten die St.-Georgsbläser aber schon wesentlich früher, noch zu Lebzeiten ihres ehemaligen Dirigenten Josl Geiger. 2013 fasste man sich dann ein Herz und fragte bei Robert Porzelt an, der sich hierzu gerne bereit erklärte und seit Anfang an dabei ist. Um seine Wortkalauer genau auf das musikalische Programm des Ensembles abzustimmen, besucht er seitdem immer eine deren Konzertproben im Vorfeld.
Ausgewogen, harmonisch, eindringlich: Der musikalische Bogen der Bläser - von Händel und Verdi über Märsche, Polkas und Volkslieder bis hin zur isländischen Nationalhymne ,Lofsöngur‘ (zu deutsch Lobgesang) - war auch heuer wieder weit gespannt. Dabei entfaltete das feierliche Spiel der Blechblasinstrumente mit ihrem unvergleichlich majestätischen Klang gerade unter freiem Himmel einen ganz besonderen Zauber. Über was für eine Klangvielfalt verfügt doch so ein Ensemble, wenn es auf eher unspektakuläre, dafür aber umso eindringlichere und berührend Art und Weise seine anmutigen Klangwolken auf die Reise schickt!
Eine Steilvorlage für Robert Porzelt war der zum Klingen gebrachte Coburger Marsch. So sei das begehrteste Fortbewegungsmittel in Coburg zweifellos der "Bus nach Kronach". "Was ist eine Blondine inmitten zweier Coburger?", wollte er wissen. Die Antwort: "Nicht die Dümmste!" Doch auch über die Damenwelt lästerte er gehörig ab - unter anderem verglich er diese mit einer explodierenden Handgranate: Sei der Ring erst ab, sei ruckzuck "des ganza Häusla fott". Das "Furchtbarste" bei einem Rausch sei es dann auch, die Ehefrau doppelt zu sehen. Schließlich kam er zum Ergebnis: "Lieber schuldig geschieden als unschuldig verheiratet." Obwohl er ein Loblied nach dem anderen auf "seine" Friesener sang, konnte er sich den einen oder anderen Seitenhieb dann doch nicht verkneifen. "Pinkel fei in die richtige Box, nier in die Orgel", gab er einen Herrn - im wahrsten Sinne des Wortes - mit auf den Weg. Nicht ungeschoren blieben auch die Veganer: Wie ruft ein Veganer seine Kinder heim? "Kinder, kommt heim, das Essen wird welk!" Dies brauchten die Gäste der "Desera", die sich deftige Brotzeiten schmecken ließen, natürlich nicht zu befürchten.
Am Ende konnten diese gar nicht genug bekommen von der schönen Musik und dem frechen Gewaaf des bekennenden Frankenwälders. Für beides gab es riesigen Applaus. Seinen innig-ergreifenden Abschluss fand der fröhlich-herzerfrische Abend mit dem gemeinsam gesungenen "Kein schöner Land", bevor die Bläser schließlich vom Hausbalkon nebenan "Ich bete an die Macht der Liebe" durch die Lüfte schweben ließen.