Cannabis-Legalisierung: Noch sind viele Fragen offen

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Daniel Göpfert betreibt in der Kitzinger Siedlung sowie in Schweinfurt Cannabis-Läden und verkauft dort insbesondere Bio-Hanfprodukte und CBD-Produkte. Fotos: House 420
House 420
Seit 2019 gibt es das House 420 in Kitzingen – zusätzlich zum Laden und online-Shop steht dort auch ein Verkaufsautomat.
House 420
Apotheken bei Legalisierung bereit zu Verkauf von Cannabis
Immer wieder entdeckt die Polizei illegale Hanf-Plantagen. Jetzt steht Cannabis vor einer Legalisierung. Die genauen Vorschriften zum Anbau und zum Verkauf stehen allerdings noch nicht fest. Symbol
Apotheken bei Legalisierung bereit zu Verkauf von Cannabis
Foto: Patrick Pleul/dpa

Seit 2019 betreibt Daniel Göpfert in Kitzingen einen Laden für Hanf- und CBD-Produkte. Bei ihm kaufen keine Kiffer ein, sondern viele Hausfrauen und ältere Menschen

Kitzingen Das gezackte Blatt hinter dem Namen House420 auf dem Schaufenster macht deutlich: Hier werden Hanf- und CBD-Produkte verkauft. CBD steht für Cannabidiol und ist ein Wirkstoff, der aus Hanf gewonnen wird. Seit 2019 betreibt Daniel Göpfert das Geschäft in der Kitzinger Siedlung samt Verkaufsautomaten, zudem hat er einen Laden in Schweinfurt und einen Online-Shop. Welche Erfahrungen hat er gemacht und wie beurteilt er die bevorstehende Legalisierung von Cannabis?

Frage: Sie betreiben seit 2016 in Schweinfurt und seit 2019 in Kitzingen Cannabis-Läden. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Hanf- und CBD-Produkten zu verkaufen?

Daniel Göpfert: Ich bin chronisch krank und konsumiere aus gesundheitlichen Gründen Cannabis. 2015 bin ich Cannabispatient geworden. Daher weiß ich, wie schwierig es ist, die Hürden zu überwinden, um anerkannt zu werden. Ich wollte mich schon länger im Verkauf selbstständig machen, ursprünglich mit einem Handyladen. Dann habe ich mich für Cannabisprodukte entschieden – und dafür, anderen zu helfen und Menschen zu beraten, die medizinisches Cannabis brauchen. Die Vorschriften waren damals kompliziert, man muss beispielsweise austherapiert sein. Seit 2017 kann allerdings jeder Arzt Cannabis verschreiben, auch ohne dass man austherapiert sein muss. Das wissen viele Patienten nicht und es gibt nach wie vor Ärzte, die behaupten, sie dürften es nicht.

Dieses medizinische Cannabis verkaufen sie aber nicht?

Göpfert: Nein. Im House 420 verkaufen wir Bio-Hanfprodukte wie Öl, Nudeln, Pesto, Müsli und Kosmetik, CBD-Produkte wie Öle, Tees, Blüten, Extrakte und Kosmetik, dazu Vaporizer, also Verdampfer, und Zubehör, Bongs, Papers und Grow-up-Equipement, Ausrüstungsgegenstände für den Anbau.

Was ist der Unterschied zwischen Ihren Produkten und dem, was man unter dem derzeit noch verbotenen Cannabis versteht?

Göpfert: Der Unterschied liegt im THC-Gehalt. THC, genauer Tetrahydrocannabinol, ist eine psychoaktive Substanz und unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz. Beträgt der THC-Gehalt weniger als ein Prozent, setzt keine berauschende Wirkung ein. Unsere Produkte haben nicht mehr als 0,2 Prozent, das ist der derzeit erlaubte Grenzwert. CBD ist Cannabidiol, kann entkrampfend, entzündigungshemmend wirken, Ängste lösen und bei Übelkeit helfen.

Beim Gedanken an Cannabis fällt einem sofort das Wort „Kiffer“ ein – so werden die Konsumenten oft genannt. Sind es denn „Kiffer“, die in Ihren Läden einkaufen?

Göpfert: Nein, ein Kiffer (Konsument) hat vom CBD nichts. Von unseren Produkten wird man nicht high. Obwohl ich zugeben muss, dass ich anfangs, bei der Eröffnung, auch den Gedanken im Hinterkopf hatte, dass ich womöglich eher die „Kiffer“ bediene. Aber es ist ganz anders: Bei uns kaufen ganz normale Leute ein, viele Hausfrauen und ältere Menschen.

Müssen Sie trotzdem mit Vorurteilen gegenüber ihren Läden kämpfen?

Göpfert: Mittlerweile nicht mehr, der CBD-Verkauf hat sich etabliert. Und wer Vorurteile hat, legt sie spätestens dann ab, wenn er mal im Laden war. Früher hatten die Leute Bedenken, inzwischen sind Cannabisprodukte in der Gesellschaft angekommen. Wir klären ja auch über deren gesundheitlichen Nutzen auf. Und wir halten uns an die gesetzlichen Vorgaben und verkaufen CBD nicht an Minderjährige. Wir lassen uns bei jungen Leuten immer den Ausweis zeigen.

Warum konsumiert jemand Ihrer Ansicht nach Cannabis?

Göpfert: Der größte Teil konsumiert nicht, weil er Spaß haben will, sondern zum psychischen Ausgleich. Man raucht Cannabis, damit es einem körperlich, psychisch und seelisch besser geht.

Verharmlosen Sie da nicht die gesundheitliche Gefahr?

Göpfert: Cannabis an sich schädigt nicht, eher die Mischung mit Tabak – so wie Tabak überhaupt und auch Alkohol.

Jetzt soll Cannabis legalisiert werden. Was halten Sie von den Plänen der künftigen Regierung?

Göpfert: Nichts – solange wir die Führerscheinproblematik haben. Wenn Sie heute Cannabis konsumieren, sind die Abbauprodukte im Blut morgen noch nachweisbar. Damit ist die Fahrerlaubnis dahin. Da können Existenzen vernichtet werden. Solange das Führerscheinrecht nicht geändert wird, macht die Legalisierung keinen Sinn.

Dürfen auch Cannabispatienten wie Sie kein Auto fahren?

Göpfert: Unter gewissen Voraussetzungen ist das erlaubt, aber wenn ein Patient angehalten wird, kommt es trotzdem immer wieder mal zur Blutkontrolle und die Fahrerlaubnisbehörde entzieht den Schein, obwohl man einen Nachweis hat, dass medizinisches Cannabis konsumiert werden darf. Die Begründung: Wer Cannabis zu sich nehme, sei nicht geeignet, ein Fahrzeug zu führen.

Glauben Sie, dass mehr Menschen Cannabis konsumieren, wenn es legal ist?

Göpfert: In den USA haben wir gesehen, dass der Konsum nicht wirklich gestiegen ist. Wir werden nur offener mit dem Thema umgehen.

Werden Sie Cannabis verkaufen, sobald die Legalisierung durch ist?

Göpfert: Ich würde es selbstverständlich ins Sortiment aufnehmen, wenn ich darf. Aber aktuell weiß ja noch keiner, ob wir verkaufen dürfen, welche Produkte es sind, wer es anbaut und ähnliches. Bislang wird nur von der Legalisierung an sich geredet.

Wie würden Sie sich den Verkauf künftig vorstellen?

Göpfert: Ich finde, man sollte das ähnlich wie beim Alkohol machen und Cannabis als ganz normale Handelsware von Händlern mit angemeldetem Gewerbe verkaufen lassen. Natürlich braucht man dabei auch einen Jugendschutz. Und nicht zu viele Steuern auferlegen, damit es nicht zu teuer wird. Und ich würde den Eigenanbau bis zu einer bestimmten Menge zuhause erlauben, am besten auf einer begrenzten Fläche, etwa 1,5 Quadratmeter.

Und dann ist der Schwarzmarkt weg?

Göpfert: Einen Schwarzmarkt wird es immer geben, auch wenn man Cannabis komplett legalisiert, weil es immer Konsumenten geben wird, die ihr Cannabis beim vertrauten Bauern kaufen wollen. Außerdem wird der Preis eine Rolle spielen. Der größte Vorteil einer Legalisierung ist aber die Steigerung der Qualität - und dass die großen Kriminellen ausgespült werden.

Debatte um CBD

Unabhängig von einer bevorstehenden Legalisierung von Cannabis ist die Rechtslage für den Verkauf von CBD-Produkten (Cannabidiol) für den Laien derzeit schwer verständlich, insbesondere im Bereich der Lebensmittel, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel gehören. Vor der Vermarktung müssen neuartige Lebensmittel auf ihre Sicherheit geprüft und zugelassen werden. Laut EU-Verordnung sind Lebensmittel „neuartig“, wenn sie nicht vor dem 15. Mai 1997 in der Europäischen Union in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet worden sind. Die Einzelsubstanz Cannabidiol wird im Novel Food-Katalog der Europäischen Kommission unter dem Eintrag „Cannabinoids“ als neuartig beurteilt und bedarf somit einer Zulassung nach der Novel Food-Verordnung. Laut Verbraucherzentrale sind CBD-Produkte, die als Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel angeboten werden, ohne Zulassung nicht verkehrsmäßig, ihr Verkauf werde regelmäßig durch Aufsichtsbehörden untersagt. In zahlreichen Städten und Bundesländern gibt es entsprechende Allgemeinverfügungen. (len)