Hohe Schule Export

3 Min
Auf Qualität kommt es an, besonders um im Ausland Fuß zu fassen.
Thomas Obermeier
(huGO-ID: 30092585) Obervolkach, Gründleinsmühle, Mühle, Müller, von Fam. Englert FOTO Thomas Obermeier
Thomas Obermeier
Eine moderne Mühle ist kompliziert – genauso wie die ersten Schritte im Export.
Fotos: Thomas Obermeier
Jürgen Englert führt die Gründleinsmühle in der vierten Generation, unterstützt von Gattin Anja und Mutter Ilse Englert.
Thomas Obermeier

Im neuesten teil unserer Serie zu lokalen Unternehmen ganz global: Der erste Schritt der Gründleinsmühle ins Ausland war ungewiss - hat sich aber gelohnt.

„Ich stand da wie ein Schulmädchen“, erzählt Anja Englert und lacht. „Der Zollbeamte hat mich ganz schön abgekanzelt: Was willst du denn mit dem Wisch, das müssen wir wohl erst mal üben!“ Schließlich hat die erste Lieferung in die Schweiz doch noch geklappt. Und heute ist das Geschäft mit dem Nachbarland Routine. Ausfuhranmeldungen sind binnen weniger Minuten übers Internet erledigt.

Anja Englert sitzt an einem alten, restaurierten Tisch, hinter ihr steht eine schöne Bauerntruhe, darüber hängen Porträts der Familie Englert. In der vierten Generation führt ihr Mann Jürgen die Gründleinsmühle als Familienbetrieb. Doch die Geschichte reicht länger zurück: 1874 wurde die Mühle in Obervolkach gegründet.

Heute hat sich das Geschäftsfeld vergrößert. Klassisches Mehl, dass immer noch rund 85 Prozent der Produktion ausmacht, wurde vor 40 Jahren ergänzt durch Pferdekraftfutter. Vor 25 Jahren kam dann Fischfutter dazu, seit 16 Jahren in Bio–Qualität. „Eine Herzensentscheidung meines Mannes“, sagt Anja Englert.

Eine Entscheidung, die sich gelohnt hat: Obwohl das Bio-Fischfutter nicht einmal fünf Prozent der Gesamtproduktion ausmacht, trägt es doch einen großen Teil zum Umsatz bei. Gerade im Geschäft mit den Schweizer Kunden lässt sich gutes Geld verdienen. Der Grund? Die Schweizer essen mehr Fisch, achten dabei mehr auf Qualität. „In Schweizer Supermärkten ist das Verhältnis fast umgekehrt wie in Deutschland: Gibt es bei uns nur ein kleines Sortiment, machen dort Bio-Produkte fast 70 Prozent aus.“

Ein logischer Schritt also. Dabei mussten die Englerts fast ein bisschen zu ihrem Glück gezwungen werden. „Wir haben uns die Schweiz nicht ausgesucht, die Schweiz hat uns ausgesucht“, sagt Anja Englert lächelnd. Ein Fischzüchter aus der Schweiz sei auf sie zugekommen, habe angefragt, ob die Gründleinsmühle auch in die Alpenrepublik liefere. „Wir hatten damals zwar schon Kontakte nach Österreich, aber die Schweiz hat uns schon ein bisschen abgeschreckt.“ Transport- und Zollbestimmungen, vor allem aber die unterschiedlichen Zertifizierungen für Bio-Produkte – „Das ist alles ganz anders als in Deutschland.“

Aber der Züchter blieb hartnäckig. Und so startete nach längerem Prozess eine Obervolkacher Erfolgsgeschichte. Bald kamen weitere Kunden dazu. Allerdings gab es auch Probleme: „Wir haben schnell wieder zwei, drei Kunden verloren“, erinnert sich Englert. Die Begründung: Die Organisation war ihnen zu kompliziert.

Dabei geht es noch wesentlich komplizierter: „Einmal haben wir einen Container mit Fischfutter nach Nigeria exportiert“, erzählt Englert. „Da war schon ein bisschen Nervenkitzel dabei.“ Wie muss man das organisieren? Hält die Ware in den Containern die lange Reise aus, schimmelt das Futter vielleicht sogar? Die Vorbereitungen dauerten fast ein halbes Jahr. „Gott sei Dank ging alles gut.“ Nur einmal stockte der Transport: In Antwerpen musste der Container einen unfreiwilligen Zwischenstopp einlegen. Eine Kennzeichnungsnummer hatte gefehlt.

Auch bei diesem Geschäft war wieder der Zufall im Spiel. Ein Vertreter der nigerianischen Firma hatte sich bei ihnen gemeldet. Er hatte den Familienbetrieb bei Google gefunden. „So viele Fischfutterhersteller gibt es ja nicht in Deutschland“, erklärt Anja Englert.

Obwohl der Handel ein Erfolg war, blieb er eine einmalige Angelegenheit. Untypisch für die Gründleinmühle. Denn normalerweise pflegen die Englerts sehr intensive und langjährige Geschäftsverhältnisse. Einige sind schon seit über 30 Jahren Kunden in Obervolkach. Auch in die Schweiz fahren sie regelmäßig, treffen sich mit den Züchtern, erkundigen sich über Probleme und neue Entwicklungen.

„Die Geschäftsbeziehungen in die Schweiz sind ganz anders als die in Deutschland“, schwärmt Englert. Die Kontakte seien sehr herzlich. und offen, mit Problemen werde konstruktiv umgegangen. „In Deutschland ärgern sich die Kunden oft einfach, wenn aus ihrer Sicht etwas falsch läuft.“ Statt darüber zu sprechen und gemeinsam zu versuchen, das Problem zu lösen, würden manche dann einfach kommentarlos die Geschäftsbeziehung abbrechen.

Allgemein macht Anja Englert die Arbeit mit ausländischen Geschäftspartner Spaß. „Das Verhältnis ist oft gleich persönlicher.“ Vielleicht hat auch die Sprache etwas damit zu tun, vermutet Englert: „Meist redet man ja Englisch, da ist man schon automatisch beim Du.“

Wichtiger wird für die Gründleinsmühle in Zukunft wohl auch der Import. Bisher habe man das Fischmehl, aus dem Fischfutter zu 50 Prozent besteht, bei einem deutschen Lieferanten bezogen. Doch: „Der hat dieses Jahr seine Zertifizierung bei Naturland verloren“, erklärt Anja Englert. Man sei deshalb nun auf andere Quellen angewiesen. Keine einfache Situation, wie Englert sagt. Denn unterschiedliche Regelungen und nicht zu letzt steigende Transportkosten bei längeren Wegen, beschränken die Auswahl von Lieferanten. „Ich kann ja auch nicht Biosoja aus Südamerika und Fischmehl aus Irland kaufen“, sagt Englert. „Das widerspräche ja dem ökologischen Gedanken.“ Schon der Transport in die Schweiz sei in diesem Zusammenhang schwierig.

Die Englerts werden daher wohl auch in Zukunft nicht versuchen, in weitere Länder zu exportieren. Auch weil dort die Konkurrenz zu den riesigen Anbietern aus Skandinavien und Frankreich größer ist. Stattdessen werde man versuchen, die Geschäfte in der Schweiz noch weiter auszubauen – und in Österreich wieder mehr Fuß zu fassen.