Ersten Verlockungen erlegen

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Geradezu provokant verzehrt Nina Grötsch ihren letzten Schokoladen-Nikolaus neben Süßigkeiten-Faster Ralf Dieter. Da ist Konzentration gefragt, um nicht schwach zu werden.
Daniela Röllinger
Statt dem Wurstbrötchen gibt es Vollkornbrot mit Frischkäse, Tomaten und Ei bei Daniela Röllinger. Es schmeckt – und sorgt für Diskussionen in der Redaktion.
Fotos: Daniela Röllinger

Die Hürden einer Fastenaktion: Den einen schafft das Schaffen, den anderen schafft der Wein

Kitzingen

Zwei Wochen der Redaktions-Fastenaktion sind geschafft. Die einen tun sich leicht. Die anderen leichter.

Ralf Dieter, Beinahe-Alles-faster:

Ich fühle mich fantastisch. Und ich muss schon sagen: Ich bin auch ein wenig stolz auf mich. Zu Recht! Im Gegensatz zu den Kolleginnen, die sich heuer für fragwürdige Fastenziele entschieden haben, wählte ich die ganz große Herausforderung. Jeder Paketzusteller lacht doch über Kollegin Gr. mit ihrem Frühaufsteherfasten. Kollegin Rö. isst 40 Tage kein Fleisch, was etwa acht Millionen Vegetarier in Deutschland an 365 Tagen im Jahr problemlos schaffen. Und Kollegin Fu. ist allen Ernstes stolz darauf, dass sie ihr Fahrrad repariert und einen Tag ohne Handy geschafft hat. Ich habe jedenfalls zwei Wochen keine Süßigkeiten gegessen, keinen Kaffee getrunken und ausgiebig Sport getrieben. Beim Aufräumen des Kellers mit integriertem Laminatlegen fließen mehr Schweißtropfen als in jedem anständigen Fitnessstudio. Zur Belohnung habe ich das Alkoholfasten abgebrochen. Zu viele Gelegenheiten, zu wenig Sinn. Ein Prosit auf die nächsten Fastenwochen.

Erfolgsquote: gefühlt: 100 Prozent Laune: super

Daniela Röllinger, Fleischfasterin:

Klopf, klopf, klopf… Kaum habe ich mit dem lila Oval auf den Schreibtisch geschlagen, kommt von gegenüber schon ein Kommentar. „So geht das nicht“, sagt Kollege Di. Ich könne doch jetzt nicht einfach ein Osterei essen. Wo doch erst in einem Monat Ostersonntag sei. Oder würde ich etwa schon im August die Weihnachtsgeschenke kaufen? „Tue ich nicht“, denke ich mir, „aber sollte ich vielleicht.“ Das würde mir im Dezember viel Hektik sparen, doch das ist ein anderes Thema. Jedenfalls muss man ja irgendwas essen, um den Arbeitstag zu überstehen. Und weil das Wurstbrötchen zu Mittag verboten ist, halte ich mich eben an Bananen, Vollkornbrot, Frischkäse, Tomaten und Eier. Was durch die Kritik des Herrn gegenüber nicht unbedingt leichter wird. Und dann sind da noch die Verlockungen von Kollegin Gr. „Ich hätt' so Lust auf einen Döner“, sagt sie jeden Donnerstag ab 11 Uhr in gefühlten Zwei-Minuten-Abständen. „Kein Fleisch“, sagt ich. „Veggie-Döner schmeckt auch gut“, tönt es aus dem Nebenbüro, wo Kollegin Fu. residiert. „Weniger Weißmehl-Brötchen….“, erinnere ich.

Schwierig sei ich in diesen Wochen, finden die Kollegen. Diesen Vorwurf müsste ich dringend mal mit ihnen ausdiskutieren. Was theoretisch sehr gut bei einer kurzen Cappuccino-Pause ginge, aber die Milch im Kaffee ist in der Fastenzeit ja auch tabu. Ob ich das alles bis Ostern ertrage?

Erfolgsquote: 97,5 Prozent Laune: wunderbar (finde ich...)

Nina Grötsch (steht jeden Tag um 6 Uhr auf):

Um halb vier von der Weinprobe nach Hause und um 6 Uhr aufstehen. Spätestens jetzt merke ich, dass mein Fastengelübde nicht richtig überdacht war.

Es ist Sonntag, die Kinder haben in dieser Nacht bei Oma und Patin geschlafen und zum Mittagessen sind wir eingeladen. Was für ein Traum... das noch vor wenigen Tagen gewesen wäre. Mein Gewissen und der Wecker kämpfen um die Wette um meine Aufmerksamkeit. Also stehe ich auf – zugegebenermaßen nur, um mich mit Kopfweh-Tabletten zu wappnen und meinen müden Körper dann aufs Sofa fallen zu lassen. Rückwirkend kann ich nicht beschwören, dass meine Augen in den folgenden zwei Stunden nicht doch noch einmal zugefallen sind. An allen anderen Tagen der Woche war ich jedoch eisern. Beim ersten Geräusch des Weckers sprang ich aus dem Bett, statt meinen gewohnten „Sleep“-Tasten-Marathon zu starten, und stelle dabei schon einmal fest, dass das die Qualen des Aufstehens ungemein erleichtert. Allerdings: Anfangs dachte ich, dass ich in der Stunde mehr am Morgen weiß Gott was alles erledige, aber in der Realität ist es leider so, dass ich eigentlich das Gleiche mache wie sonst, nur eben gemütlicher. Viel gemütlicher. Dass ich dieses straffe Morgenprogramm sonst auf 25 Minuten komprimiert habe, ist aus jetziger Sicht olympiareif!

Erfolgsquote: mäßig Laune: überraschend gut

Diana Fuchs, CO2-Fasterin:

Was schreibt Ralf da? Er fühle sich fantastisch. Wegen seiner sportlichen Leistungen – beim Kelleraufräumen? Hüstel. Wahrscheinlich eher wegen seiner männlichen Manipulation unserer weiblichen Fastenanstrengungen. Er macht das ebenso geschickt wie scheinheilig. Lenkt die Aufmerksamkeit auf sein Darben, indem er uns mit Eis und Kuchen füttert, selbst aber kein Milligramm davon isst. Der alte Märtyrer. Aber kommen wir zum Entscheidenden. Die CO2-Challenges der Metropolregion Nürnberg waren in den letzten sieben Tagen durchaus machbar: Einen fleischlosen Tag einzulegen, fiel mir (und auch dem Rest der Familie) überhaupt nicht schwer, auf dem Wochenmarkt kaufe ich ohnehin am liebsten ein und unsere Heizkörper hatte mein Mann schon auf Frühling eingestellt. Am coolsten fand ich die Challenge „So schön bunt hier...“, bei der ein Ernährungs-Journalist ein „Klimaschutzrezept“ mit heimischen Zutaten präsentierte. Mit Spinat, Bärlauch und Rote-Bete-Saft habe ich rote und grüne Crepes gebacken – sehr lecker und als bunte, gefüllte Röllchen auf dem Teller auch optisch ein Genuss. Ralf hat also theoretisch recht, dass meine Herausforderung diesmal nicht allzu groß ist – in Wirklichkeit aber hakt ja niemand die Tages-Challenges einfach ab, sondern sie setzen sich im Kopf fest und werden zu Dauerbrennern, mit denen man sich fortwährend befasst. Vor allem das Thema „Mobilität“ lässt mich nicht los. Die Tages-Challenge „Wochenendausflug mit dem ÖPNV“ habe ich verschoben – auf die Zeit, in der der Dorfschätze-Bus wieder fährt. Den täglichen Gebrauch des Autos – herrje, auch noch ein Diesel – kann ich kaum reduzieren. Meine Job-Termine sind einfach zu weit weg, um mit dem Rad dahin zu kommen. Ein Dilemma. Falls jemand einen Ausweg weiß, der kein Vermögen kostet – her damit!

Erfolgsquote: 87 Prozent

Laune: mittelprächtig