Betrug in 146 Fällen: Ladenbesitzer vor Gericht

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Symbolbild: Marius Becker/dpa
Symbolbild: Marius Becker/dpa

Ein 37-Jähriger aus dem Landkreis Kronach wurde wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 146 Fällen angeklagt. Unter anderem soll er im Internet Elektrogeräte an Kunden verkauft haben - allerdings ohne die Ware auszuliefern. Der Schaden ist immens.

Der Staatsanwalt holt tief Luft bevor er die Anklageschrift im Gerichtssaal verliest. Er braucht einen langen Atem. Elektrogerät, Betrugssumme, Geschädigter, Zahlungsart - und wieder von vorne. Der Schöffe wirft einen Blick zur Richterin, die Schulklasse im Zuschauerraum wird unruhig. Leise Seufzer. Minutenlang rattert Staatsanwalt Matthias Huber die 146 Betrugsfälle herunter, für die sich ein 37-Jähriger aus dem Landkreis Kronach verantworten muss.

Er wurde wegen gewerbsmäßigen Betrugs zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, die auf Bewährung ausgesetzt ist. Zusätzlich muss er 100 Sozialstunden absolvieren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Im vergangenen Jahr hat sich der 37-Jährige viel Ärger eingehandelt. Wie der Staatsanwalt schilderte, hat er hauptsächlich übers Internet Smartphones, Tablet-PC, Kameras und Fernseher verkauft.
Die Kunden haben ihre Ware nicht bekommen, obwohl sie bereits bezahlt hatten. Der Angeklagte geriet in finanzielle Not. Das Problem: Er soll seine Waren im Internet unterm Einkaufswert verkauft haben, so dass er keine Gewinne erzielen konnte. Die Kunden bestellten eifrig.

Das finanzielle Loch wurde immer größer. Der Angeklagte soll wegen der großen Nachfrage bei etlichen Lieferanten weitere Waren geordert haben. Er habe viel bestellt, es aber nicht bezahlen können. Einen Monate bevor er Insolvenz anmeldete, gingen ihm die Waren komplett aus. Über 228 000 Euro Schaden kamen innerhalb von dreieinhalb Monaten zusammen.

Der Angeklagte gestand den Betrug. "Das, was der Herr Staatsanwalt gesagt hat, ist richtig. Auch wenn ich mich nicht mehr an jeden einzelnen Fall erinnern kann", sagte der Angeklagte. Er entschuldigte sich für sein Verhalten.

Nachfrage war riesig

"Es sind ja doch viele Sachen, die da zusammengekommen sind", sagte Richterin Claudia Weilmünster. Wieso er die Sachen günstiger verkauft als eingekauft hatte, wollte sie wissen.

Sein Anwalt, Michael Linke, ergriff das Wort. Der Internethandel sei neu für den 37-Jährigen gewesen. Der Angeklagte habe "völlig vernünftig versucht, Dinge zu verkaufen". Doch die Geräte waren sehr billig, die Nachfrage dementsprechend hoch. Er habe das nicht mehr bewältigen können. Wirtschaftlich sei es "natürlich unverständlich" gewesen. "Ein rational denkender Mensch kann das schwer nachvollziehen", verteidigte der Anwalt seinen Mandanten. Der 37-Jährige habe nie jemandem schaden wollen. Der Betrug sei nicht geplant gewesen.
Die Kunden habe er mit Ausreden hingehalten. Nach der Insolvenz habe er manche Kunden angerufen, doch die meisten hätten sehr erbost reagiert.

Der Angeklagte ist bereits wegen einer anderen Betrugssache vorbestraft, die allerdings nichts mit dem Internethandel zu tun hat. Sein Geschäft hat er aufgeben.

Für eine sehr kleine Summe arbeitet er geringfügig, außerdem ist er ehrenamtlich tätig. Da er ein Handicap hat, findet er nur schwer wieder einen Job.

Geplant oder nicht?

Diese Tatsachen und die Entschuldigung sprachen aus Sicht des Staatsanwalts zugunsten des Angeklagten. Dennoch mahnte er in seinem Plädoyer die Vielzahl der Fälle und den immens hohen Schaden an. Der Angeklagte habe mit Absicht Geld generiert, ohne legale Geschäfte zu machen. Bei gewerbsmäßigem Betrug muss ein Angeklagter mit mindestens sechs Monaten Freiheitsstrafe rechnen. Der Staatsanwalt forderte zwei Jahre und zehn Monate, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können.

"Das war kein geplantes Geschäftsmodell", wandte der Anwalt ein. Zudem habe der 37-Jährige versucht, Waren zu bezahlen. Er sprach sich für eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren aus, die auf Bewährung ausgesetzt werden können.

"Es wäre schön, wenn Sie mir nochmal eine Chance geben würden. Ich will mich an alle Auflagen halten", bat der Angeklagte das Schöffengericht in seinem Schlusswort.

"Sie sind jetzt äußerst knapp dem Gefängnis entgangen", sagte Richterin Claudia Weilmünster bei der Urteilsverkündung. Das Gericht glaube ihm, dass er den Überblick verloren hat. "Sie haben viel zu spät die Notbremse gezogen", ermahnte sie ihn. Zu den zwei Jahren Freiheitsstrafe, soll er 100 Sozialstunden leisten. Den hohen Schaden kann er nicht mehr vollständig gut machen. "Und wenn es nur 50 Euro im Monat sind, aber zeigen Sie, dass Sie gewillt sind, es zurückzuzahlen."