- Familien leiden unter dem Lockdown
- Was Eltern und Kinder in der Extremsituation beachten sollten
- Tipps von der Leiterin des Familienstützpunktes Wiesentheid
Die Geschichte wiederholt sich: Wie im März sind die Schulen zu, die Kindertagesstätten bleiben geschlossen, die Familien sollen ihre Kontakte so gering wie möglich halten. Und doch unterscheidet sich dieser Lockdown vom ersten: Es scheint keine Aussicht auf Besserung zu geben. Die Unsicherheit ist groß. Wie lange wird diese Ausnahmesituation anhalten und wie oft wird sie wiederkehren?
Familien im Lockdown: Die Leiterin des Familienstützpunktes Wiesentheid im Gespräch
Als Leiterin des Familienstützpunktes in Wiesentheid weiß Eva Virué, was Eltern und Kinder im Landkreis Kitzingen in diesen Tagen umtreibt – und will ihnen dabei helfen, diese Zeit unbeschadet zu überstehen.
Was bekommen Sie im Familienstützpunkt mit: Wie versuchen Familien im Landkreis die aktuelle Situation zu bewältigen?
Eva Virue: Nach einem Jahr Pandemie bringen Einschränkungen und gerade jetzt der verlängerte Lockdown im Winter viele Familien an ihre Grenzen. Die Kinder sind zu Hause nicht mehr ausgelastet, Eltern fühlen sich überfordert. Dabei treffen die Kontaktbeschränkungen die Familien sehr unterschiedlich. Familien mit Migrationshintergrund, Alleinerziehende oder Eltern mit einem schwierigen finanziellen Status tun sich dabei schwerer. Corona verstärkt die soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit sowie die Unterschiede der verschiedenen Gesellschaftsgruppen. Viele haben eine große Zukunftsangst, und die spiegelt sich im Familienalltag wider. Die Kinder bekommen das zu spüren, und das ist in allen Familien gleich. Dieser Familienalltag bringt auch gut organisierte Eltern in Stress.
Die Eltern sind mit Homeoffice und Homeschooling schwer beschäftigt. Wie schafft man es, sich trotzdem Freude am privaten Beisammensein zu erhalten?
Virué: Das ist wirklich viel verlangt! Die Erwachsenen jonglieren mit allem, was erledigt und getan werden muss. Dazu wollen sie den Kindern einen möglichst abwechslungsreichen Alltag ermöglichen – das ist für manche Eltern einfach zu viel.
Wir können die Familien nur ermutigen, trotz oder gerade wegen der Vollbesetzung zu Hause auch Licht und Freude in den Familienalltag zu bringen.
Haben Sie da konkrete Vorschläge?
Man sollte ihn einfach etwas anspruchsloser gestalten, auch mal Fünfe gerade sein lässt, sich auf das Wesentliche konzentriert, in kritischen Situationen Ruhe bewahrt. Und dann zusammen einfache und schöne Augenblicke kreiert, bei einem Spaziergang, bei Sport und Spiel. Solche Augenblicke können uns sehr viel Energie geben, genauso wie Lachen! Lachen tut Eltern und Kindern gut.
Und wenn einem eher zum Heulen zumute ist?
Jeder sollte aber auch für sich selbst sein können. Eltern sollten sich entspannen, bei einem Buch, an der frischen Luft. Nach Möglichkeiten der Kontaktregelungen sollen sich Kinder mit ihren Freunden verabreden und auch Erwachsene sich mit anderen Erwachsenen austauschen, nicht allein mit ihren Sorgen bleiben. Die Familienstützpunkte sind hier auch für Eltern und Kinder da.
Was macht der erneute Lockdown mit den Kindern? Sie dürfen wieder ihre Freunde nicht sehen, sich nicht in der Kita/Schule ausprobieren und spüren vielleicht die Unsicherheit ihrer Eltern...
Es gibt natürlich noch keine Langzeitstudien. Aber die Isolation bringt emotionalen Stress. Der führt zu Konzentrations- und Schlafproblemen, zu Ruhelosigkeit oder Langeweile und Einsamkeit. Das höre ich oft im Eltern-Kind-Treff, den wir momentan online abhalten.
Von welchen Sorgen berichten Eltern denn dort?
Oft von deutlichen Veränderungen in der Gefühlslage, die ein Signal von emotionalem Stress sein können. Dass Kinder keine Lust mehr haben, zu spielen, etwas zu unternehmen, nicht gut essen und nicht gut schlafen, nur noch in der Ecke liegen wollen, abgeschottet von der Welt. Dann sollte man ihnen liebevolle Zuwendung geben und zum Beispiel gemeinsam spielen, zusammen das Lieblingsessen kochen, sich mit dem Kind beschäftigen aber auch für die Kinder Möglichkeiten schaffen, dass sie sich zurückziehen können, wenn sie durch die räumliche Enge einen Rückzugsort brauchen.