Direkt neben Kidman und Farrell

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Hahn im Korb bei „Die Vierhändige“: Oliver Kienle mit den Darstellerinnen Frida Lovisa Hamann und Friederike Becht.
Foto: peter Hartwig
Die Crew von „Bad Banks“: Barry Atsma, Tobias Moretti, Lisa Blumenberg, Paula Beer, Désirée Nosbusch, Christian Schwochow, Hans Joachim Mendig, Günther Russ, Caroline von ...
Foto: Ricardo Vaz Palma
Oliver Kienle gibt als Regisseur seine Anweisungen.
Foto: DAniel Schmid
Bei der Kinoproduktion „Die Vierhändige“ führte Oliver Kienle Regie. Unser Bild zeigt den Produzenten Klaus Dohle, Oliver Kienle, Hauptdarstellerin Frida-Lovisa Hamann und den ...
Foto: ard-foto.de
Goldjunge: Oliver Kienle (links) hielt am Samstagabend die knapp ein Kilo schwere Goldene Kamera in der linken Hand – und machte mit der rechten ein Selfie ...
Foto: Kienle
Ruby O. Fee erhielt für die von Oli Kienle inszenierte Tatortfolge „Happy Birthday, Sarah“ einen Jupiter als beste nationale Darstellerin.
Foto: Clemens Porikys

Bei der After-Show-Party saß er Rücken an Rücken mit Nicole Kidmann, Colin Farrell und Jane Fonda: „unser“ Oliver Kienle (35), Regisseur und Autor. Schauspieler und Filmemacher werden einmal im Jahr mit einem deutschen Filmpreis, einer 25 Zentimeter hohen Goldtrophäe, für herausragende Leistungen ausgezeichnet. Die Gala in Hamburg wird live im TV übertragen. Heuer gab es während der Show am Samstagabend spontane Aufschreie aus Kitzinger Kehlen: Die Goldene Kamera ging unter anderem an das Team des Thrillers „Auf kurze Distanz“, für den Oliver Kienle mit Holger Karsten Schmidt das Drehbuch geschrieben hat. Am Sonntag nach der Gala reiste Oliver Kienle nach Berlin, wo er seinen zweiten Wohnsitz hat, am Montag ging es zurück nach Franken. Gestern gab er seiner Heimatzeitung ein Interview.

Bei der After-Show-Party saß er Rücken an Rücken mit Nicole Kidmann, Colin Farrell und Jane Fonda: „unser“ Oliver Kienle (35), Regisseur und Autor. Schauspieler und Filmemacher werden einmal im Jahr mit einem deutschen Filmpreis, einer 25 Zentimeter hohen Goldtrophäe, für herausragende Leistungen ausgezeichnet. Die Gala in Hamburg wird live im TV übertragen. Heuer gab es während der Show am Samstagabend spontane Aufschreie aus Kitzinger Kehlen: Die Goldene Kamera ging unter anderem an das Team des Thrillers „Auf kurze Distanz“, für den Oliver Kienle mit Holger Karsten Schmidt das Drehbuch geschrieben hat. Am Sonntag nach der Gala reiste Oliver Kienle nach Berlin, wo er seinen zweiten Wohnsitz hat, am Montag ging es zurück nach Franken. Gestern gab er seiner Heimatzeitung ein Interview.

Ein Kitzinger neben Wotan Wilke Möhring, Dieter Thomas Heck und Colin Farrell: Nicht nur der Abiturjahrgang 2001 war völlig aus dem Häuschen, als Du am Samstagabend plötzlich ein VIP warst. Wie fühlst Du Dich?

Oliver Kienle: Also ein VIP – ne, echt nicht! Aber klar, es war eine super Sache. Immerhin hatte ich fast zwei Monate lang durchgearbeitet, um das Drehbuch umzuschreiben, und einen kurzfristigen Regiewechsel gab es auch noch. Vielleicht pusht der Preis den Film ja jetzt auch ein bisschen: „Auf kurze Distanz“ gibt's zum Beispiel auch auf Amazon und Netflix. Die Quote war ja bisher eher mittelmäßig.

Was meinst Du mit „mittelmäßig“? „Auf kurze Distanz" wurde 2015 in Berlin gedreht und die Erstausstrahlung Anfang März 2016 im Ersten sahen über 2,6 Millionen Menschen.

Es ist ja schon ein geiler Film... Aber eigentlich kein typischer Preisträger für die Goldene Kamera. Es ist ein düsterer, dreckiger und realistischer Thriller, kein glamouröser Film. Wir, die Crew, hätten eher auf den Grimme-Preis oder einen anderen künstlerischen Preis getippt.

Wissen die Nominierten vorher echt nicht, wer ausgezeichnet wird?

Bei anderen Auszeichnungen sickert mal was durch, aber nein – wir hatten am Samstag wirklich keine Ahnung! Wir dachten, wenn überhaupt, dann kriegt Tom Schilling den Darstellerpreis.

Nun konntet Ihr alle feiern. Wie war denn die After-Show-Party?

Die fand in einer sehr großen Halle statt, mit abgetrenntem VIP-Bereich für die Preisträger. Ich saß Rücken an Rücken mit den Hollywood-Leuten Nicole Kidman, Colin Farrell und Jane Fonda.

Hast Du Dich mit ihnen unterhalten?

Nein, denn ganz ehrlich: Die sind an solchen Abenden als Schauspieler da, nicht als Menschen. Obwohl: Colin Farrell scheint mir ein ganz cooler Typ zu sein... Unser Team hat zusammen gegessen, danach haben wir viele Leute getroffen. Mit der Zeit kennt man ja die Filmbrache. Ich habe mich mit vielen unterhalten...

...und auch mal so richtig abgetanzt?

Ne, das ist nicht so meins!

Warum nicht?

Ich hab' noch nie getanzt. In den Landkreis-Discos „Galaxy“ und „Crazy Feet“ gehörte ich zu denen, die neben der Tanzfläche standen und mit dem Kopf nickten.

Du wirkst wirklich sehr gechillt für einen, der gerade die Goldene Kamera gewonnen hat! Was müsste passieren, damit Du mal richtig ausflippst vor Glück?

Puh, naja... (lacht) Beim Oscar würde ich zumindest mal ein bisschen ausrasten. Oder beim Europäischen Filmpreis.

Ungefähr vor 15 Jahren hast Du für die „Junge Seite“ der Lokalzeitung die Kinokritiken geschrieben. Jetzt bis Du selbst quasi ein Filmheld. Hättest Du Dir das damals träumen lassen?

Ich habe damals 170 Kritiken geschrieben. Dreimal die Woche ins Kino zu gehen – für mich gab's nichts Schöneres. Und beim Kritik-Schreiben habe ich echt viel gelernt übers Filmemachen und den deutschen Film. Aber was wirklich dazu gehört, um sich voll und ganz aufs Filmemachen zu spezialisieren, das musste ich selbst erst mal herausfinden.

Und was gehört dazu?

Eine totale Naivität. Deshalb sind Schauspieler oft so spezielle Menschen. Man braucht ganz viel Ehrgeiz, Fleiß und Disziplin, muss aber auch naiv genug sein, das Ergebnis einfach zu akzeptieren. Jeder, der Schiss vor Misserfolg oder ein zu großes Sicherheitsdenken hat, ist in der Branche fehl am Platz. Es dauert meist eine ganze Weile, bis man in der Branche wer ist.

Auf Teufel komm' raus wer zu sein, das kam Dir ohnehin nie in den Sinn, oder?

Ich wollte immer speziellere Projekte machen und ecke auch gerne mal an. Egal, ob Tatort oder Kinofilm: Ich nehme nur Projekte an, an die ich wirklich glaube.

Durfte eigentlich jeder seine Goldene Kamera gleich mit heimnehmen?

Es gab gar nicht für jeden eine – sondern nur eine für alle. Ich weiß gar nicht, wer sie am Ende mit heim genommen hat.

Was sind Deine nächsten Ziele?

Ich möchte auf jeden Fall mal was Unterhaltsameres machen, sonst denken die Leute noch, ich hätte nur Abgründe in mir. Deshalb schreibe ich gerade an einer Kinokomödie. Außerdem arbeite ich an meinem Herzblut-Projekt weiter, einer Serie, die in Frankfurt, Luxemburg, Berlin, London und auf Bahrain gedreht wurde und deren Creator und Head-Autor ich bin: „Bad Banks“. Die erste Staffel wird Ende des Jahres im ZDF und auf Arte zu sehen sein. „Bad Banks“ spielt in der Finanzbranche. Für meine Recherchen habe ich mich heimlich mit Chef-Investmentbankern getroffen – sehr spannend! Es geht um weit mehr als Macht und Geld. Eine junge, begabte Investmentbankerin, gespielt von Paula Beer, droht die nächste Finanzkrise auszulösen. Désirée Nosbusch spielt ihre Ex-Chefin.

Im Herbst kommt auch Dein neuer Film „Die Vierhändige“ ins Kino.

Dafür habe ich das Drehbuch verfasst und Regie geführt. Es ist eine extrem spannende, psychologische Geschichte um ein Geschwisterpaar. Ich bin sehr zufrieden mit dem Film.

Die Film- und Fernsehlandschaft wandelt sich stark. Wohin geht die Reise?

Wir Deutschen sind immer fünf bis zehn Jahre hintendran. Der wirkliche Trend, die High-quality-Projekte etwa aus Dänemark, Großbritannien, USA oder Südkorea, gehen an uns erst mal vorbei. Das führt dazu, dass junge Leute oft gar kein Fernsehgerät mehr haben; auch ich gucke nur noch „on demand“. Wir jungen Filmemacher orientieren uns auch deshalb viel internationaler. Der Konkurrenzdruck ist groß, aber ich bin sicher, dass man mit Qualität überzeugen kann.