Was führen sie im Schilde?

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Modernes Gastgeberehepaar trifft Traditionsgasthaus: Susanne Wanya und Markus Wolf haben sich in ihrem Gasthaus „Storch“ schon des Öfteren neu aufgestellt. Fotos: Julia Volkamer
Julia Volkamer
Entspannt: Susanne Wanyas Lieblingsplatz im Gasthaus Storch gefällt auch Redakteurin Julia Volkamer.
Foto: Markus Wolf
Sven und Teresa Heß gehen neue Wege: Ihre Winzerstube in Rödelsee bleibt künftig am Sonn- und Montag geschlossen, dafür öffnet das Wirtsehepaar die Türen am Dienstag und Mittwoch.
Julia Volkamer

Die Gastronomie erlebt die größte Krise seit Entstehung der Wirtshauskultur. Wie zwei Wirtspaare diese durchstehen wollen und was sie sich für ihre Kinder wünschen.

Sie müssen. Aber sie wollen auch. Sich verändern, sich anpassen. Für die Gastronomen des Landkreises ist nichts mehr wie es war. Entweder, das Personal bleibt gleichermaßen weg wie die Gäste – oder beide sind deutlich anspruchsvoller. Ob Traditionsgasthaus oder junger Betrieb, alle kämpfen mit den Corona-Nachwehen, den steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen – und dem Zeitgeist. Zwei Wirtspaare erzählen von ihrem Alltag. Und wie sie diesen auch in Zukunft meistern wollen.

Die Vorzeichen sind ganz unterschiedlich im Gasthaus „Storch“ in Prichsenstadt und in der Rödelseer „Winzerstube“, das Ziel ist das gleiche. „Wir wollen das noch ganz lange machen“, sagt Sven Heß – er muss aber auch. Der gelernte Koch hat das Gasthaus auf dem Dorf im Jahr 2016 und mit Ehefrau Teresa viel Zeit und Geld investiert. Die Stammkundschaft setzt sich inzwischen weniger aus Einheimischen zusammen, die sonst jeden Sonntag zum Familienessen und unter der Woche zum Stammtisch erschienen. Sie will hochwertiges Essen, einen professionellen Service und ein angenehmes Ambiente. Der Preis ist zweitrangig und „nichts, worüber sich unsere Stammkundschaft beschwert“. Genauso wie der Wochentag, an dem sie die Winzerstube besuchen. So liegt es nahe, mit den Einschränkungen der Öffnungszeiten, die inzwischen wegen des Personalmangels nötig wurden, den unkonventionellen Weg zu wählen: Nach dem Betriebsurlaub in den ersten anderthalb Augustwochen wird die Winzerstube sonntags und montags geschlossen bleiben.

Flexibel sein

So weit wollen Susanne Wanya und Markus Wolf noch nicht gehen. Obwohl sich die Vollblutwirtin des Gasthauses „Zum Storch“ und ihr Mann mit noch verschärfteren Personalproblemen konfrontiert sehen. Vor Kurzem hat sich das Küchenteam verkleinert, mit der Folge, dass die Küchenzeiten inzwischen stark eingeschränkt werden mussten und weniger Gäste bewirtet werden können – wobei Markus Wolf lieber von „Anpassungen“ spricht. „Als Gastronom muss man heute flexibel sein und mit der Zeit gehen.“ Die sei nicht mehr vergleichbar mit früher, als in einem Gasthaus die ganze Familie in allen Generationen mitarbeitete – und davon ernährt wurde. So wie unter anderem im „Storch“. Heute sei es mit einem reinen Speisen- und Getränkeangebot nicht mehr möglich, einen oder gar mehrere Haushalte innerhalb einer Familie zu ernähren. Man müsse neue Wege gehen. Und das könnten schon auch mal unangenehme sein.

Das Gasthaus gibt es seit dem Jahr 1772, seit 1882 befindet es sich im Familienbesitz der Familie Geisendörfer/Wanya. Ob Übernachtungsmöglichkeit für Großvieh, Brauerei und Kegelbahn, Landwirtschaft mit Spargel- und Gemüse- oder Weinbau – der Storch hat schon viele Veränderungen mitgemacht. Es gab den Besuch eines echten Prinzen, wilde Tanzabende und einen Misthaufen an der Stelle, wo im Biergarten jetzt ein riesiger Trompetenbaum steht. „Natürlich gibt es Einschränkungen. Da muss man sich nichts vormachen“, erklärt Susanne Wanya. „Das ist definitiv der Pandemie und dem Personalmangel geschuldet. Aber man kann trotzdem Gäste bewirten. Man kann die Speisekarte umstellen, modernisieren und flexibel gestalten. Man muss vielleicht nur 15 Gerichte auf der Speisekarte haben, die auch ein kleines Team mit viel Liebe zubereiten kann. Oder ein tolles Frühstück. Nicht nur für die Hotelgäste, sondern auch für einheimische und externe Besucher.“

Mutig sein

Die Hotelgäste werden, sowohl in Prichsenstadt als auch in Rödelsee, immer wichtiger. Sven und Teresa Heß haben mit dem ersten Lockdown fünf Gästezimmer gebaut. „Wir brauchen den Tourismus“, sagt Sven Heß. „Und wir Gastronomen in Franken müssen aufpassen, dass wir diese Gäste nicht ziehen lassen.“ Dafür müsse man eben reagieren – und zum Beispiel, wie in der Winzerstube, die gewohnten Schließzeiten anpassen. „Die Leute möchten auch unter der Woche an ihrem Standort essen gehen und einen Schoppen trinken können“, weiß Teresa Heß. „Sonntag ist Abreisetag. Da braucht es noch ein Frühstück, und dann sind die Gäste weg.“ Auch wenn es, vor allem für die Einheimischen, vielleicht unpopulär klingt: Am Sonntag geschlossen zu lassen ist nur folgerichtig. Mutig. Aber folgerichtig.

Erst recht, weil sich die beiden Jungwirte mit ihrem „Wengerts Hänger“, einem Imbisswagen der edleren Art, bereits im letzten Sommer ein zweites Standbein aufgebaut haben. Und: Ihr gemeinsamer Sohn Anton kommt im September in die Schule. „Unsere Entscheidung hat auch familiäre Gründe“, sagt Sven Heß. Zum einen, weil sie den Erstklässler dann bestmöglich unterstützen wollen. Zum anderen, um ihm irgendwann eine Entscheidung für den Beruf Wirt, für die Nachfolge im Betrieb, für den Fortbestand ihres Lebenswerkes, zu erleichtern.

Auch Susanne Wanya und Markus Wolf tragen sich mit solchen Gedanken. „Natürlich wäre es sehr schade, wenn wir unseren Traditionsbetrieb in fremde Hände geben müssten“, gibt die Wirtin zu. Ihr Mann, Geschäftsführer des Präzisionslager-Herstellers CSC Bearing, hat aber vor allem auch die Zahlen im Kopf. Die finanzielle Dimension. Und den Zeitaufwand. „Wir haben uns schon des Öfteren gefragt, ob wir unseren Kindern das wirklich zumuten möchten.“

Letztendlich sind sich alle einig: Es gibt keinen schöneren Beruf. „Wir machen ihn gerne“, sagt auch Sven Heß. „Aber wir haben auch gelernt, dass man niemals nie sagen sollte.“ Zu unkonventionellen Öffnungszeiten. Zu angepasstem Speisenangebot. Zu mutigen Veränderungen. Dann können die Gastronomen auch diese Zeiten überstehen. Weil sie müssen. Vor allem aber, weil sie es wollen.

Öffnungszeiten

Gasthaus Zum Storch: Das Restaurant hat Mittwoch bis Sonntag ab 16.30 Uhr, die Küche bis 19 Uhr geöffnet, Frühstück gibt es ab 8 Uhr. Im Hotel werden die Gäste montags bis sonntags mit Anreise ab 14.30 Uhr empfangen. Aktuelle Infos gibt es unter Tel. 0151/28314081 im WhatsApp-Status oder auf Instagram.

Winzerstube: Nach dem Betriebsurlaub (30. Juli bis 18. August) ist dienstags und mittwochs ab 17 Uhr sowie donnerstags, freitags und samstags ab 12 Uhr geöffnet. Auf Anfrage, für Feiern und an Fest- und Feiertagen ist auch sonntags geöffnet, Info unter gasthaus-winzerstube.de