Fruchtiges aus der Region

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Dr. Christian Zörner prüft regelmäßig die Qualität seiner Äpfel auf dem Obsthof in Bibergau. Die diesjährige Apfelernte verspricht ein gutes Ergebnis.
Fotos: Ralf Dieter
Vielfalt: Mehr als 20 Sorten gedeihen im fränkischen Anbaugebiet – von fast Vergessenen bis Neuzüchtungen.
Ralf Dieter
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Ralf Dieter

Bei 1000 Tonnen liegt die Grenze. Liegt die Erntemenge drunter ist sie nicht wirklich gut. Liegt sie drüber, ist Dr. Christian Zörner zufrieden. Im Moment schaut es so aus, als könnte er in diesem Jahr zufrieden sein.

Die Apfelernte in Deutschland ist angelaufen. Frühreife Sorten wie Collina oder Discovery gibt es bereits bei den Direktvermarktern und in den Regalen der Lebensmitteleinzelhändler. Der Startschuss für die Haupternte fällt traditionell Anfang September. Dann sind Sorten wie Elstar und Gala reif.

„Im letzten Jahr startete die Ernte extrem früh“, erinnert der Fachberater vom Amt für Landwirtschaft, Thomas Riehl. In diesem Jahr war es nicht so trocken und so heiß, es hat deutlich mehr Niederschläge als 2015 gegeben. „Die Größe der Früchte ist deshalb sehr gut“, freut sich Riehl und prophezeit ein gutes Erntejahr. Entsprechend äußert sich auch der Präsident des bayerischen Erwerbsobstbau-Verbandes, Helmut Jäger. „Die Qualitäten sind gut, Geschmack, Farbe und Größe machen Freude.“

Dr. Zörner ist lieber noch ein wenig vorsichtig. Seit 2001 bewirtschaftet er den Hof zwischen Bibergau und Euerfeld in dritter Generation. Seither hat er schon einiges erlebt. „Die Ernte kann noch kurzfristig im wahrsten Sinn des Wortes verhagelt werden“, sagt er. Auch Fröste im Oktober hat er schon erlebt. Für die spät reifenden Sorten ein Graus. Und die aktuelle Hitzewelle ist für manche Betriebe ebenfalls alles andere als ein Spaß.

Zörner pflückt einen Apfel, der am Anfang einer rund 200 Meter langen Zeile von Spindelbäumen wächst und dreht ihn herum. Pechschwarze Stellen. „Sonnenbrand“, sagt er und zuckt die Schultern. Gerade im „Alten Land“, südlich von Hamburg, kämpfen die Kollegen momentan mit diesem Phänomen. Zörner hat bereits im Mai ein Netz über seine Apfelplantage gespannt. Eigentlich ist das Netz gegen Hagelschäden gedacht. „Es hilft aber auch gegen Sonnenbrand, weil es ein wenig Schatten bietet“, freut er sich. Nur die jeweils ersten Bäume in den schnurgeraden Reihen sind ungeschützt der Sonne ausgeliefert und können von dem Phänomen betroffen sein.

Mehr als 20 verschiedene Sorten reifen auf den fruchtbaren Hängen auf Bibergauer Gemarkung. Sein besonderes Augenmerk legt Dr. Zörner auf alte Sorten. Bei den Birnen ist es beispielsweise die Fränkische Gellert's Butterbirne, bei den Äpfeln der Rote Berlepsch oder die Goldparmäne. Gerade die älteren Kunden aus der Umgebung kommen im September extra deshalb in den Hofladen. Sie wollen sich an den Geschmack ihrer Jugend erinnern.

Im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) sind diese alten Sorten, die sich durch ein besonderes Aroma auszeichnen, nicht zu finden. „Sie sind ökonomisch leider nicht tragbar“, bedauert Dr. Zörner, der auch immer wieder mit neuen Sorten experimentiert: Wellant – eine Neuzüchtung jüngster Zeit zählt zu Zörner?s Lieblingsäpfeln. Kein Wunder: Ein hoher Säuregehalt und ein überproportional hoher Zuckergehalt machen diese Sorte zu etwas Besonderem.

Derzeit reift auf seinem Hof eine Birnensorte mit roter Schale. Ob sie ein Verkaufsschlager wird? „Das Verbraucherverhalten ist nicht immer vorhersehbar“, sagt der gelernte Mediziner, der zum Obstexperten wurde.

Beeren, Birnen, Zwetschgen, Mirabellen, Äpfel, Weintrauben: Der Reichtum der Natur ist in Franken enorm. Ein Trend zum regionalen Produkt sei in den vergangenen Jahren sicherlich spürbar gewesen, bestätigt Dr. Zörner. Dennoch würde er sich eine noch größere Begeisterung und Wertschätzung der Franken für die hiesigen Produkte wünschen. Zumal eine Menge Arbeit und viel Geduld nötig sind, um eine gute Ernte hinzubekommen.

„Die Qualität einer Apfelernte entscheidet sich bereits im Vorjahr“, erklärt der Experte und schmunzelt ob des ungläubigen Gesichts seines Gegenübers. Ähnlich wie die Winzer muss auch der Obstbauer ausgleichend in die Natur eingreifen. Das Stichwort lautet: Beständigkeit. „Ein Baum, der heuer 200 Äpfel trägt, kann im Folgejahr so gut wie leer sein“, erklärt der 45-Jährige. Seine Erfahrung: Bei rund 100 Äpfeln pro Jahr und Baum bleibt die Vitalität erhalten. „Das variiert natürlich von Sorte zu Sorte.“

Die Obstbauern reduzieren deshalb schon im Frühsommer die Menge der Äpfel an den Bäumen – so wie die Winzer einen Teil ihrer Beeren ausschneiden. Gegen altbekannte Schädlinge wie Milben, Läuse und Pilze geht der Bibergauer auch mit biologischen Mitteln vor. Beim Kampf gegen neue Schädlinge, die zum Beispiel über die Transportwege aus Asien eingeschleppt werden, verlässt er sich auf die Ratschläge der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG).

Das ganze Jahr über müssen die Obstanbauer in der Region aufpassen und das Wetter im Blick haben. Der Winter darf beispielsweise nicht zu kalt werden. Ab minus 20 Grad erfrieren die Knospen im Holz. „Dagegen ist kein Kraut gewachsen“, bedauert Dr. Zörner. Deshalb ist die Wahl des Standortes so außerordentlich wichtig. In etwa so wichtig wie der Mai, wenn die Befruchtung der Knospen ansteht. Zu viel Hitze ist genauso schlecht wie schattig-kühles Wetter oder gar Frost. „Heuer hat es anscheinend gepasst“, freut sich der Bibergauer, der in den kommenden Wochen auf Tagestemperaturen von 25 Grad Celsius und Nachttemperaturen unter zehn Grad Celsius hofft. „Das gibt den Äpfeln dann so richtig Farbe und Aroma“, erklärt er. Wenn sich die Erntemenge dann noch bei etwas mehr als 1000 Tonnen einpendelt, kann Dr. Zörner Ende Oktober einen zufriedenen Strich unter das Erntejahr 2016 machen.