Von der Landwirtschaft infiziert

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Die 22-jährige Jana Emmert aus Kleinlangheim ist leidenschaftliche Landwirtin. Dass es ihren Tieren gut geht, ist ihr sehr wichtig. Die Sauen im Stall versorgt sie mit Heu von eigenen Wiesen ...
Emmert
Nicht nur im Stall fühlt sich Jana Emmert wohl, sondern auch auf dem Traktor.
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Das Heu dient zur Beschäftigung und als Rohfaser auch der Verdauung und ist somit gut fürs Tierwohl.
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Engagiert, zielstrebig, offen für Neues: Jana Emmert aus Kleinlangheim hat einen 1,0-er Abschluss an der Technikerschule für Agrarwirtschaft – und noch viele Ziele.

Die Hand streichelt zart über den Rücken des Schweins. Keine Geste gezielt fürs Bild. Ganz automatisch, wie nebenbei, nimmt Jana Emmert Kontakt mit dem Tier neben ihr auf. Dass sie schon einen langen Bürotag hinter sich hat, merkt man ihr nicht an. Es ist selbstverständlich für die junge Frau, abends noch in den Stall zu gehen, denn: „Es ist für mich eine Ehre, dass ich für meine Tiere verantwortlich bin.“

Jana Emmert stammt aus einem landwirtschaftlichen Betrieb in Kleinlangheim. Schon die Urgroßeltern waren Landwirte. Kühe, Schweine, Bullen, ein Pferd, Hühner, Gänse gab es einst – eine Bauernhofidylle, wie sie in Bilderbüchern noch heute dargestellt wird, aber längst nicht mehr der Realität entspricht. Der Vater hat sich später auf Schweine spezialisiert und so ist Jana Emmert mit Tieren groß geworden. „Aber so richtig gepackt hat mich die Landwirtschaft erst, als ich mit 14 ein Praktikum in Schwarzenau absolviert habe“, verrät sie. Seitdem geht sie mit Begeisterung täglich in den Schweinestall, um die Tiere zu versorgen. 60 Zuchtsauen stehen dort, dazu gibt es 350 Ferkelaufzuchtplätze und 40 Hektar Ackerfläche. „Ein kleiner Betrieb“, sagt die 22-Jährige.

Auslandspraktikum in Irland

Sich einen Beruf außerhalb der Landwirtschaft zu suchen, kam für sie nach dem Praktikum nicht mehr in Frage. Nach der Realschule absolvierte sie von 2015 bis 2018 die Ausbildung zur Landwirtin, war dabei ein Jahr auf einem Zuchtsauen-Betrieb in Mönchsondheim, danach ein Jahr im Staatsgut in Schwarzenau. Ihre Lehre schloss sie mit einer Eins vor dem Komma ab, bekam einen Ehrenpreis der Regierung von Unterfranken. Im folgenden Praxisjahr und in vier Monaten Auslandspraktikum in Irland ging es wieder um Schweine. Beim Besamungsverein Neustadt-Aisch war sie teilzeitangestellt, als Scannerin für Sauen. „Wie Ultraschalluntersuchung beim Frauenarzt“, schiebt sie sofort als Erklärung hinterher.

Sie weiß, dass die Allermeisten nichts anfangen können mit diesem Wort. Sie hat in ganz Bayern geprüft, ob Sauen tragen – und dabei ganz nebenher Einblick in viele Betriebe gewonnen. Anschließend ging es zurück auf die Schulbank in der Technikerschule für Agrarwirtschaft in Triesdorf. Die hat sie in diesem Sommer als Schulbeste beendet, mit einer glatten 1,0. Ein Ergebnis, mit dem sie selbst nie gerechnet hätte und mit dem sie sich schon gar nicht brüstet. Die Schule hat es öffentlich gemacht und damit ihre Leistungen ins Blickfeld gerückt.

Zielstrebig und ehrgeizig

Sich auf ihrem Abschluss auszuruhen, kam für Jana Emmert nicht in Frage. Sie will sich ein zweites Standbein schaffen, um für ungewisse Zeiten abgesichert zu sein. Sie startete eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten. „Bist Du verrückt? Warum tust Du Dir das an?“ Die Frage hat sie schon oft gehört. Doch sie hat sich gezielt für eine Ausbildung bei der Steuerberatungsgesellschaft des Bayerischen Bauernverbandes entschieden, um fit zu werden im immer komplizierter werdenden Steuerwesen und zugleich auch im Büro stets einen Bezug zur Landwirtschaft zu haben. So kann sie nach der Ausbildung in Teilzeit als Steuerfachangestellte weiterarbeiten, zugleich aber auch die Tiere auf dem heimischen Hof versorgen und die Felder bestellen. „Mein Herz schlägt für die Landwirtschaft. Und dann kommt lange nichts.“

Ehrgeizig ist das Wort, das einem bei einem solchen Lebenslauf einfällt. Ja, das sei sie, bestätigt die 22-Jährige lächelnd. Doch vielleicht trifft „zielstrebig“ es besser: Wenn sie sich ein Ziel gesetzt hat, kniet sich Jana Emmert rein. Trotzdem kam und kommt das Gesellige nicht zu kurz. „Natürlich gehe ich auch weg und habe das auch während der Schulzeit gemacht.“

Das Thema Landwirtschaft fesselt sie, auch über ihre tägliche Arbeit hinaus. Sie informiert sich, bildet sich fort, redet mit – und sagt ihre Meinung auch mal öffentlich in einem Leserbrief, wo sie darauf aufmerksam macht, dass die Leute den Zusammenhang mit dem Stroh in der Tierhaltung und dem Mist auf den Feldern schon beachten müssen – das eine zu fordern und das andere nicht zu wollen, ist schwierig.

Linsen oder Kichererbsen?

Die Situation der Landwirte, die Diskussion in der Gesellschaft, die Vorgaben der Politik, alles das beschäftigt Jana Emmert. Man kann mit ihr darüber diskutieren, ohne dass sie ihre Meinung durchdrücken will. „Ja“, sagt sie dann und blickt nachdenklich in die Ferne, „stimmt irgendwie.“ Um anschließend mit Fakten und gut nachvollziehbar zu erklären, warum sie die Sache anders sieht.

Die Landwirtschaft ist vielfältig, sagt Jana Emmert über ihren Beruf. Immer wieder mal hat sie darüber nachgedacht, vielleicht doch einen anderen Schwerpunkt zu legen als Zuchtsauen. „Ich war mal an dem Punkt, da fand ich Geflügel toll, mit Masthähnchen und mobilen Ställen. Dann war ich mal mit Fischen infiziert.“ Und über Pilzzucht habe sie auch schon nachgedacht, fügt sie lachend an. „Es gibt so viele Möglichkeiten.“ Bislang ist sie bei der Tierhaltung aber doch immer wieder zu den Schweinen zurückgekommen, hat in der Technikerschule ihre Schwerpunkte entsprechend gewählt, einen Maststall auf Stroh geplant, sich mit der Fütterungsoptimierung für Schweine befasst. „Aber auch das Seminar 'Erwerbskombination und Sonderkulturen' war interessant“, schiebt sie gleich hinterher. „Milchkühe und Speiseeisherstellung. Nüsse und Nusscreme“, nennt sie als Beispiel. „Die vielen Einblicke in andere landwirtschaftliche Betriebe, die ich in Triesdorf erhalten habe, sind immens wertvoll. Ich konnte meinen Horizont erweitern.“

Das Neue fasziniert die junge Kleinlangheimerin, das Ausprobieren, das Dazulernen. Auch beim Ackerbau. Linsen kann sie sich auf den heimischen Feldern vorstellen. Oder Kichererbsen. Und was sagen die Eltern dazu? „Sie sind manchmal erst ein bisschen skeptisch, aber grundsätzlich offen und lassen mich ausprobieren, wenn ich wirklich dahinterstehe.“ Das sei für sie selbst auch das Wichtigste: „Dass meine Eltern hinter mir stehen und wir als Familie zusammenhalten.“

Dass die 22-Jährige bislang bei den Schweinen geblieben ist, liegt wohl auch daran, dass sie sich den Tieren seit langem verbunden fühlt. „Wenn ich sehe, wie im Stall die Sauen ihre Ferkel säugen und es ist Friede in der Bucht, dann ist alles vergessen“, sagt sie. Auch die vielen offenen Fragen in der Landwirtschaft: Wie wird sich die Haltung verändern? Wie der Anspruch der Verbraucher? Wie die Vorgaben für die Ställe? Kann man investieren, muss man investieren? Wie macht man sich für die Zukunft fit? Was ändert sich in der Vermarktung? Wie entwickeln sich die Preise? Wie lässt sich das oft negative Bild der Bauern in der Gesellschaft verbessern? Jana Emmert sagt, sie sei keine Bäuerin. „Ich bin Landwirtin.“ Das ist ihr wichtig. Die Bezeichnung hat einen anderen Stellenwert.

Dialog mit Verbrauchern ist wichtig

Jana Emmert bedauert, dass die Lücke zwischen Verbrauchern und Landwirtschaft so groß geworden ist – und manches ärgert sie auch. Wenn die Leute in Umfragen versichern, sie seien bereit, mehr Geld für Fleisch aus Biohaltung auszugeben, es aber trotz aller guten Worte nicht tun. Wenn in sozialen Medien Behauptungen aufgestellt werden, die nicht zu belegen sind. „So mancher meint, es besser zu wissen als jemand, der eine mehrjährige Ausbildung hat.“ Der Dialog ist da wichtig, und auch dafür wurde sie während ihrer Ausbildung geschult: Gesprächsführung gehört zum Lehrplan.

„Es ist wichtig, den Verbrauchern zu sagen, was wir machen“, findet die 22-Jährige. Sie meint das nicht als Vorwurf, sondern kann die Skepsis nachvollziehen. „Woher sollen die Verbraucher denn wissen, was wir tun?“, fragt sie. „Unwissenheit schafft Skepsis – auf beiden Seiten.“ Früher sei die Öffentlichkeitsarbeit in der Ausbildung zu kurz gekommen, findet Jana Emmert. Ein Fehler, wie sich herausgestellt habe.

Die Landwirtschaft ist ihr Leben, das sagt Jana Emmert nicht nur, das ist zu spüren. Obwohl sich die Landwirtschaft ständig verändert, obwohl sie Risiken birgt. Was in ein paar Jahren ist? Das kann niemand wissen. Die Kleinlangheimerin formuliert es positiv, ganz wie es ihrem Wesen entspricht: „Die Landwirtschaft hält immer eine Überraschung bereit.“