Ausstellung über Jugendliche mit Mitgrationshintergrund

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Julia Mari vom Jugendmigrationsdienst betreut die Ausstellung in den kommenden beiden Wochen. Foto: Jan Koch
Julia Mari vom Jugendmigrationsdienst betreut die Ausstellung in den kommenden beiden Wochen.  Foto: Jan Koch
Hubert Zapf, Mitarbeiter der Stadtverwaltung, hat die Ausstellung nach Kronach geholt.
Hubert Zapf, Mitarbeiter der Stadtverwaltung, hat die Ausstellung nach Kronach geholt.
 
Bürgermeister W. Beiergrößlein (FW) betont, die Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund muss aufhören.
Bürgermeister W. Beiergrößlein (FW) betont, die Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund muss aufhören.
 
"Wir müssen mit offenen Armen auf die Menschen zugehen", sagt Martin Neumeyer (CSU)
"Wir müssen mit offenen Armen auf die Menschen zugehen", sagt Martin Neumeyer (CSU)
 
 
Die Ausstellung soll auch Begegnungsstätte sein, um sich auszutauschen.
Die Ausstellung soll auch Begegnungsstätte sein, um sich auszutauschen.
 
Außerdem ist die Wanderausstellung...
Außerdem ist die Wanderausstellung...
 
... multimedial.
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Ein Thema der Ausstellung: Der Kampf gegen den Bürokratie-Dschungel.
Ein Thema der Ausstellung: Der Kampf gegen den Bürokratie-Dschungel.
 
 
 
 
 
 

Seit gestern ist im Kronacher Rathaus die Ausstellung "anders? - cool!" zu sehen. Sie erzählt von der Lebenssituation junger Deutscher mit Migrationshintergrund. Leicht haben sie es nicht immer.

Ergün, 20 Jahre alt, in der Türkei geboren und mit zwei Jahren nach Deutschland gekommen, sieht ein bisschen aus wie Mesut Özil. Er lächelt von einer der Aufstellwände, die seit gestern im Kronacher Rathaus zu sehen sind. Ergüns Leben verlief mustergültig: Realschulabschluss, anschließend Fachabitur, dann eine Lehre zum Industriekaufmann. Sozialpolitiker hätten ihre helle Freude an Ergüns Werdegang.

Doch längst nicht alle Menschen, deren Eltern keinen deutschen Pass besitzen, können auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicken. Im Gegenteil: Viele von ihnen sind frustriert, sprechen schlecht deutsch und finden keinen Arbeitsplatz - ein Teufelskreis. Hinzu kommen rassistische Anfeindungen, die ihnen zu verstehen geben: Du gehörst nicht hierher. Du gehörst nicht zu uns.

Rassismus in Kronach?

Die Jugendmigrationsdienste, die sich um diese Jugendlichen kümmern, kennen deren Lebenssituation. Um darauf aufmerksam zu machen, haben sie die Wanderausstellung "anders? - cool!" konzipiert. Sie thematisiert Sprachprobleme, Bürokratie-Dschungel, gegenseitigen Respekt, Ausbildungsmöglichkeiten. Eben alle Hindernisse, bis die jungen Menschen tatsächlich in der Gesellschaft angekommen sind.

Hubert Zapf, Mitarbeiter der Stadtverwaltung, hat die Ausstellung nach Kronach geholt. Am Sonntag habe er beim Aufbau geholfen und freue sich nun, dass die Ausstellung eröffnet ist, sagt er. Der Platz direkt im Eingangsbereich des Rathauses sei für ihn gut gewählt, um möglichst viele Leute zu erreichen.

Das wünscht sich auch Julia Mari vom Jugendmigrationsdienst Oberfranken-West, die die Ausstellung in den kommenden zwei Wochen betreut. Sie hofft, dass sich die Besucher mit den Sorgen der Jugendlichen beschäftigen. Damit sie verstehen, dass schlechte Deutschkenntnisse keine böse Absicht oder gar Faulheit sind. Dass es gerade auf dem Land an gezielter sprachlicher Förderung fehle. Auch Vorurteile sollen angegangen werden. Wobei: "Rassismus", sagt Mari, "ist hier in Kronach nicht das große Thema, zumindest erzählen die Jugendlichen nichts davon."

"Rassismus auch im Kleinen"

Claudia Lohrenscheit, Professorin für Soziale Arbeit und Gesundheit an der Fachhochschule Coburg, sieht das anders: "Gehört Rassismus zu Deutschland?", fragte sie in ihrem Vortrag und versah die Frage mit einem Ausrufezeichen. Ja, den gebe es im Raum Kronach: "Ich sage Ihnen, hier ist was los in der rechten Musikszene!" Es müsse keine Mordserie sein, "Rassismus gibt es auch im Kleinen". All die kleinen Vorurteile und Stereotypen, zum Beispiel dass Schwarze besonders gut tanzen und singen könnten, müssen den Menschen als Stereotypen und Vorurteile bewusst werden. Allerdings sei "Einsicht der erste Weg zur Besserung".

Ihren Worten folgte auch eine Gruppe Asylbewerber aus der Kronacher Gemeinschaftsunterkunft, die eigens zur Ausstellungseröffnung ins Rathaus kam. Verstanden hat Yerga Heshe jedoch wenig. "Ich lerne seit einem halben Jahr deutsch", sagt der junge Äthiopier. Er könne gut folgen, wenn langsam gesprochen werde. Nur mit dem Dialekt habe er Probleme, erklärt er und lacht dabei. Als Asylsuchender lebt er bereits zwei Jahre in Kronach und hat dabei positive und negative Erfahrungen gemacht. Viele Menschen seien sehr freundlich und hilfsbereit, allerdings sei ihm auch aufgefallen, dass er auf der Straße manchmal von oben bis unten gemustert wird - weil er schwarz ist. "Ich war auch schon in Frankfurt, da ist das nicht so." Viel schlimmer sei für ihn aber, dass er keine Arbeit findet. Weiter als bis zum Vorstellungsgespräch ging es für ihn bisher nie.

Integrationsbeauftragter mahnt

Um die Situation der Asylbewerber muss Martin Neumeyer (CSU) wissen. Er ist Integrationsbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung. "Wir müssen uns eingestehen, dass wir ein Zuwanderungsland sind", sagte er anlässlich der Ausstellungseröffnung. Bei der Integration der Zuwanderer gebe es kein allgemein gültiges Rezept; "da müssen wir uns gegenseitig helfen". "Wir müssen mit offenen Armen auf die Menschen zugehen." Kronachs Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein (FW) ist ähnlicher Meinung: "Wir dürfen in unseren Bemühungen nicht nachlassen, Ausgrenzungen von Menschen mit Migrationshintergrund zu begegnen."
Die Ausstellung "anders? - cool!" bietet nach Meinung von Julia Mari eine gute Möglichkeit, aufeinander zuzugehen, miteinander zu reden und dadurch Vorurteile abzubauen, erklärt die Organisatorin.

Homepage der Wanderausstellung

Die Ausstellung gastiert vom 8. bis 19 April im Kronacher Rathaus. Gruppen sollen sich unter j.mari@skf-bamberg.de anmelden.

Rahmenprogramm:
10. April, 19 Uhr, Filmabend von Jugendlichen für Jugendliche im Struwwelpeter
11. April, 15 Uhr Film "Coole Russen" im Rathaus
16. April, 15 Uhr, Kurzfilme zum Thema Migration im Rathaus
18. April, 8 bis 17 Uhr, Projekttag im Struwwelpeter