„Mit Diabetes kann man leben“

3 Min
Franz Ringelmann und Maria Mergler engagieren sich in der Selbsthilfegruppe Diabetes im Landkreis Kitzingen. Wegen Corona konnten kaum Veranstaltungen stattfinden. Dabei wäre ein Austausch so wichtig.
Foto: Ralf dieter
Ihren Blutzuckerwert müssen Diabetiker regelmäßig überprüfen. Mittlerweile gibt es auch Alternativen zum Stechen.
Foto: Uni

Franz Ringelmann und Maria Mergler leben seit vielen Jahren mit der Krankheit. Ihren Alltag mussten sie umstellen

Zum Frühstück gibt es ein Tomatenbrot, dazu einen Apfel und eine Banane. Franz Ringelmann hat sich an diesen Start in den Tag gewöhnt. Vor 17 Jahren ist bei ihm Diabetes diagnostiziert worden.

Auch Maria Mergler hat ihr Leben in den letzten acht Jahren umgestellt. 30 Kilo hat sie seither abgenommen. Ein gutes Frühstück am Morgen und dann isst sie den ganzen Tag nichts, bis es zum Abendessen vor allem Gemüse gibt. Auf Fleisch und Süßigkeiten verzichtet sie weitgehend. „Man muss auf diese Krankheit reagieren“, sagt sie und lächelt. Bei der Ernährung hat sie eine Formel für den Verzicht gefunden: „Alles, was gut schmeckt, geht nicht mehr.“

Leben umstellen

463 Millionen Erwachsene leben laut der International Diabetes Federation (IDF) weltweit mit Diabetes. Jede zweite Diabetes-Erkrankung bleibt lange unentdeckt. 232 Millionen Betroffene leben demnach mit Diabetes, ohne es zu wissen. Auch Franz Ringelmann wusste lange nicht, dass er Diabetes hat. „Anders als bei Zahnschmerzen spürt man nichts“, sagt er. „Es tut nichts weh. Das ist das Gemeine daran.“

Ringelmann wurde 2004 in die Klinik Bad Mergentheim eingewiesen. Sein Blutzuckerwert lag bei 16 Prozent. „Normal sind sechs bis sieben Prozent.“ So einen hohen Wert hatten die Ärzte noch nie gesehen. Ringelmann musste sein Leben sofort umstellen. Abnehmen, gesunde Ernährung, Bewegung – und täglich Insulin spritzen. Vor jedem Essen führt er sich das Hormon zu, das den Blutzucker senkt. Immerhin: Mittlerweile muss er sich für die Bestimmung des Blutzuckerwertes nicht mehr stechen, sondern verwendet einen Sensor, der ihm den Wert auf einem Display anzeigt. Die Sensortechnik wird für 90 bis 180 Tage unter der Haut platziert und misst alle fünf Minuten den Zuckergehalt im Fettgewebe. „Die Forschung macht immer wieder Fortschritte“, freut sich der 75-Jährige. Geforscht wird unter anderem in Würzburg.

Fortschritte in der Forschung

Christoph Wanner leitet am dortigen Uniklinikum die Nephrologie, in der es unter anderem um Nieren- und Bluthochdruckerkrankungen geht. Wie die Pressestelle der Uniklinik berichtet, war er einer der ersten, die das Potenzial von sogenannten SGLT2-Hemmern in der Behandlung von Diabetes und Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen erkannt hat. Diese Medikamente helfen laut den Forschungsergebnissen nicht nur bei Diabetes, sie verlangsamen auch das Fortschreiten von Herz- und Niereninsuffizienz – auch bei Patienten ohne Diabetes. Wanner: „SGLT2-Hemmer sorgen dafür, dass vermehrt Zucker über den Urin ausgeschieden wird. Dadurch sinkt der Blutzuckerspiegel und es kann zu einer leichten Abnahme von Gewicht und Blutdruck führen. Gleichzeitig werden Niere und Kreislauf entlastet.“

Maria Mergler und Franz Ringelmann können die Forschungsergebnisse nur Recht sein. Sie gehören zum weitaus häufigeren Typ 2, bei denen der Körper noch Insulin produziert, es aber nicht mehr verwerten kann. „Wenn man diesen Typus rechtzeitig erkennt und sein Leben umstellt, kann er heilbar sein“, sagt Ringelmann. Voraussetzung ist allerdings eine frühzeitige Erkennung. Franz Ringelmann kann allen Menschen deshalb nur empfehlen, ihren Blutzucker regelmäßig beim Arzt messen zu lassen und mögliche Anzeichen ernst zu nehmen.

„Ich war immer sehr müde und durstig“, erinnert sich Maria Mergler im Rückblick und ist froh, vor zehn Jahren zum Arzt gegangen zu sein. Ihr Tipp an junge Menschen: gesund leben, gemäßigt Sport treiben.

Schon Kinder betroffen

Dass die Zahl der Betroffenen steigt, kann sie im eigenen Umfeld beobachten. Mergler kennt Kinder von elf beziehungsweise vier Jahren, die den Diabetes Typ 1 haben. Die Bauchspeicheldrüse hat dabei die Produktion von Insulin eingestellt. „Diese Kinder sind für den Rest ihres Lebens auf Insulin von außen angewiesen“, sagt die 75-Jährige, die Franz Ringelmann schon seit der Schulzeit kennt. Mit dessen Frau Elfriede leiten sie seit Jahren die Selbsthilfegruppe Diabetes im Landkreis Kitzingen, organisieren regelmäßig Veranstaltungen, Vorträge und Fahrten. „Zumindest außerhalb von Corona“, sagt Franz Ringelmann, der den Humor trotz seiner langen Erkrankungen nicht verloren hat. „Mit Diabetes kann man leben“, sagt der 75-Jährige und lacht. „Wenn man nicht vorher stirbt.“

Seit Beginn der Pandemie haben sich die Mitglieder der Selbsthilfegruppe erst einmal treffen können, jetzt soll wenigstens die Weihnachtsfeier am Ende dieses Monats über die Bühne gehen. „Der direkte Austausch ist wichtig“, weiß Maria Mergler und lädt auch alle Nicht-Mitglieder ein, sich zu melden. „Es tut immer gut, über die Krankheit zu reden.“

Selbsthilfegruppe Diabetes: Interessenten können sich bei Maria Mergler unter Tel. 09321/31699 beziehungsweise Franz Ringelmann unter 09324/99850 melden.

Infos zum Diabetes

Typ-1-Diabetes tritt meist bei Kindern auf, daher wird er oft als jugendlicher Diabetes mellitus bezeichnet. Die Bauchspeicheldrüse stellt beim Typ-1-Diabetes die Produktion von Insulin ein, sodass Betroffene für den Rest des Lebens auf Insulin von außen angewiesen sind. Die deutlich häufigere Variante, der Typ-2-Diabetes, tritt in der Regel bei Menschen über 50 auf und wurde deshalb früher auch als Altersdiabetes mellitus bezeichnet, allerdings sind inzwischen deutlich häufiger auch junge Menschen betroffen. Beim Typ 2 sind nur wenige Patienten auf Insulin angewiesen, da der Körper noch Insulin produziert, es aber nicht verwerten kann. Mit einer Lebensstiländerung (unter anderem Diät und mehr Bewegung) und der Einnahme von Medikamenten können die Patienten ihren erhöhten Blutzucker oftmals in den Griff bekommen. Quelle: Uniklinik Würzburg