Christian Golden (30, bisher Trainer des TSV Frickenhausen in der Frauen-Bayernliga): Nach den letzten Spielen war ich darauf vorbereitet, dass es so kommen könnte. Ich habe zwei Theorien: Entweder die Mannschaft war nach den ganzen Spielen in der Liga und im Pokal überspielt oder müde. Oder die Spieler wussten nicht, wohin sie laufen sollten, und sind dann halt gar nicht gelaufen.
Die Mannschaft war nicht richtig austariert, wie man es etwa von Kroatien gesehen hat. Uns fehlte ein defensiver Mittelfeldspieler, der auch mal die Bälle gewinnt. In Sebastian Rudy hatten wir im Spiel gegen Schweden endlich einen, der als Bindeglied zwischen Offensive und Defensive fungierte – und dann verletzt er sich unglücklich. Der DFB muss diese Situation jetzt aufarbeiten. Ich glaube, Konzept und Kader sind erschöpft.
Das muss nicht zwingend in einen Trainerwechsel münden. Aber ich habe die Entscheidungen eines Herrn Löw seltenst geteilt, weil ich ein ganz anderes Fußball-Gen in mir trage. Für mich zählen Einsatz, Leidenschaft und Balleroberung mehr als sturer Ballbesitz. Am meisten begeistert haben mich als Mannschaft die Kroaten mit ihrer Qualität im Mittelfeld und ihren vielen hungrigen Nachwuchsspielern.
Erwin Klafke (54, zuletzt Trainer des FC Hopferstadt in der Kreisliga): Es war nicht zu erwarten, dass wir ausscheiden, aber mit dieser Leistung musst du froh sein, dass es so gekommen ist und wir uns ein Spiel gegen Brasilien erspart haben. Die Einstellung hat überhaupt nicht gepasst, man hat den Willen vermisst, das Letzte aus sich herauszuholen. Das war viel zu pomadig, kein Elan, keine Laufbereitschaft, kein Spielwitz.
Sonst hat die Mannschaft sich während des Turniers immer von Spiel zu Spiel gesteigert. Aber ihr hat jemand gefehlt, der sie führt und lenkt, gerade gegen Südkorea. Mir ist es vorgekommen, als würde sie ihr Schicksal einfach hinnehmen. Da war kein Aufbäumen erkennbar, nichts. Vielleicht muss man jetzt, um neue Ziele zu erreichen, einfach mal alte Zöpfe abschneiden. Ich wäre für einen radikalen Schnitt. Löw sollte aufhören und mit ihm fünf oder sechs der altgedienten Spieler.
Wolfgang Schneider (56, zuletzt Trainer beim Bezirksligisten SC Schwarzach): Ich gehörte noch zu den Optimisten, die sich die schwachen Auftritte der deutschen Elf vor der WM mit fehlender Motivation erklärten und davon überzeugt waren, dass wir uns in dieses Turnier hineinsteigern würden. An einen solchen Absturz war ja nicht annähernd zu denken.
Ich hätte das nicht für möglich gehalten und glaube, dass es für diese Leistung Gründe gibt, von denen wir als Außenstehende nichts wissen. Im Innenleben der Mannschaft muss etwas gründlich schief gelaufen sein. Bis vor einem halben Jahr schien doch noch alles in bester Ordnung. Die Mannschaft hat in allen drei Spielen dieser WM Sicherheitsfußball gezeigt, wie wir ihn von Deutschland nicht kennen. Man kann jetzt über die Aufstellung diskutieren – ob es richtig war, einen Spieler wie Sané daheim zu lassen, Wagner und Petersen auszusortieren. Für mich entscheidender war die Einstellung. Es wirkte, als seien einige absolut blutleer in diese Spiele gegangen.
Man muss jetzt nicht zwanghaft den Trainer wechseln. Vieles von dem, was Jogi Löw angepackt hat, hat sich nach großer Kritik als richtig herausgestellt. Aber was er jetzt braucht, ist eine plausible Idee und die Motivation, nach einer solchen Enttäuschung weiterzumachen. Löw muss wissen, welche Zeichen er missverstanden oder falsch gedeutet hat. Ich sehe derzeit keinen, bei dem ich sagen könnte: Übernehmen Sie!