Jens Schellhase sucht jemanden, der sein Geschäft, Schreib- und Bürowaren Högner, übernimmt. Auch viele andere Einzelhändler in Kitzingen werden in den nächsten Jahren ihre Nachfolge regeln müssen.
Wer will übernehmen? Diese Frage stellt Jens Schellhase schon seit einiger Zeit. Weil er sich beruflich verändern will, sucht er einen Nachfolger für Schreib- und Bürowaren Högner. Auch andere Geschäftsleute in der Kitzinger Innenstadt werden sich in den nächsten Jahren mit dieser Frage beschäftigen müssen. „Das ist ein großes Zukunftsthema“, sagt Frank Gimperlein, Vorsitzender und Geschäftsführer des Stadtmarketingvereins Kitzingen.
„Schulanfang ohne Schreibwaren Högner? Kitzinger Traditionsladen schließt“, lautet die Überschrift einer Pressemitteilung, mit der sich Jens Schellhase an die Öffentlichkeit gewandt hat. Wobei er einen Zusatz anfügt: „Wenn sich kein Nachfolger findet.“ Denn sein Ziel ist es, dass die Kunden im Geschäft in der Alten Burgstraße weiterhin mit Schul- und Bürobedarf, Bastelmaterial, Saisonwaren, Präsentartikeln und Grußkarten versorgt werden. Wenn auch nicht mehr von ihm.
Corona ist nicht der Grund für die Schließung
Mit Corona habe die Entscheidung, das Geschäft abzugeben, nichts zu tun, betont Jens Schellhase, sie sei schon vor drei Jahren gefallen, also lange vor der Pandemie. Das Geschäft laufe gut. Aber er wolle sich beruflich neu orientieren, etwas anderes ausprobieren, mehr Zeit für die Familie haben. Trotzdem möchte Schellhase gern, dass der „Högner“ erhalten bleibt. Weil das Geschäft eine über 100-jährige Tradition hat. Für seine Kunden. Und für seine fünf Mitarbeiter. Seit längerem sucht er deshalb einen Nachfolger. Zunächst überregional. „Das war ein Fehler“, sagt Schellhase inzwischen, denn fündig wurde er nicht. Erst seit er jetzt auch auf lokaler Ebene darüber informiert, dass er aufhören will, melden sich Interessenten. „Aber es ist noch nichts in trockenen Tüchern.“
Nur durch eine Hauswand getrennt von Jens Schellhase sitzt Frank Gimperlein im benachbarten Büro des Stadtmarketingvereins. Er kennt die Problematik, die sich auf der Suche nach Nachfolgern auftut. „Das Thema beschäftigt uns sehr.“ Der Grund dafür ist eigentlich ein sehr positiver: In Kitzingen gibt es noch viele inhabergeführte Geschäfte. „Das ist etwas Besonderes“, betont Gimperlein und spricht von einem Alleinstellungsmerkmal. Allerdings seien etwa 80 Prozent der Gewerbetreibenden in der Innenstadt über 50 Jahre alt. Damit sei vorhersehbar, dass sich einiges ändern werde.
Erste Option für eine Nachfolge seien in der Regel die Kinder. Früher war es fast selbstverständlich, dass ein Geschäft innerhalb der Familie weitergegeben wurde. Doch inzwischen habe sich das verändert, vor allem, weil der Einzelhandel „nicht gerade sexy“ ist, wie Frank Gimperlein es ausdrückt. Wenig attraktiv für junge Leute, meint er damit, vor allem, weil viel Zeit investiert werden muss. Dazu sei nicht jeder bereit.
Für die Übernahme sind realistische Vorstellungen das A und O
Wenn es einen Nachfolger innerhalb der Familie gibt, sei es wichtig, die Weichen frühzeitig zu stellen und zu investieren, damit die Kinder eine Perspektive haben. Bei Winzern laufe das oft sehr gut, im Einzelhandel gebe es da noch Nachholbedarf.
Wer keinen Nachfolger in der Familie hat, findet womöglich jemanden unter seinen Mitarbeitern. In Kitzingen gebe es verschiedene Beispiele, wo das sehr gut gelungen sei, sagt Frank Gimperlein. Die Mitarbeiter kennen das Geschäft, wissen oft schon, was gut läuft und was nicht. Ein Einblick, der wichtig ist, um ein Geschäft für die Zukunft aufzustellen. Der muss auch dann gegeben werden, wenn ein bislang Fremder das Geschäft übernimmt. Transparenz sei wichtig, man müsse das Zahlenwerk kennen, um sich für die Zukunft zu rüsten. „Da geht es um Fragen wie:Welcher Artikel wird auf wie vielen Quadratmetern angeboten und bringt wie viel Umsatz?“, nennt Gimperlein ein Beispiel.