„Speed-Dating“ im Iran

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Auslandsgeschäfte sind für die deutsche Wirtschaft überlebenswichtig. Eine Delegation aus Mainfranken reiste vor Kurzem in den Iran.
Foto: Kurt Treumann
Die deutschen Unternehmer haben nur wenig Zeit, über ihre Produkte zu informieren. Dann kommt schon der nächste Interessent.
Foto: Kurt Treumann
Auch so kann der Iran aussehen.
 
Begeistert zeigten die Iraner die alten deutschen Maschinen.
Kurt Treumann
Die Gruppe um Kurt Treumann (Mitte) musste einige Vorurteile über den Iran revidieren.
Foto: Kurt Treumann
Blick über Teheran.
Foto: Kurt Treumann
Auf den Messen geht es darum, sich gut zu präsentieren.
 

Unterfränkische Unternehmen wagen den Schritt in die Islamische Republik.

Ayatollah Khomeini, vermummte Frauen, Terrorismus und die Atombombe - viele Menschen verbinden ein negatives Bild mit dem Iran. Kurt Treumann, Bereichsleiter International der IHK Würzburg-Schweinfurt, und über 30 deutsche Unternehmer zeigten sich nach ihrer Reise überrascht: "Wir wurden mit offenen Armen empfangen."

Viele Iraner seien auf die Deutschen zugegangen. Auch Frauen: „Viele waren sehr gut ausgebildet und selbstbewusst“, so Treumann. Alles in allem waren die Menschen viel „westlicher“ als die Reisegruppe erwartet hatte. „Wir hatten ein ganz anderes Bild vor Augen.“

Natürlich lag das aber auch am Grund der Reise. „Wir haben nur einen Ausschnitt der Gesellschaft kennengelernt.“ Geschäftsleute und Unternehmer – schließlich war die Delegation nicht zum Vergnügen in die Islamische Republik geflogen. Es ging um handfeste ökonomische Interessen.

Als eine der ersten war die Gruppe um Kurt Treumann in den Iran gereist, um nach dem Ende der Sanktionen wieder Geschäftsbeziehungen zu knüpfen. Schließlich war Deutschland vor dem langen Atomstreit lange „Haus und Hoflieferant“ des Irans gewesen, die wirtschaftliche Beziehungen traditionell eng.

Von einer „Goldgräberstimmung“ spricht Treumann deshalb auch. „Im Iran gibt es einen Investitionsstau in vielen Branchen im Iran. In vielen Bereichen wird noch mit alten Maschinen gearbeitet, vernünftige Ersatzteile konnten jahrelang nur umständlich, in minderer Qualität oder auch gar nicht bezogen werden. Nun müsse die verlorene Zeit aufgeholt werden. „Der Iran will nicht nur Importeur bleiben“, sagt der Bereichsleiter International. Deutsches Know-How, beispielsweise im Maschinenbau, sei deshalb bspw. im Bezug auf Kooperationen sehr gefragt. „Mit Stolz haben uns iranische Unternehmer ihre teilweise alten deutschen Maschinen gezeigt. Die wollten gar nicht mehr aufhören.“

Typisch für eine solche Reise war der sehr enge Terminplan. „Wir waren zwischendurch schon extrem erschöpft“, erzählt Treumann. Betriebsbesichtigungen, eine Baumesse, Treffen mit potenziellen Kunden. „Speeddating“ nennt Treumann Letzteres: Die deutschen Unternehmer sitzen an Tischen. Interessierte Iraner setzen sich zu ihnen, lassen sich kurz informieren. Man tauscht sich aus. Dann geht es schon mit dem Nächsten weiter. „Knapp 80 Termine haben wir so innerhalb kürzester Zeit allein in Teheran hinter uns gebracht“, erzählt Treumann.

Aufgefallen sei dabei, dass die Iraner bestens vorbereitet waren. „Die haben sogar eigene Begrüßungsplakate anlässlich von Betriebsbesichtigungen für uns gedruckt“, erzählt Treumann begeistert.

Die unterschiedliche Sprache, Schrift oder Kultur stellen nicht die einzigen Hindernisse für künftige Geschäftsbeziehungen dar. „Im Moment ist der Iran noch nicht an den internationalen Kapitalverkehr angeschlossen“, erklärt der Experte. Gerade größere deutsche Banken mit engen Verbindungen zu den USA täten sich noch schwer, Lösungen rund um einen Zahlungsverkehr mit dem Iran anzubieten. Ein funktionierender Zahlungsverkehr sei jedoch zentral für gemeinsame Geschäfte. „Man sollte ja nicht mit einem Geldkoffer vom Iran wieder nach Deutschland herfliegen“, sagt Treumann schmunzelnd. Neben der Bankenfinanzierung bräuchten die deutschen Unternehmer dringend eine staatliche Absicherung ihrer Exportgeschäfte. Die internationalen Sanktionen gegen den Iran werden nun Schritt für Schritt aufgehoben. Sie sind also nur teilweise außer Kraft gesetzt. Insgesamt gäbe es noch einige Schwierigkeiten im iranischen Markt. Informationen über potenzielle Partner seien schwer zu bekommen.

Der Handel mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Flexibilität sei gefragt. Trotzdem: Mit über 75 Millionen Einwohner ist der Iran zumindest langfristig ein sehr interessanter Markt – nur eben nicht für Einsteiger im internationalen Geschäft, so der Außenhandelsexperte weiter.

Kurt Treumanns Hauptaufgabe ist die Beratung hiesiger Firmen, die sich im Ausland engagieren wollen. Treumann erzählt von einem Fall, bei dem ein Unternehmer Handelsbeziehungen nach Afghanistan knüpfen wollte. Allerdings wollte der Firmenchef selbst nicht in das asiatische Land fliegen. Letztlich habe Treumann ihn von der Idee abgeraten und andere Kontakte empfohlen. „Es geht nicht ohne ein Herz für das fremde Land“, betont er. Es brauche eine positive Einstellung und Affinität gegenüber der fremden Kultur.

Neulingen im internationalen Geschäft empfiehlt Treumann oft den Schritt nach Österreich. „Das klingt zunächst überhaupt nicht hipp oder sexy, Österreich ist als Handelspartner aber extrem wichtig für uns“. Außerdem könne man so sehr wertvolle Erfahrungen sammeln, bevor man den Schritt in die weite Welt wagt.

Dass sich dieser lohnt, davon ist Kurt Treumann überzeugt. „Internationalisierung tut dem Gros der Firmen gut.“ Der Export ist für Deutschland immens wichtig. Das gilt auch für Unterfranken und den Kreis Kitzingen. Beim Zollamt Dettelbach, das für den Raum Kitzingen, Würzburg und Main-Spessart zuständig ist, wurden im letzten Jahr 736 000 sogenannte „Ausfuhranmeldepositionen“ aufgenommen. Im Jahr 2014 waren es nur 562 000. Demgegenüber liegt die Zahl bei Einfuhren nur bei 120 000. Maschinenbau und Textilbranche waren hierbei die treibenden Kräfte.

Wichtigste Exportländer waren China und Bangladesch im Textilbereich, sowie Russland, Iran, Schweiz und USA im Bereich Maschinenbau.

Für die IHK gibt Kurt Treumann eine Exportquote hiesiger Unternehmen von 42,6 (Mainfranken) Prozent an. Damit habe sich die Quote seit 1993 fast verdoppelt.

Längst sind nicht mehr nur die „üblichen Verdächtigen“ – große Unternehmen wie Knauf und Frankenguss – international aktiv. In den kommenden Wochen stellen wir an dieser Stelle einige Firmen vor, die den Schritt ins Ausland gewagt haben. Was haben sie sich davon versprochen? Welche Probleme gab es für sie – und hat sich der Schritt gelohnt? Antworten in unserer neuen Serie: „Lokal – Global“.