Drei Kitzinger Stadträte üben Kritik an ihren Kollegen: Zu wenig Transparenz

Die Fraktionen von SPD, Grünen und ÖDP fordern mehr Offenheit gegenüber den Bürgern bei Entscheidungen im Kitzinger Stadtrat. „Wir sind nicht gewählt worden, um nur Wohlfühl-Entscheidungen zu treffen“, so Andrea Schmidt (Grüne), Jens Pauluhn (ÖDP) und Manfred Paul (SPD) in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Verantwortungsvolle Kommunalpolitiker sollten nach ihrem Dafürhalten öffentlich zu ihren Meinungen stehen – auch wenn manche Themen manchmal schwer erklärbar sind.
Jens Pauluhn bedauert, dass Teile des Gremiums in letzter Zeit dazu tendierten, unangenehme Entscheidungen in den nicht-öffentlichen Teil der Sitzung zu verschieben. Er spricht sich auch gegen die Praxis aus, Vorentscheidungen im Vorfeld einer Stadtratssitzung herbeizuführen – in den Fraktionsvorsitzenden-Besprechungen, zu denen OB Stefan Güntner regelmäßig lädt. „Uns fehlt die Diskussion im gesamten Gremium“, betont Pauluhn. „Gerade wenn es um Entscheidungen geht, die nicht so populär sind.“
Als Beispiel führen Andrea Schmidt, Manfred Paul und Jens Pauluhn die Vorgänge rund um die Einstellung eines Klimaschutz- beziehungsweise Altstadtmanagers an. In den öffentlichen Haushaltsberatungen im Februar letzten Jahres war man sich im Gremium noch einig gewesen: Die Stadt soll auf Antrag der ÖDP einen Klimaschutz-Manager bekommen. Danach passierte jedoch erst einmal wenig, bis Oberbürgermeister Güntner die geplante Ausschreibung im Dezember 2020 verkündete. Auf Antrag des SPD- Fraktionsvorsitzenden Manfred Paul wurde mit einer klaren Mehrheit sogar die unbefristete Einstellung beschlossen statt der bisher geplanten Befristung.
Kaum zwei Monate später setzen Teile des Stadtrates auf eine Vollbremsung, wie die drei kritisieren. Hinter verschlossenen Türen wurde der Antrag gestellt, die Stelle des Klima- und Nachhaltigkeitsmanagers zu streichen. „Und wenn man schon beim Streichen war, sollte auch der ebenfalls im Februar 2020 einstimmig beschlossene Altstadtmanager aus dem Personalplan gestrichen werden“, ärgert sich Pauluhn. Argumentiert wurde nach seinen Informationen mit dem fehlenden Geld in Corona-Zeiten und damit, dass ein Altstadtmanager in Corona-Zeiten sowieso nichts machen könne.
Kritik zielt nicht auf OB Stefan Güntner
Eine Diskussion, die man in öffentlicher Sitzung hätte führen sollen, wie die drei Fraktionsvorsitzenden meinen. Genauso wie beim Thema Notwohngebiet. Wenn Bewohner in andere Viertel Kitzingens verlegt werden sollen, dann habe die Bevölkerung ein Recht darauf zu wissen, wohin. Aus dem Hintergrund heraus zu agieren, bringe nichts. „Wir sollten solche Themen im gesamten Gremium besprechen“, fordert der ÖDP-Fraktionsvorsitzende.
OB Stefan Güntner ist keinesfalls die Zielscheibe der Kritik, betont Pauluhn auf Nachfrage. Im Gegenteil: Güntner versuche, möglichst alle Stadträte und Fraktionen in die Entscheidungen einzubinden und habe beispielsweise die Diskussion um die Anstellung des Altstadtmanagers gerettet, indem er den Antrag umformulierte und eine Verschiebung der Einstellungen bis zum 1. Januar 2021 zur nichtöffentlichen Abstimmung stellte. Der Aufforderung von ÖDP und Grünen diese Entscheidung einschließlich Antragsteller öffentlich zu machen, kam er jedoch nicht nach. „Warum Stadträte in öffentlichen Sitzungen des Kreistages für einen Klimaschutzmanager entschieden haben und im Stadtrat dagegen wird die Öffentlichkeit somit nie erfahren“, kritisiert Andrea Schmidt. Unverständlich auch deshalb, weil sowohl Klimaschutzmanager als auch Altstadtmanager mit bis zu 70 Prozent aus staatlichen Fördermitteln gefördert werden. „Dabei zeigt ein Blick auf andere vergleichbare Kommunen, was alles sofort machbar wäre. Der Klimawandel wird durch Corona schließlich nicht gestoppt“, ergänzt Jens Pauluhn.
Forderung: Offenheit gegenüber Bürgern
Und noch ein Punkt treibt ihn und seine beiden Vorsitzenden-Kollegen um. In der letzten Sitzung des Stadtrates stellten die Grünen einen Antrag auf namentliche Abstimmung, als es um die Auftragserteilung zur Aktualisierung des Einzelhandelsentwicklungskonzeptes ging. Entgegen der bisherigen Gepflogenheiten lehnte eine Stadtratsmehrheit die namentliche Abstimmung ab. „Diese Ablehnung kam im Wesentlichen von den Stadträten, die später gegen die Erstellung dieser wichtigen Datenbasis gestimmt haben“, stellt Manfred Paul fest. Jens Pauluhn folgert daraus eine Anforderung an die Kollegen im Gremium: „Wir müssen öffentlich diskutieren und auch zu unserer Meinung stehen.“ Warum in nicht-öffentlichen Sitzungen anders debattiert wird als in öffentlichen, will ihm nicht in den Sinn. „Eine Offenheit im Gremium ist letztendlich gleichbedeutend mit einer Offenheit gegenüber den Bürgern“, sagt er.
Gespannt blicken die drei auf diesen Donnerstag. Dann werde sich zeigen, wie es mit der im Wahlkampf von allen Parteien versprochenen Transparenz und Bürgernähe tatsächlich gehalten wird. In öffentlicher Sitzung soll darüber abgestimmt werden, ob die Stadtratssitzungen zukünftig auch als Ergänzung zur wichtigen Presseberichterstattung im Livestream verfolgt oder in einer Mediathek zu einzelnen Themen nachvollzogen werden können. Die ehemaligen Oberbürgermeisterkandidaten Andrea Schmidt, Bianca Tröge (ÖDP) und Manfred Paul haben sich einst dafür ausgesprochen – genauso wie der amtierende Oberbürgermeister Stefan Güntner.