Ihr Traumjob ist die Gastronomie

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Ein seltenes Jubiläum: Ellen Sauer arbeitet seit 50 Jahren in der Gastronomie. Darauf stoßen die langjährigen Stammgäste der Goldenen Krone Iphofen natürlich freudig mit der Servicekraft an ...
Foto: Daniela Röllinger
Wolfgang Dressel wusste schon als Zehnjähriger, dass er Koch werden will. Inzwischen sorgt der Küchenchef der Goldenen Krone in Iphofen schon seit 30 Jahren für das Wohl der Gäste.
Foto: Daniela Röllinger
Ein eingespieltes Team: Chefin Renate Roßkopf bedankte sich beim Ehrungsabend für die langjährige und engagierte Zusammenarbeit im Gasthof Goldene Krone bei Marga Popp (Ehrung für 70 Jahre), ...
Foto: Roßkopf

Ellen Sauer und Wolfgang Dressel sind auch nach Jahrzehnten noch begeistert dabei.

Wenn viel zu tun ist, ist es ein Knochenjob und die Arbeitszeiten sind nicht unbedingt familienfreundlich. Doch Ellen Sauer und Wolfgang Dressel würden ihre Berufe für nichts in der Welt eintauschen. Sie arbeiten in der Gastronomie – und das schon seit 50 beziehungsweise 30 Jahren. Ihre Begeisterung hat in all der Zeit nicht nachgelassen.

Rund um die Weihnachtszeit ist es üblich in den Betrieben, Dank zu sagen an die Mitarbeiter für die Leistung, die sie das Jahr über erbracht haben. Und Mitarbeiter zu ehren, die seit längerem im Betrieb sind. In der Goldenen Krone in Iphofen konnte Chefin Renate Roßkopf heuer zwei besondere Jubiläen verkünden: Servicekraft Ellen Sauer ist seit einem halben Jahrhundert für die Gäste der Traditionsgaststätte am Iphöfer Marktplatz da und Koch Wolfgang Dressel sorgt seit drei Jahrzehnten für das leibliche Wohl. In Zeiten, in denen es immer schwieriger wird, Service- und Küchenmitarbeiter zu finden, in denen manche Gaststätten gar schließen, weil sie kein Personal mehr finden, sicherlich eine Besonderheit.

Zur Kirchweih 1968 hat Ellen Sauer zum allerersten Mal in der Goldenen Krone bedient. „Wir haben sie ins kalte Wasser geworfen“, sagt Seniorchefin Bärbel Roßkopf lachend. Die beiden Frauen kannten sich da schon lange, sie sind im gleichen Alter. Die damalige Wirtin, die heute 89-jährige Marga Popp, hatte die Idee, mal bei Ellen Sauer anzufragen, ob sie nicht Lust hätte zu bedienen. Eigentlich hatte sie Einzelhandelskauffrau gelernt und arbeitete in einem Lebensmittelladen.

Fingerspitzengefühl ist gefragt

Nebenbei ein bisschen Geld dazuzuverdienen, das gefiel Ellen Sauer, auch wenn der Einstieg es in sich hatte. Viele Gäste, viele Bestellungen, auch die Speisekarte musste sie erst mal kennenlernen. „Was ist das für ein Essen?“, habe sie öfter fragen müssen, erzählt sie. „Kalbsleber Berliner Art mit Äpfeln“, sagt Bärbel Roßkopf wie aus der Pistole geschossen – auch sie hat die damaligen Dialoge nicht vergessen.

Ellen Sauer hat schnell gelernt, was eine gute Servicekraft ausmacht: „Freundlich muss man sein, höflich und zuvorkommend“, zählt sie auf. Freude daran haben, die Gäste zu verwöhnen und das geht schon bei einem schön gedeckten Tisch an. Man muss Gerichte und Getränke kennen, Empfehlungen aussprechen können. Man muss umsichtig sein, sehen, wenn ein Glas leer ist oder der Teller abgeräumt werden kann. Und man braucht Fingerspitzengefühl. „Ich merke schnell, wie ich mit den Leuten umgehen muss. Mit wem ich ein Späßchen machen kann und mit wem nicht.“

Zunächst arbeitete Ellen Sauer nebenher in der Krone, nach zwei Jahren sattelte sie ganz um. „Hier hat es mir gefallen“, sagt sie, „die Gäste sind nett, es herrscht ein gutes Klima“. Vor allem aber hat sie viel mit Menschen zu tun. Und sie hat sich um viele gekümmert in all der Zeit. Manche Stammgäste kommen seit 50 Jahren, „da kenne ich schon die Kinder und die Enkel“.

Am Tisch im Gastraum sitzen vier Männer und spielen Karten. Sie leben im Allgäu, haben über die Firma Knauf Kontakt nach Iphofen bekommen. Seit weit mehr als 40 Jahren kommen sie schon in das Gasthaus am Marktplatz, alle zwei Monate sitzen sie hier am Tisch, karteln, machen ihre Späße, bekommen von Ellen Sauer und ihren Kollegen Schoppen und Essen gebracht. Diesmal setzt sie sich dazu, gemeinsam stoßen sie auf ihr 50-jähriges Jubiläum an. Solche Stammtische gibt es nicht mehr allzu viele, bedauert Bärbel Rosskopf. Auch sonst hat sich so manches geändert in der Gastronomie. Früher saßen die Gäste oft bis spät in den Abend beisammen, bevor sie in ihre Zimmer gingen. Man hat Kontakte geknüpft, miteinander geplaudert, gelacht und auch mal gesungen. Das ist seltener geworden. Viele sitzen lieber alleine am Tisch, schauen ins Handy und Tablet, ziehen sich gleich nach dem Essen zurück. „Die Zeiten sind halt anders geworden“, gibt Chefin Renate Roßkopf zu bedenken.

Leidenschaftlicher Koch

Das merkt auch Wolfgang Dressel. Immer mehr Gäste haben besondere Anliegen – und das geht weit über vegetarisches oder veganes Essen hinaus. Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten müssen berücksichtigt werden. Eine Herausforderung, die dem Koch Spaß macht. Keine Butter, kein Mehl, keine Milch – da gilt es, die Gerichte umzugestalten oder notfalls auch mal etwas ganz anderes vorzuschlagen. „Unser Ziel ist es immer, dass die Gäste mit den Gerichten zufrieden sind.“ Die regionale Küche ist ihm wichtig, Wildgerichte und Fischgerichte sind die Spezialitäten von Wolfgang Dressel, was auch die Auszeichnung des Gasthauses mit dem „Goldenen Fisch“ belegt.

Wolfgang Dressel hat 1988 seine Lehre in der Goldenen Krone bei Seniorchef und Küchenmeister Georg Roßkopf begonnen und steht heute noch mit voller Leidenschaft Tag für Tag am Herd. „Ich habe schon mit zehn Jahren gewusst, dass ich Koch werde“, sagt er – und er hat die Entscheidung nie bereut. Morgens um 9 Uhr beginnt sein Arbeitstag, das Fleisch wird vorbereitet, die Soßen werden angesetzt, die Suppen gekocht. Mittags von 11.30 bis 14 Uhr und dann wieder ab 18 Uhr werden die Gerichte der „großen Karte“ serviert, da ist für ihn am meisten zu tun. Dass er zwischendurch Pause hat, stört ihn nicht, im Gegenteil. „Ich möchte das nicht missen. Wenn ich mal zum Arzt oder zu einer Behörde muss, brauch' ich keinen Urlaub zu nehmen.“ Auch die Sonntagsarbeit macht ihm nichts aus. „Die Familie zieht da mit.“

Etwa 16 Mitarbeiter hat Renate Roßkopf in ihrem Gasthaus. Neue zu finden, ist nicht einfach, obwohl sie auch Hotelfachleute ausbildet. In diesem Jahr blieb der Ausbildungsplatz unbesetzt, obwohl sie annonciert hatte, in Zeitungen, auf online-Portalen, über die Agentur für Arbeit. Dabei wird im Gespräch mit ihr und ihren beiden Jubilaren deutlich, welche Türen sich durch eine Ausbildung in der Gastronomie öffnen können. Eine ehemalige Mitarbeiterin ist weltweit unterwegs, war schon in Australien, Neuseeland und Asien, eine andere lebt und arbeitet heute in der Schweiz, ein dritter ist Koch auf einem Kreuzfahrtschiff. Sie alle schauen immer mal wieder vorbei in ihrem Ausbildungsbetrieb – und bei den „alten Hasen“ Ellen Sauer und Wolfgang Dressel.