"Hunde sind keine Kinder im Fellkostüm"

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Den "Hundeflüsterer" Marcel Combé nerven Hundehalter durch ihre Fehlverhalten

Marcel Combé heißt der wohl bekannteste Hundetrainer in Franken. Der Nürnberger Tier-Experte findet, dass viele Halter ihre Hunde zu sehr vermenschlichen. Wie ein harmonisches Zusammenleben von Zwei- und Vierbeinern funktionieren kann, erklärt er im Interview.

Herr Combé, haben Sie als Hundetrainer einen Lieblingshund?

Marcel Combé: Ja, meine Lieblingshunderassen sind der Rottweiler und der Dackel. Beide haben ihren eigenen Kopf. Zurzeit habe ich aber wieder eine andere Rasse als Notfall daheim sitzen. Einen sieben Jahre alten Deutschen Schäferhund mit krummen Knochen. Er ist ein ausgemusterter Diensthund. Der gesundheitliche Allgemeinzustand des Tieres ist leider schlecht. Aber wenn man einmal mit dem Tierschutz angefangen hat, dann kann man damit nicht mehr aufhören und stellt seine persönlichen Vorlieben eben hinten an. Deswegen bin ich wieder beim kranken Deutschen Schäferhund gelandet. Es ist wirklich eine Schande, was aus dieser Rasse gemacht worden ist.

Inwiefern eine Schande?

Der Schäferhund ist ein Pflegefall. Den hat man total überzüchtet. Dabei war wohl auch viel Geldgier im Spiel. Bei meinem aktuellen Pflegefall handelt es sich um einen Wachhund von der Bundeswehr, der ein Leben lang draußen in einem Zwinger gelebt hat. Aber den bekommen wir schon wieder hin – mit viel Liebe, Ruhe und gutem Fressen. Nach dem Leben als Wachhund sehnt sich Aragon jetzt einfach nach Ruhe und Geborgenheit.t

Von welchen Hunderassen raten Sie Menschen in der Großstadt ab?

Herdenschutzhunderassen wie Kangal oder Maremmano sowie Hütehunde wie Aussie oder Border sind ein absolutes No-Go in der Innenstadt. Diese Hunde sind Arbeitstiere! Wenn sie nicht artgerecht ge- und unterhalten werden, kommt es sehr, sehr häufig zu unschönen Beißvorfällen. Da kann es dann leider auch schon mal passieren, dass der nette Australian Shepherd in der Wohnung Frau Holle gespielt hat, wenn man abends von der Arbeit nach Hause kommt. Oder der Herdenschutzhund es gar nicht einsieht, dass der neue Kollege, den man auf einen Kaffee mit nach Hause eingeladen hat, jetzt als Fremder mit in „seine Herde“ hineindürfen soll.

Welche Hundehalter nerven Sie am meisten?

Am meisten nervt mich an den Leuten heutzutage, dass sie glauben, sie haben keinen Hund, sondern ein Kind, das in ein Fellkostüm eingenäht ist. Hunde leben in einer Gesellschaftsordnung, die sich Hierarchie nennt. Hunde brauchen Führer. Damit meine ich natürlich keine Diktatoren. Aber Demokratie bedeutet für jeden Hund Anarchie. Diesen ganzen sozialpädagogischen Irrsinn, den wir zum Teil mit unseren Kindern veranstalten, möchten viele Tierfreunde gerne auch auf ihre Hunde übertragen. Dabei sehen diese Hundehalter gar nicht, welche Gefahren sie mit ihrem Fehlverhalten beispielsweise für Kinder heraufbeschwören.

Was meinen Sie damit genau?

Warum werden heutzutage viele kleine Hunde von großen Hunden so schwer verletzt? Warum werden Kinder attackiert? Manche Leute glauben ja immer noch: „Mein Kind hat ein Spielzeug, also braucht mein Hund auch ein Spielzeug.“ Also fährt man in einen Hunde-Futtertempel und sucht sich Spielzeug für den Hund aus. Meistens fällt die Wahl auf quietschige Spielsachen. Jetzt fangen Sie an, logisch zu denken: Als Erstes mache ich den Hund wild auf ein Beutetier. Dann schmeiße ich es weg von mir, der Hund beginnt zu hetzen. Der Hund fängt die Beute, beißt in sie hinein, bis sie irgendwann nicht mehr quietscht.

Für den Hund ist das kein Spielen?

Das Schütteln ist keine Freude, sondern damit bricht der Hund seiner Beute das Genick. Der Hund beißt noch weiter darauf herum und reißt daran, bis irgendwann Ruhe ist.

Was macht das kleine Tier, was macht das kleine Kind, das vor einem Hund wegrennt? Es schreit! Aus was für einem Material sind die meisten Quietschspielzeuge? Aus einem weichen Material wie Gummi, dass sich wie unsere Haut anfühlt.

Ein Tier bleibt also ein Tier…

Man kann auch mit mehreren Tierarten – wir haben ja Katzen, Pferde, Hunde und Hühner zuhause – friedvoll und harmonisch zusammenleben, ohne dass ich permanent mit einem Leckerli vor Hund, Katze, Maus herumspringen und mich zum Clown machen muss.

Wie lautet Ihr Geheimrezept?

Ich bin der Beste in meiner Tierherde. Darum laufen meine Hunde mir hinterher und vertrauen mir als echtem Leithammel (lacht).

Haben Sie deswegen das Buch über das Tollhaus Tierheim geschrieben, um anderen Tierfreunden die Augen zu öffnen?

Ja. Ich habe so viele interessante und teilweise so außergewöhnliche Geschichten erlebt, dass es einfach zu schade wäre, sie nicht niederzuschreiben. Das Schöne an den Geschichten aus dem Tierheim ist, dass sich so viele Tierfreunde im Tierschutz engagieren. Die müssen das wieder gerade biegen, was andere Leute durch ihr Fehlverhalten und Unwissen leider bei den Tieren kaputt gemacht haben.

Das Interview führte Nikolas Pelke.

Mit Herz und Hirn

Buch: „Von Schoßhunden und Menschenfressern – Tollhaus Tierheim“ heißt das aktuelle Buch von Marcel Combé. Auf 244 Seiten präsentiert der Hundetrainer darin spannende, lustige und leider manchmal auch traurige Kurzgeschichten aus dem Tierheimalltag.

Autor: Marcel Combé betreibt in Nürnberg eine Hundeschule. Bekannt geworden ist Combé durch Fernsehshows wie „Menschen, Tiere & Doktoren“. In der tierischen Doku-Soap hat Combé oft versucht, die schwierigsten Hunde mit Herz und Verstand wieder in den Griff zu bekommen.

Vorschaubild: © Foto: Nastasja Garcia