Babyleichen in Wallenfels: Niemand hatte einen Verdacht

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Der Medienrummel am Tag der Pressekonferenz nahm seinen Anfang schon in den Morgenstunden. Foto: Peter Groscurth
Der Medienrummel am Tag der Pressekonferenz nahm seinen Anfang schon in den Morgenstunden.  Foto: Peter Groscurth

In Wallenfels wurden in einem Wohnhaus acht tote Babys aufgefunden. Die 45-jährige Mutter legte ein Teilgeständnis ab. Die Einwohner der Stadt sind noch immer tief von dieser Tragödie getroffen.

Der Schock sitzt immer noch tief. Auch wenn sich das Alltagsleben in Wallenfels zu normalisieren beginnt, merkt man den Einwohnern bis heute die Folgen des 13. November an. An diesem Tag erfahren die Wallenfelser, dass zunächst sieben tote Babys in einem Wohnhaus mitten im Stadtkern gefunden wurden. Später wird die Zahl gar auf acht Kinderleichen korrigiert.

Am Freitagvormittag sorgen Polizei und Staatsanwaltschaft für Gewissheit in einer Frage, welche die Menschen schon seit dem Vorabend beschäftigt hatte: Was hat sich im besagten Wohnhaus in der Jakob-Degen-Straße abgespielt, in dem bereits am Donnerstag ein grausiger Fund gemacht wurde.

Doch noch ehe die ersten offiziellen Antworten gegeben werden, herrscht im Frankenwald-Städtchen schon ein medialer Belagerungszustand. Nicht nur die örtlichen Medien berichten, sondern bundesweit und sogar aus dem Ausland rollen die Fernsehsender mit "schwerem Geschütz" an.
Übertragungswagen säumen den Platz vor dem Kulturzentrum. Die Wallenfelser machen sich von Stunde zu Stunde rarer auf ihren eigenen Straßen. Mehr als einmal schlagen die Reporter in den folgenden Tagen bei ihren Recherchen nach Ansicht der Einwohner über die Stränge.


Mutmaßliche Mutter gesucht

Oberstaatsanwalt Martin Dippold und Polizei-Pressesprecherin Anne Höfer beziehen mittlerweile Stellung vor dem Haus, in dem parallel die Ermittlungen weiterlaufen. Polizeibeamte in weißen Schutzanzügen pendeln sporadisch zwischen dem Gebäude und ihren Dienstfahrzeugen, während einige Meter weiter großes Gedränge herrscht.

Kamerateams beschimpfen sich gegenseitig des unkollegialen Verhaltens, während sich die Leute an den Mikros zwischen ihnen hindurch nach vorne drängen. Dann verkündet der Oberstaatsanwalt, dass die Babys in dem Haus gefunden wurden. Die Leichen der Kinder waren beim Auffinden in Tücher und Plastiktüten eingewickelt und befinden sich in einem schlechten Zustand. Viel Arbeit steht der eigens eingerichteten Ermittlungsgruppe "Schlossberg" bevor.

Im Tatverdacht steht die mutmaßliche Mutter. Sie ist zunächst nicht aufzufinden. Erst in der Freitagnacht wird sie von der Polizei in einer Kronacher Pension aufgegriffen. Ein Teilgeständnis ist die Folge der Vernehmungen. Die 45-Jährige räumt ein, mehrere lebend geborene Kinder getötet zu haben. Unklar ist hingegen noch immer die Rolle des Ehemannes bei den Taten.

Mehrere Wochen lang beschäftigen die Nachrichten über die Ermittlungen die Menschen in Wallenfels. Auch im kommenden Jahr werden sie damit wohl noch lange konfrontiert werden. Der Verteidiger der 45-Jährigen, Till Wagler aus Kronach, erklärt auf die Anfrage unserer Zeitung: "Ich gehe davon aus, dass die Anklage bis Ende März oder Anfang April vorliegen wird, so dass ein Prozess vor dem Schwurgericht in Coburg sechs Monate nach Beginn der U-Haft meiner Mandantin beginnen könnte."


Heile Welt ist zersplittert

Bis dahin und wohl noch eine lange Zeit darüber hinaus werden die Wallenfelser dieses Thema mit sich tragen und sich fragen müssen, wie es zu diesen Taten kommen konnte. Wie sehr die Seele der Menschen davon berührt ist, bringt schließlich Bürgermeister Jens Korn in einer Stadtratssitzung auf den Punkt: "Bei uns in Wallenfels hat sich die Welt seit den Funden komplett geändert. Wir sind angesichts dessen, was passiert ist, absolut sprachlos. Ich habe den Eindruck, dass wir uns alle ein Stück weit in einer Art Schocksituation befinden." Die heile Welt in dem Frankenwald-Städtchen wird vermutlich nie wieder die gleiche sein.