Beim Bilanztreffen spricht sich Jürgen Baumgärtner für eine weitere Kandidatur des Bundestagsabgeordneten aus.
Der erfahrene MdB Hans Michelbach (66) sitzt im dunklen Anzug da, rührt in seinem Kaffee, blättert durch ein Manuskript. Daneben lehnt der eine Generation jüngere MdL Jürgen Baumgärtner (42) in Pulli und Jeans leger auf der Lehne seines Stuhls. Das CSU-Duo gibt ein ungleiches Bild ab, doch in ihren Aussagen sind die beiden Politiker ganz eng beisammen. Daran soll sich auch nichts ändern, zumindest wenn es nach Baumgärtner geht.
Eigentlich wollten die Abgeordneten gestern beim Treffen im "CoCoNo" nur eine Bilanz ziehen und einen Ausblick geben. Zum 15. Mal in seiner Amtszeit hatte Michelbach die Presse hierzu eingeladen. Doch heuer bot der Termin auch die Steilvorlage für eine Frage, auf die sich Baumgärtner eine bestimmte Antwort erhofft: Wird es die Treffen in dieser Besetzung auch nach der Bundestagswahl 2017 geben? Der Landtagsabgeordnete hofft darauf, obwohl darüber in CSU-Kreisen noch nicht diskutiert wurde.
Erfahrener Mitstreiter
Für Baumgärtner hat dieser Wunsch nicht nur zwischenmenschliche Gründe ("Wir haben ein gutes Miteinander, haben viel erreicht."). Er nannte auch einen ganz pragmatischen Aspekt, warum er die "gute Clique" der regionalen CSU-Entscheidungsträger mit Michelbach an der Spitze zusammenhalten möchte - den Fortgang bei der Bundesstraße 173. "Sie ist jetzt absolut in der ersten Priorität im Arbeitsentwurf für ganz Nordbayern", informierte der Bundestagsabgeordnete über den Streckenabschnitt zwischen Lichtenfels und Kronach mit Blick auf den Bundesverkehrswegeplan 2016. Der vierspurige Ausbau sei durchgehend angemeldet. Genau deshalb hofft Baumgärtner auf eine erneute Kandidatur Michelbachs für den Bundestag.
"Bei der B 173 haben wir Sachen vorangebracht, die in den vergangenen 40 Jahren nicht vorangegangen sind", stellte der Landtagsabgeordnete fest. Um das Projekt, dessen Gesamtkosten er auf 250 Millionen Euro schätzt, nun noch endgültig zur Realisierung durchzuboxen, wünscht er sich ein "altes Schlachtross" in Berlin. Ein Neuling müsste sich erst Einarbeiten, Kontakte knüpfen. Michelbach hingegen sei vernetzt, sitze im entscheidenden Ausschuss und bringe Kompetenz sowie Erfahrung mit. Und er kenne das Projekt wie kein anderer.
Auch weitere Verkehrswege hat das CSU-Duo im Blick. So beispielsweise die Ortsumgehung in Zeyern. "Wir gehen davon aus, dass im März/April der Spatenstich erfolgt", stellte Michelbach fest. Für die Lerchenhoftrasse in Küps seien zwei Alternativen eingereicht, führte er weiter aus. Baumgärtner rechnet für diesen Abschnitt zwar mit Klagen, erwartet aber, dass diese scheitern werden. Dennoch nahm er diese flächenintensive Maßnahme zum Anlass, sich für ein generelles politisches Umdenken bei Bauprojekten auszusprechen. Zum Beispiel müsse die Sanierung der Ortskerne an die Stelle des Flächenverbrauchs auf der "grünen Wiese" rücken. Dafür müsse aber auch über die Finanzierung der Gemeinden gesprochen werden, die für Einnahmesteigerungen sonst immer neue Gewerbegebiete ausweisen müssten.
Michelbach informierte noch über ein neues Förderprogramm des Bundes mit einem Volumen von rund 2,7 Milliarden Euro zum Ausbau der Breitbandversorgung. Überhaupt ist die Infrastruktur für ihn das zentrale Thema, um die Region zukunftsfähig aufzustellen. Ganz besonders gehört für ihn dazu, die energieintensiven Unternehmen im Frankenwald zu unterstützen, um für sie Chancengleichheit zu erreichen. Das so genannte Netzentgelt ist ihm dabei ein Dorn im Auge. "Es kann nicht sein, dass die Industrie bei uns doppelt bestraft wird", hob er die Belastung durch das hohe Entgelt und zugleich schwierige strukturelle Rahmenbedingungen hervor.
Kommentar:
Blickt man auf die Frankenwald-CSU, dann bemerkt man einen strukturellen Wandel, seitdem Jürgen Baumgärtner das Ruder übernommen hat. Viele junge Gesichter prägen heute das Antlitz des Leitungsteams. Vermutlich haben viele erwartet, dass sich der "Verjünger" Baumgärtner nun auch auf Bundesebene die nächste Generation wünscht. Weit gefehlt!
Baumgärtner lehnte sich gestern weit aus dem Fenster, als er forsch eine Verlängerung von Michelbachs Engagement in Berlin forderte. Damit wird er sicher Diskussionen auslösen - auch parteiintern. Sollte ein dann fast 70-Jähriger nochmals seinen Hut in den Ring werfen? Sollte sich die Partei nicht auch auf diesem Posten verjüngen? Berechtigte Fragen. Doch Baumgärtner weicht in diesem Fall begründet von seiner eigenen Linie ab. Ein junger Abgeordneter, der in der Hauptstadt kein Renomee hat, hätte es zweifellos schwer. Vielleicht zu schwer, um die anstehenden Weichenstellungen zu schaffen.