Die beiden Berufsschulen Kronach und Lichtenfels, die Landkreise und mehrere Firmen ziehen an einem Strang, um den Schülern ein vernetztes Arbeiten zu ermöglichen. Das Projekt wird bei einem Kongress in Nürnberg präsentiert.
                           
          
           
   
          Ein Greifarm nimmt die weiße Dose auf, holt sie vom Band. Die Büchse wurde gerade mit Drops befüllt und mit einem individuell bedruckten Deckel verschlossen. Noch lassen sich die Pfefferminz-Bonbons nicht genießen. Das Döschen samt Inhalt läuft bisher nämlich nur virtuell durch die Anlage. Doch bald soll die Produktion starten; nicht etwa bei Storck, Haribo oder Trolli für den Weltmarkt, sondern im kleinen, aber realitätsnahen Rahmen an den Berufsschulen Kronach und Lichtenfels. 
       
"Wir verbinden unterschiedliche Berufe mit unterschiedlichen Firmen, die ihre Auszubildenden an unterschiedlichen Berufsschulen  unterrichten lassen", erklärt der Kronacher Schulleiter  Rudolf Schirmer ein Kronach-Lichtenfelser Projekt, das weit über die heimische Region hinaus für Aufsehen sorgt. Am Mittwoch werden die Vertreter der beiden Bildungsstätten aus den Nachbarlandkreisen mit ihren Schülern am Berufsbildungskongress in Nürnberg teilnehmen - nicht als Zuhörer, sondern als Referenten. 
"Es ist einmalig, dass die beiden Schulen und die beiden Landkreise zusammenarbeiten", geht Schirmer auf das Leuchtturmprojekt ein, welches das Schlagwort "Industrie 4.0" für die Berufsschüler greifbar machen soll. 
"Bei der ,Industrie 4.0‘ ist es so, dass man eine geschlossene Produktkette hat. Dabei kommunizieren Bauteile mit Maschinen und umgekehrt", erklärt der Lichtenfelser Schulleiter Hans-Jürgen Lichy. "Das müssen aber auch die Menschen tun, die dahinter stehen." Was für die Praxis in den Unternehmen gelte, müsse sich in der Ausbildung widerspiegeln. 
Alle Aspekte kennen lernen
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Ein Beispiel: Ein Kaufmann soll nicht einfach die billigste Maschine für seine Firma ordern, sondern er muss vor der Entscheidung auf Augenhöhe, zum Beispiel mit dem Mechatroniker, über die Anforderungen an das Gerät sprechen. Dafür muss er mehr als nur die Kosten einer Maschine kennen, er muss Einblick in die Produktionsabläufe haben. In solchen Fällen ersetzt in Fachkreisen langsam die Bezeichnung "Wissender" die Begriffe "Fachkraft" oder "Spezialist".
"Das ist gar nicht so verkehrt", beurteilt der stellvertretende Kronacher Schulleiter Werner Zahner diese Entwicklung. Er unterstreicht, wie wichtig das Miteinander aller Beteiligten in einer modernen Produktion ist. "Die Inhalte haben wir schon lange unterrichtet, aber jetzt werden die Beteiligten vernetzt. Wir bringen Berufsgruppen zusammen, um an einem Projekt zu arbeiten." 
So werden die verschiedenen Ausbildungszweige in Kronach und Lichtenfels miteinander verknüpft, um die Bonbons maschinell in ihre Döschen zu füllen. "Die Anlage wird Anfang 2019 stehen", nennt Zahner den Stand der Vorbereitungen. Während an der Kronacher Schule die Hardware angedockt wird, betreut die Lichtenfelser Berufsschule den "digitalen Zwilling", quasi ein exaktes Gegenstück der Maschine im Computer. Dort lässt sich vieles testen, ohne die reale Anlage zu beschädigen oder die Produktion zu beeinträchtigen. "Die Software ist absoluter Industriestandard", versichert Zahner.