Kommentar: Schatten auf einem farbenfrohen Bild

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Polizei sichert am 21.08.2015 den ehemaligen Praktiker Baumarkt in Heidenau (Sachsen) vor Übergriffen von Gegner der Asylunterkunft. In dem seit 2013 leerstehenden Baumarkt in einem Gewerbegebiet sollen in der Nacht zum Samstag etwa 250 Neuankömmlinge untergebracht werden. Foto: Arno Burgi/dpa
Polizei sichert am 21.08.2015 den ehemaligen Praktiker Baumarkt in Heidenau (Sachsen) vor Übergriffen von Gegner der Asylunterkunft. In dem seit 2013 leerstehenden Baumarkt in einem Gewerbegebiet sollen in der Nacht zum Samstag etwa 250 Neuankömmlinge untergebracht werden. Foto: Arno Burgi/dpa

Der fränkische Sommer ist bunt. Doch wenn man einen größeren Ausschnitt der Karte wählt, werden Schatten sichtbar. Ein Kommentar unseres Chefredakteur Frank Förtsch.

So langsam vervollständigt sich das Bild unseres Sommers: In Bayreuth fällt der letzte Vorhang der Wagnerfestspiele. Sandkerwa in Bamberg, Freischießen in Kronach und das Open Air Festival in Coburg sind noch keine Woche alt, die Bierwoche in Kulmbach und das Rakoczyfest in Bad Kissingen keinen Monat. Die Franken genießen. Sie feiern - ausgelassen. Sie feiern mit Gästen. Mit Menschen aus aller Welt. Das Bild ist perfekt. Es ist fröhlich, hell. Es ist bunt. Es bildet auch erfolgreiche Entwicklungen ab: Universitäten expandieren. Wirtschaft und Handwerk schreiben Zukunftskonzepte: eine beeindruckende Illustration eines malerischen Jahrhundertsommers in Franken.

Wählt man einen größeren Ausschnitt dieses Bildes und blickt auf Deutschland und Europa, dann werden deutliche Schatten sichtbar. Schwarze Flecken sind zu sehen. Sie stehen für die beispiellosen Flüchtlingsdramen im Mittelmeer.

Tragödien, die nun fast in das geografische Herz Europas vorstoßen: In Österreich sterben 71 Menschen, die in ihren Heimatländern um ihr Leben fürchteten. Bei einer Flucht, die für sie der letzte Hoffnungsschimmer war. Der Trauerrand um unser Bild auf Europa wird dicker.

Das Bild verdunkelt sich zunehmend auch durch braune Flecken: Deutlich sichtbar im Osten Deutschlands, wo Rechte und Nazis gegen Fremde und Andersdenkende hetzen, aufmarschieren. Wo Flüchtlingsheime brennen. Erkennbar sind diese braunen Stellen inzwischen jedoch auch in anderen Teilen der Republik.

Dieses Bild von Europa, von Deutschland, von Franken darf sich nicht weiter verdunkeln. Die Politik jeder dieser Ebenen muss dieses Bild deshalb schärfen. Sie muss exakte Konturen, klare Linien zeichnen, wie sie die Flüchtlingsproblematik im jeweiligen Verantwortungsbereich lösen will. Zwingend notwendig wird es sein, den Ausschnitt dieses Bildes hierfür noch größer zu wählen und in den Heimatländern der Flüchtlinge Unterstützung anzubieten.

Ein scharfes Bild verschafft Klarheit. Klarheit für die Flüchtlinge. Klarheit auch für die Menschen in den Aufnahmeländern. Es ist wichtig, dass die Menschen verstehen, dass Deutschland, dass Europa in der Lage ist, dem Flüchtlingsstrom Herr zu werden. Dass Deutschland Zuwanderung braucht. Wenn die Menschen das verstehen, dann wird sich die schweigende Masse zunehmend auch zu Wort melden und sich positionieren: gegen Hasstiraden. Und sie wird sich engagieren: für Flüchtlinge. Dann wird das Bild von Deutschland wieder bunter, heller.