Ein Vorbild, das abfärbt

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Ein Herz und eine Seele: Julia Kerzner und ihr Opa Oskar.
Foto: Ralf Dieter
Ein Herz für den Verein: Oskar Kerzner und der VFL Kleinlangheim.
Foto: J. Kerzner

Oskar Kerzner ist auch im Rentenalter ehrenamtlich aktiv. Seine Enkelin Julia liebt ihn dafür. Und nicht nur sie.

So einen Opa kann man sich nur wünschen – und so eine Enkelin auch.

Julia Kerzner ist 16 Jahre jung. Dieser Tage hat sie eine Mail an die Redaktion dieser Zeitung geschickt. Der Inhalt: ein Loblieb auf ihren Opa. Der halte nichts vom öden Rentner-Dasein und sei schwer auf Achse – dabei feiert er an diesem Sonntag seinen 78. Geburtstag. Die Redaktion wurde neugierig – und überzeugte sich vor Ort vom Wahrheitsgehalt der Mail.

Kleinlangheim, Schulstraße: Das Haus der Kerzners steht gar nicht weit entfernt vom Sportgelände. Und das ist gut so. Kurze Wege für den 77-jährigen Oskar Kerzner, der aus Schwarzenau kommt, aber längst in Kleinlangheim heimisch geworden ist. Beim VFL hat er jahrelang Fußball gespielt – auch noch bei den Alten Herren. Er war 17 Jahre lang Kassier und ist vor etwa zehn Jahren zum Ehrenmitglied ernannt worden. Für den VfL engagiert er sich besonders gerne. Aber nicht nur für den.

Im örtlichen Gesangverein ist Oskar Kerzner genauso Mitglied wie im Obst- und Gartenbauverein und im Schützenverein. Seinem Heimatverein, dem SV Schwarzenau, hat er außerdem über all die Jahre die Treue gehalten.

Die Fußballschuhe hat er natürlich längst an den Nagel gehängt. Aktiv ist er trotzdem noch. Ende März hat sich der gelernte Maler und Lackierer kurzerhand einen Hochdruckreiniger von der Gemeinde ausgeliehen und sich an die Arbeit gemacht. Das Kassierhäuschen des VFL Kleinlangheim hat er von Dreck und Algen befreit und dann neu gestrichen – stilecht mit dem vereinsinternen Logo. „Die meisten jungen Leute wissen ja gar nicht mehr, dass Blau/Rot die Farben des VFL sind“, bedauert er.

Das Sportheim und das dazu gehörige Gelände würde ohne Oskar Kerzner anders aussehen. Die Sportheim-Bar hat er renoviert und das Treppenhaus gleich mit dazu. Im Winter räumt er die Flächen von Schnee und Eis frei und im Sommer säubert er die Gehwege von Unkraut. Auch im Gesangverein hilft er mit seinen beruflichen Kenntnissen weiter, wenn Not am Mann ist. Auf die Frage nach dem Warum hat er eine ganz einfache Antwort: „Ich brauch das irgendwie. Das hält mich jung.“

Enkelin Julia findet das ehrenamtliche Engagement ihres Opas nicht nur vorbildlich, sondern auch nachahmenswert. Tatsächlich hat dessen Vorbild schon ein wenig abgefärbt. Julia ist zwar nicht mit Pinsel und Farbe unterwegs, hilft aber bei der Organisation und Durchführung der Kindergottesdienste im Ort mit.

Jeden Tag haben die beiden, die unter einem Dach leben, Kontakt. „Das ist schon ungewöhnlich“, sagt die 16-Jährige. Ihre Freundinnen würden sie schon ein wenig beneiden, wenn sie erzählt, wie sie mit ihrem Opa diskutiert oder Fußball schaut. „Als FCN- und BVB-Fans kommen wir uns wenigstens nicht ins Gehege“, sagt sie und grinst.

Das Engagement ihres Opas gehöre jedenfalls gewürdigt, meint die 16-Jährige. In diesem Alter seien die Wenigsten handwerklich tätig – noch dazu ehrenamtlich. Wir kommen dem Wunsch nach einer Würdigung hiermit gerne nach – zumal weitere Projekte von Oskar Kerzner nicht auszuschließen sind. „Wenn nichts los ist, dann werde ich ganz unruhig“, sagt er und lacht.