Kultur als Chefsache

Die Vielfalt der Kultur- und Bildungsangebote in Kitzingen ist groß – aber es fehlt an Koordination, es fehlt an Unterstützung. Diese Kritik brachten die Kulturschaffenden am Montagabend bei einer Podiumsdiskussion im Roxy-Kino vor. Die fünf Kitzinger Oberbürgermeisterkandidaten sagten Ihnen Besserung zu – auch wenn ihre Lösungsansätze unterschiedlich waren.
Ins Roxy-Kino hatte der Arbeitskreis Kultur/Bildung/Tourismus die OB-Kandidaten Stefan Güntner (CSU), Manfred Paul (SPD), Dr. Uwe Pfeiffle (FW/FBW), Andrea Schmidt (Die Grünen) und Bianca Tröge (ödp) eingeladen – ein Ort, der die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft der Kitzinger Kultur symbolisiert, wie Moderator Ralf Dieter, Redaktionsleiter der Kitzinger Zeitung, sagte. Dank des großen Einsatzes der Ehrenamtlichen, aber auch der Unterstützung der Stadt, sei es möglich gewesen, dem einst geschlossenen Kino wieder eine Zukunft zu geben – eine Vision zu verwirklichen. Und wie sieht die Vision der OB-Kandidaten im Bereich Kultur/Bildung/Tourismus in Kitzingen aus?
Welche Vision?
Für Bianca Tröge ist das ein Kulturamt, in dem alle Termine, alles Organisatorische gebündelt wird, eine Veranstaltungs-Homepage erstellt und gemeinsam auf Messen geworben wird. Andrea Schmidt sieht die Kultur und Bildung als Herzensangelegenheit, will sie zur Chefsache machen. Sie bezeichnete die Kultur ebenso wie Dr. Uwe Pfeiffle als weichen Standortfaktor, der die Menschen nach Kitzingen bringe und sie hier halte. Nach Ansicht von Manfred Paul (SPD) prägen Kunst und Kultur eine Stadt. Auch er hält ein Kulturamt für nötig und sprach zusätzliche Veranstaltungsräume an, beispielsweise in den Räumen der Polizeiinspektion, die nach dem Umzug der Beamten frei werden. Stefan Güntner (CSU) betonte, dass es nicht richtig sei, wenn immer behauptet werde, in Kitzingen sei nichts los – das mache allein die Zahl der Veranstaltungen in der Alten Synagoge deutlich. „Diese Prägung müssen wir aus den Köpfen kriegen.“Gerade freie Kulturschaffende seien in Kitzingen auf sich alleine gestellt, kritisierte Karin Böhm, die unter anderem für die Häckerbühne tätig ist. In Kitzingen fehle ein Ansprechpartner, der koordiniere, aber auch über Fördertöpfe informiere. Andrea Schmidt will einen beschließenden Kulturausschuss mit eigenem Budget ins Leben rufen. Zudem sei eine gemeinsame Plattform nötig, um die Veranstaltungen zu koordinieren. Für Bianca Tröge sollen auch die Ehrenamtlichen in einem Kulturamt Gehör und Unterstützung finden. Dr. Uwe Pfeiffle sprach von einer koordinierenden Stelle, als Amt oder Referat. Klar sei, dass die Stadt sich hier verstärken müsse. Es gebe in Kitzingen viele kulturelle Einrichtungen und Angebote. „Wir müssen das nur zusammenbringen und nach außen tragen.“
Finanzielle Förderung?
Manfred Paul hält es für wichtig, die kulturelle Vielfalt in Kitzingen zu unterstützen und weiter voranzutreiben, zumal Kultur auch Marketing und damit Wirtschaftsförderung sei. Stefan Güntner wollte sich von der Bezeichnung „Amt“ lösen. „Wir haben in der Vhs, Stadtbücherei oder Musikschule kompetente Leute. Wen sollen wir da drüber stellen?“, fragte er. Es gehe eher darum, ihnen jemanden für Marketing oder Veranstaltungsplanung zur Seite zu stellen. Aus den Reihen der Zuschauer wurde auch der Aspekt der finanzielle Förderung für freie Kulturschaffende angesprochen. Manfred Paul und Andrea Schmidt wiesen auf die Wichtigkeit von derzeit noch fehlenden Kulturförderrichtlinien hin. Insgesamt sagten alle Kandidaten den Kulturschaffenden eine größere Unterstützung zu – zumal der Stadtrat 2016 beschlossen hatte, einen Runden Tisch Kultur einzuführen, der dann aber kein einziges Mal getagt hatte. „Beschlüsse sind umzusetzen“, so der Tenor der Aussagen aller Beteiligten. Uwe Pfeiffle erklärte, es habe eine Arbeitsgruppe gegeben, an der er teilgenommen habe. „Die Sache hat sich totgelaufen, weil sie von einer Struktur- in eine Personaldiskussion überging.“ Die Arbeit des Stadtmarketingvereins, der unter anderem zahlreiche Feste, Märkte und den Stadtschoppen organisiert, wurde von allen gelobt. Dieser müsse weiter unterstützt (Andrea Schmidt) beziehungsweise noch mehr eingebunden werden (Manfred Paul). Bianca Tröge sagte, als Geschäftsinhaberin sehe sie, wie viel der Verein auch ehrenamtlich leiste, ohne dass es abgerechnet werde.
Neuer Slogan?
Frank Gimperlein, Vorsitzender des STMV, fragte die Kandidaten nach ihrer Vision und Markenbildung. Der Slogan: „Die grüne Stadt im Fluss“ gefällt da nicht jedem. Uwe Pfeiffle missfällt beispielsweise der politische Aspekt, der in der Wortwahl „grüne Stadt“ steckt. Stefan Güntner würde gern mit den Bürgern erarbeiten, ob Kitzingen überhaupt noch die „grüne Stadt“ sei, zumal der Slogan unter dem Eindruck von Gartenschau und Entente Florale vor mehreren Jahren entstand. Bianca Tröge sieht die Bezeichnung als Arbeitstitel, der passe, gerade im Zeichen des Klimaschutzes.
Und wo hat die Kultur in Kitzingen einen Raum? Bianca Tröge meinte, es gebe diverse Orte für kulturelle Veranstaltungen – das Stadtteilzentrum, Kirchen, die Sickerhalle, die Fastnachtsakademie und mehr. Manfred Paul könnte sich ein Stadtteilzentrum in den Räumen der Polizei vorstellen, wo auch Vereine unterkommen könnten. Mehrere Teilnehmer sagten, es gebe in der Innenstadt einige interessante Gebäude, die auch für Vereine genutzt werden könnten – ein wichtiger Aspekt nach dem Aus des Bürgerzentrums, das einem Hotel weichen muss. Sie signalisierten Gesprächsbereitschaft mit den Verantwortlichen des Bürgerzentrums und den Vereinen, auch wenn die Fronten derzeit verhärtet seien. „Es muss ein Neuanfang her“, forderte Manfred Paul.
Veranstaltungshalle?
Als beschämend bezeichnete es Thomas Most, der selbst in einer A-Capella-Gruppe singt und früher den Stadtmarketingverein leitete, dass es in Kitzingen keine Räume für große Veranstaltungen gebe und deshalb häufig weit weniger Konzertkarten verkauft werden könnten als Nachfrage vorhanden sei. Uwe Pfeiffle und Stefan Güntner wiesen darauf hin, dass sie versucht hätten, eine Veranstaltungshalle auf den Weg zu bringen, die Mehrheit des Stadtrates das aber nicht wollte – eine Ablehnung, die auch Manfred Paul nicht nachvollziehen kann. „Das werde ich nach der Wahl noch mal angehen“, so Pfeiffle. Mehrfach wurde die Idee des Hangars im ConneKT dafür wieder ins Gespräch gebracht, beispielsweise auch für Veranstaltungen im Freien. „Da draußen stört das niemanden“.
Erster Akzent
Was würden die Kandidaten als Oberbürgermeister als erstes angehen im Bereich Kultur/Bildung/Tourismus? Für Andrea Schmidt ist es ein Bürgerzentrum in der Stadt. Uwe Pfeiffle möchte eine Struktur schaffen, die es ermöglicht, Veranstaltungen ein ganzes Jahr zu planen und zu koordinieren, so dass Bürger und Veranstalter gleichermaßen einen Überblick haben. Manfred Paul möchte den Runden Tisch Kultur einberufen, um ein gemeinsames Konzept für die Zukunft zu erarbeiten. Stefan Güntner möchte einen Ansprechpartner für die Kultur schaffen und die Arbeit mit den Kulturschaffenden abstimmen. Bianca Tröge würde ein grünes Klassenzimmer und ein Repaircafé einrichten, „da geht es um Nachhaltigkeit und Bildung“.