Iphofen im Landkreis Kitzingen wurde am Sonntag zu einem Zentrum der Bauernproteste. Der bayerische Umweltminister stellte sich der aufgebrachten Menge. Ein Drahtseilakt.
Sie kamen sehr früh. Noch bevor die Organisatoren der Vereinigung "Land schafft Verbindung" ihre Bauern geordnet in Empfang nehmen konnten, rollten die ersten 300 Traktoren in Iphofen ein. Selbst Landwirte aus Mittel- und Oberfranken waren gekommen. Und Verbraucher, die aus Sympathie mit den Bauern ihre eigenen kleinen landwirtschaftlichen Fahrzeuge aus der Garage geholt hatten.
Der sonst so beschauliche Ort im Landkreis Kitzingen verwandelte sich am Sonntag ab 16 Uhr in ein Zentrum der Bauernproteste. Schlepper rollten durchs Wohngebiet, parkten in Feld- und auf Wiesenwegen. Viele Anfahrtswege waren dicht. Von Iphofen aus sah man nur noch blinkende Trecker auf der B8. Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun.
900 Traktoren aus ganz Franken
Landwirte hupten und schwenkten Transparente mit Aufschriften wie "Umweltschutz geht nur mit uns, nicht gegen uns!" oder "Bauern sind nicht die Prügelknaben der Nation, sondern Eure Ernährer!" Vor dem Feuerwehrhaus herrschte Volksfeststimmung. Kinder fuhren auf Spielzeugtraktoren auf und ab. Viele Schaulustige äußerten Verständnis für die Proteste.
Die Polizei zählte 900 Traktoren. Die Veranstalter sprachen von 1500 Demonstranten. Je düsterer der Abendhimmel über Iphofen wurde, desto ungeduldiger wurden die Landwirte. Eine halbe Stunde Diskussion hatte ihnen Thorsten Glauber, der bayerische Umweltminister von den Freien Wählern, zugesichert, bevor er anlässlich des Neujahrsempfangs des Kreisverbandes Kitzingen eine Rede in der Karl-Knauf-Halle halten wollte.
"Wenn die nicht mit uns sprechen, machen wir Rabatz", murmelte der ein oder andere in der Menschenmenge. "Bleibt friedlich", beschwor Tizian Klein, einer der Organisatoren, die Protestierenden. Hinter den Kulissen zog Landwirt Claus Hochrein, Sprecher des Bündnisses "Land schafft Verbindung" und CSU-Gemeinderat aus Eisenheim, die Strippen. Der Druck auf die wegen ihres Neujahrsempfangs anwesenden Vertreter der Freien Wähler wuchs.
Da erklomm die Kitzinger Landrätin Tamara Bischof gemeinsam mit Claus Hochrein einen Eisenkorb, der von einem Traktor in die Höhe gehoben wurde und wie eine Bühne vor den aufgebrachten Landwirten schwebte. Sie selbst stamme aus einem kleinen bäuerlichen Betrieb aus dem Landkreis Haßberge und verstehe die Existenzängste vieler Landwirte angesichts immer neuer Auflagen, versuchte sich die FW-Politikerin als Brückenbauerin durch das knarzende Mikrofon. Und erntete Applaus. "Wir brauchen euch Bauern aber, um mit den Herausforderungen des Klimawandels fertig zu werden!" Einzelne Pfiffe ertönten.
Umweltminister stellte sich den Landwirten
Zur Überraschung vieler stieg plötzlich auch Umweltminister Thorsten Glauber auf das Podest. Er setze sich dafür ein, dass Bauern für Gewässerrandstreifen, die im Zuge des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" nicht mehr bewirtschaftet werden können, entschädigt werden. Zu hören waren zustimmendes Gemurmel und Applaus. Außerdem wolle er 20 Millionen Euro in die Hand nehmen, um das Nitratmessnetz, das den Landwirten ein Dorn im Auge ist, zu erweitern und sich einzelne Gebiete und deren Grundwasser noch einmal genauer anzuschauen. Vielleicht würden ja mit Hilfe der Binnendifferenzierung die rot markierten, weil mit zu viel Nitrat belasteten Gebiete, in denen künftig strengere Auflage gelten sollen, kleiner. "Die roten Gebiete müssen weg!", riefen einige im Publikum. Das sei raus geworfenes Geld, schrien andere.