"Schmutzige Praktiken" und Schwarzarbeit: Warum bei Putzkräften so viel getrickst wird

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Klare Sicht im schmutzigen Geschäft: Reinigungskräfte werden dringend gesucht. Viele wollen aber lieber schwarz arbeiten, als sich durch einen Vertrag abzusichern.
Foto: IG Bau – Ferdinand Paul
Michael Groha, Bezirksvorsitzender der IG BAU Mainfranken.
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Drei Viertel aller Putzkräfte arbeiten laut einer Studie schwarz. Warum ausgerechnet in der Reinigungsbranche getrickst wird. Und nicht nur die Gewerkschaft das ändern will.

Auch wenn es sich um die Reinigungsbranche handelt: Mit sauberen Dingen geht es nicht überall zu, wo geputzt wird. Vor allem im privaten Bereich schlampern sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer immer öfter hinsichtlich der steuerlichen Abgaben und lassen sich zu Schwarzarbeit hinreißen. Laut einer OECD-Erhebung (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) aus dem Sommer 2021 liegt die Quote der unangemeldeten Reinigungskräfte bei 75 Prozent – eine Zahl, die nicht jeder nachvollziehen kann.

Daniela (Name von der Redaktion geändert) schon. Sie putzte in einem der 2,9 Millionen deutscher Haushalte, die ihre Reinigungskraft ohne Anmeldung antreten lassen – bis sie sich im Einsatz so das Knie verdrehte, dass sie nicht mehr arbeiten konnte. „Auf Unterstützung brauchte ich nicht hoffen“, sagt die zweifache Mutter und beendete das inoffizielle Arbeitsverhältnis, zeigt aber ein Stück weit Verständnis für ihren damaligen Arbeitgeber. „Es hätte sich einfach nicht gerechnet, wenn er mich wieder angemeldet hätte.“ Wieder, weil die 32-Jährige ursprünglich angemeldet war, ihrem Chef aber aus Kulanz anbot, auch schwarz zu arbeiten. Mit der Anhebung des Mindestlohns sei es für ihn nicht mehr rentabel gewesen. „Ich war einfach viel zu teuer.“

Drei Viertel der Putzkräfte arbeiten schwarz: Mindestlohn vielen "zu teuer"

Was aber bedeutet „zu teuer“ in diesem Bereich? Nihad Celic, Geschäftsführer der Concept Clean Services GmbH in Würzburg findet, dass die angemessene Bezahlung von motivierten und engagierten Reinigungskräften vor allem eine Frage der Wertschätzung ist. „Personal zu finden ist die größte Herausforderung in unserem Geschäft“, erklärt Celic und beschreibt die Akquise als einen „Prozess in Dauerschleife“. Man wisse nie, wie lange jemand in diesem Bereich bleiben wolle, oft sei die Stelle nur ein Übergangsjob auf dem Weg in andere Branchen. „Die Reinigungsperlen, wie man sie von früher kennt, gibt es kaum mehr.“ Dabei werde in seinem Unternehmen, das die ganze Angebotspalette bedient und unter anderem auch Reinigungskräfte in ein großes Unternehmen im südlichen Landkreis entsendet, großer Wert darauf gelegt, die Mitarbeiter nicht nur sozialverträglich, sondern mit Empathie zu behandeln. Er selbst habe in der Gebäudereinigung angefangen, wisse, welch ein Knochenjob sie sein kann – und welche Wertschätzung man dort verdiene. Vor allem auch in finanzieller Hinsicht.

Gerade vermeldete die IG Bauen-Agrar-Umwelt, dass die rund 440 im Landkreis Kitzingen gemeldeten Reinigungskräfte seit dem Jahreswechsel deutlich mehr Geld bekämen. Zwischen rund 12 und 15 Euro erstreckt sich die Spanne vom Einsteiger bis zur Fachkraft. „Es handelt sich um die Mindestlöhne in der Gebäudereinigung. Weniger darf keiner mehr verdienen. Und mit der nächsten Abrechnung muss das Plus auf dem Konto sein“, sagt Michael Groha, Bezirksvorsitzender der IG BAU Mainfranken und rät zu einem Lohn-Check. Wer leer ausgehe, solle sich an die Gewerkschaft wenden.

Deutlich warnt Groha davor, sich auf Schwarzarbeit einzulassen und bemängelt gleichzeitig, dass es der Finanzkontrolle Schwarzarbeit an Personal fehle, „um illegale Machenschaften (...) zu verfolgen“ – auch, oder vor allem, in der Reinigungsbranche. Wenn es Kontrollen gebe, dann folgten in vielen Fällen auch Beanstandungen. „Die Zahlen zeigen, dass so manche Chefs in der Gebäudereinigung auf schmutzige Praktiken setzen. Wer Löhne drückt oder Sozialabgaben prellt, der schadet nicht nur dem Staat und den Sozialkassen, sondern verzerrt auch den Wettbewerb“, so Groha. Nur wenn sich alle Unternehmen an die gleichen Standards hielten, könne die Branche zum „Saubermann“ werden.

"Schmutzige Praktiken" in der Reinigungsbranche

Nihad Celic sieht das genauso und zieht mit der IG BAU an einem Strang. „Es gibt Regeln, die eingehalten werden müssen“, weiß der Experte. „Hier machen einzelne Firmen eine ganze Branche kaputt.“ Auch im privaten Bereich könne er es nicht nachvollziehen, dass die Reinigungskräfte nicht die gleiche soziale Absicherung erhalten sollte wie jeder andere Arbeitnehmer auch. „Das ist kein 08/15-Job. Man muss sich nicht nur großes Wissen aneignen, sondern hat gegenüber seinem Arbeitgeber auch eine Verantwortung – gerade auch im privaten Bereich.“

Das hat Daniela auch stets so empfunden. Durch ihre Arbeit konnte sie hinter die Kulissen mancher Familie schauen, sah viele schöne, aber auch viele weniger positive Details. Sie habe dies stets als großen Vertrauensbeweis gesehen und die Arbeit gern getan. Trotzdem war für sie klar, dass sie auf längere Sicht einen abgesicherten Job möchte. „Es war ja nur zum Übergang während des Mutterschutzes“, erklärt die gelernte Bürokauffrau.

Dieser Tätigkeit geht sie inzwischen wieder nach. Dort ist nicht nur sie als Arbeitnehmerin vollständig angemeldet und abgesichert, sondern auch ihr Arbeitgeber. Nihad Celic kann das vollkommen nachvollziehen – auch wenn in seiner Branche wieder eine Arbeitskraft mehr fehlt. „Es kostet viel Zeit und Kraft und Geld, seine Mitarbeiter so zu motivieren, dass sie dabeibleiben“, weiß der Geschäftsführer. „Aber es lohnt sich, als Ansprechpartner da zu sein, ein offenes Ohr zu haben.“ Damit die Reinigungsbranche ein sauberes Image bekommt.

(K)Eine saubere Branche

Lohn-Plus: Rund 440 Reinigungskräfte sind im Landkreis Kitzingen angemeldet. Sie bekommen seit dem 1. Januar ein Einstiegsgehalt von 11,55 Euro pro Stunde – vier Prozent mehr als bisher. Wer als Fachkraft Glasflächen und Fassaden reinigt, kommt laut IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) auf einen Stundenlohn von 14,81 Euro.

Schwarzarbeit: Laut einer Studie der OECD (Organisation für wirtschaftliche Forschung und Entwicklung) sind deutschlandweit rund 75 Prozent der Arbeitsstellen im Reinigungsbereich nicht angemeldet. Im EU-Schnitt sind es 57 Prozent. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) sprach im November von rund 3,3 Millionen Haushalten, die gelegentlich oder regelmäßig eine Hilfe beschäftigen – und davon rund 2,9 Millionen Haushalte schwarz. Mehr als 90 Prozent der Beschäftigten im Haushalt sind Frauen, zwei Drittel über 50 Jahre alt. Informell Beschäftigte können sich zwar Steuerabzüge sparen - aber bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und im Alter sind sie finanziell nicht abgesichert.

Formalität: Auf der Homepage der Minijob-Zentrale (www.minijob-zentrale.de) kann man Haushaltshilfen mit einem Verdienst von bis zu 450 Euro im Monat anmelden und sogar von der Steuer absetzen: Bis zu 510 Euro im Jahr bekommt man vom Staat zurück.

Konsequenzen: Beim Zoll gibt es die Sondereinheit „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ (FKS). Bei Zuwiderhandlung drohen empfindliche Bußgelder bis zu 500 000 Euro und sogar eine Freiheitsstrafe wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt oder auch Sozialleistungsbetrug.