Wissenswertes und Mystisches: Auf dem Baumhoroskopweg in Seinsheim können Besucher viel lernen - über Bäume und sich selbst
Der genaue Blick lohnt doppelt: Was ist das für ein Baum am Eingang des Seinsheimer Friedhofes? Der Zürgelbaum ist in Südeuropa beheimatet, liebt Wärme und Trockenheit. In Zeiten des Klimawandels nicht uninteressant. Aber er ist auch Teil des Baumhoroskopwegs, der durch den Ort zum Landschaftssee führt. Ein Besuch dort ist unterhaltsam und lehrreich zugleich: Der Besucher erfährt viel über Bäume, ihr Holz und ihr Wesen – und über das eigene gleich mit.
„20 Bäume und noch einer – das ist Deiner.“ Gästeführerin Lydia Fischer, in Seinsheim für die Tourist-Information zuständig, hat sich schon überlegt, wie sie beim Gästeführertag den Baumhoroskopweg vorstellt. Schließlich sollte dieser Tag im Rahmen des Jubiläums „20 Jahre Weinparadies“ im Mai in Seinsheim begangen werden. 21 Bäume gehören zum Baumhoroskopweg – und genau einer davon gehört quasi zu jedem Betrachter, wie bei den Sternzeichen, nur eben angelehnt an das keltische Baumhoroskop.
Führungen sind derzeit abgesagt
Der Gästeführertag ist, wie so vieles in Corona-Zeiten, abgesagt. Führungen gibt es derzeit nicht. Trotzdem kann man den Weg natürlich jederzeit alleine oder mit der Familie erkunden – und dabei zum Beispiel den Zürgelbaum kennenlernen. Bis zu 25 Meter wird er hoch, blüht zwischen Juni und Juli, trägt Kirschen ähnliche Früchte, deren Fruchtfleisch essbar ist. Sein Holz ist zwar fest, doch zugleich elastisch. „Für Werkzeuge und zum Schnitzen gut geeignet“, steht auf der Infotafel neben dem Baum.
Der Text und die Bilder auf dieser und allen anderen Tafeln stammen von Reinhard Hemmeter, die Gestaltung von Ursula Deiss-Hemmeter. „Als der Landschaftssee errichtet wurde, gab es einen Arbeitskreis“, erinnert sich Reinhard Hemmeter. Ein Mitglied habe damals vorgeschlagen, einen Baumlehrpfad in Anlehnung an das keltische Baumhoroskop anzulegen. Die Idee kam gut an – es war die Geburtsstunde für den Seinsheimer Baumhoroskopweg.
Reinhard Hemmeter erklärte sich bereit, die Idee umzusetzen, informierte sich, las, recherchierte, trug Informationen zusammen, erstellte die Texte für die Infotafeln – zwei große am Landschaftssee und im Ort, eine kleine an jedem der 21 Bäume – und zeichnete die Bilder darauf. Da geht es um den Baum selbst, sein Holz und dessen Eigenschaften, die Verwertung beispielsweise im Bau. Es geht um Historisches und medizinische Aspekte. Und eben um die Frage, welche Eigenschaften dem Baum und auch dem Menschen dem keltischen Baumhoroskop zufolge zugeschrieben werden.
Den Weg gibt es seit 17 Jahren
„Jeder Baum hat ein Zeitfenster“, erklärt Reinhard Hemmeter. Manche Bäume gelten für zwei Zeiträume, einer für drei, vier Bäume nur für einen Tag. Die Eiche für den 21. März, die Birke für den 24. Juni, die Eibe für den 23. September und die Buche für den 22. Dezember – das sind die Tage, an denen sich die Jahreszeiten ändern. Sich so intensiv mit den Bäumen zu befassen, habe zwar viel Zeit gekostet, aber er habe dabei sehr viel gelernt, erzählt der Umweltschutzingenieur.
Entstanden ist der Weg im Jahr 2003. Noch immer merkt man Hemmeter an, wie sehr ihm das Projekt am Herzen liegt. Wer den Weg abläuft, profitiert nun von diesem Wissen, und wird zugleich gut unterhalten. Auch wenn das Wort Baumhoroskop häufig erst mal Skepsis hervorruft, wie Lydia Fischer immer wieder erlebt. Ein Horoskop hat etwas Mystisches, damit kann nicht jeder etwas anfangen. „Aber wenn die Leute den Weg mal gegangen sind, sind sie total begeistert“, erzählt die Gästeführerin.