Eine Ausstellung über die Sahara überrascht mit interessanten Verbindungen zur Kitzinger Geschichte.
Ein Rundgang durch das Kitzinger Stadtmuseum gleicht im Moment einem Hindernislauf. Leere Vitrinen stehen im Gang, Exponate liegen auf Tischen, Teppiche stapeln sich übereinander. An manchen Stellen kann man hingegen schon erahnen, wie viel Mühe sich die Mitarbeiter mit ihrer neuen Ausstellung geben. Gut zwei Jahre läuft die Planung bereits. Das Ziel: Den Menschen in Kitzingen die Sahara näher bringen.
Auf den ersten Blick überrascht das Thema – die Nordafrikanische Wüste ist weit weg und hat scheinbar wenig mit den Kitzinger Weinbergen gemein. Doch der erste Eindruck täuscht. Auf den zweiten Blick gibt es viele Anknüpfungspunkte und überraschende Parallelen.
Das beginnt beim Wasser. „Kitzingen ist ja die Sahelzone Deutschlands“, sagt Museumsleiterin Stephanie Falkenstein scherzhaft. Doch es steckt auch ein Körnchen Wahrheit darin. Tatsächlich war und ist Wasser auch auf der Fränkischen Trockenplatte ein Problem. Und nicht umsonst ist Kitzingen der heißeste Ort in Deutschland.
Parallelen zeigen sich dabei an überraschender Stelle: Die nomadischen Bewohner der Sahara transportieren Wasser in gebundenen Gefäßen. Im Raum Kitzingen wurden indes uralte Tongefäße gefunden – mit verblüffenden Ähnlichkeiten zu den geflochtenen Pendants aus Nordafrika. Sogar die Maserung erinnert an die Vorbilder. Kein Wunder, denn: „Woher kamen die europäischen Einwanderer vor zig tausend Jahren?“, fragt Falkenstein und liefert die Antwort gleich mit: „Aus Afrika.
“ In Kitzingen hängen jetzt beide Stücke nebeneinander.
Die Ausstellung widmet sich aber auch der jüngeren Geschichte – und auch da gibt es spannende Zusammenhänge. „Kitzingen war im 18. Jahrhundert Teil des globalen Dreieckhandels“, erzählt Dr. Erhard Schulz, der große Teile der Ausstellung konzipiert und die großflächigen Illustrationen selbst gemalt hat. Damals wurden unter anderem auch Sklaven in die USA transportiert, exotische Produkte wie Kakao, Zucker und Kaffee kamen über die Sahara nach Europa. Und eben auch nach Kitzingen. „Der Handel machte damals viele Kitzinger Handelsfamilien reich“, erklärt Falkenstein. „So reich, dass sogar die Würzburger sich über die Dekadenz der Kitzinger beschwerten.“ Doch Reichtum und Not, Luxus und Bankrott, lagen nah beieinander. „Wenn nur eins der Handelsschiffe unterging, bedeutete das oft den finanziellen Ruin.“
Auch wenn vielen Menschen die Sahara heute fremd vorkommt – bis heute gibt es enge Verknüpfungen mit der unwirtlichen Region. Heute jedoch meist mit negativer Konotation. Die Sahara ist wichtige Handelsroute für Waffen, Drogen und Menschen. „Die Methoden heute unterscheiden sich kaum von denen damals“, erklärt Schulz. In der brutalen Umwelt ist es bis in die Moderne nötig, auf traditionelle Wege der Orientierung zurückzugreifen.
Die Menschen, die aus Ländern wie Äthiopien oder Eritrea nach Europa und auch in den Landkreis flüchten, müssen durch die trostlose Wüste. Viele von ihnen sterben auf dem Weg. Die riesige, staubtrockene Region ist bis heute sehr gefährlich. Und nicht nur die Natur macht den Menschen zu schaffen. Verbrecherbanden, Terrorismus und Bürgerkriege machen die Sahara zu einem der unsichersten Orte der Welt. Auch das ist Thema der Kitzinger Ausstellung.