Wer gerüstet ist, reagiert im Notfall richtig. Und das kann Leben retten.
Nie würde Bettina Weiß einen Fremden, der blutet, ohne Handschuhe anfassen. „Und ich würde auch niemanden ohne Tuch von Mund zu Mund beatmen.“ Die 24-jährige Fränkin ist vorsichtig – und lässt trotzdem nie einen Verletzten im Stich. Sie weiß, wie man rettet, ohne sich selbst zu gefährden. Davon berichtet sie am heutigen „Internationalen Tag der Ersten Hilfe“.
Bettina Weiß ist im Weindorf Abtswind am Drei-Franken-Eck aufgewachsen. Als sie in der sechsten Klasse war, starb eine Mitschülerin an einer schweren Krankheit. Bettina begann, sich für die Möglichkeiten der Medizin zu interessieren. Dann kam die Pubertät – „und eine Null-Bock-auf-nichts-Phase“, erinnert sich die junge Frau. Ihrer Mutter Doris hat sie es zu verdanken, dass sie trotzdem eine Gruppe von Menschen kennenlernte, die ihr Leben prägen sollten. „Mama hat mich eines Tages zu einem Info-Stand des Roten Kreuzes geschleppt. Ich habe gemault, weil ich nicht zu ?alten Leuten? mitwollte. Aber da waren dann gar keine alten Leute. Sondern begeisterte BRK-ler, die mir mit viel Spaß den Rettungswagen gezeigt haben.“ In der Folgewoche besuchte die damals 14-Jährige zum ersten Mal einen Rotkreuz-Bereitschaftsabend. Sie wuchs immer mehr in die Gemeinschaft hinein. Nach den Grundausbildungen baute sie ihre Notfall-Kompetenzen durch weitere Lehrgänge aus. Gerade volljährig, absolvierte sie die Truppführer-Ausbildung. „Ich habe viele Sanitätsdienste geschoben, auch über Nacht, zum Beispiel bei Festivals.“
Der Schalter-Moment
Den Moment, im dem man realisiert, dass etwas Ernstes passiert ist – Bettina nennt ihn den „Schalter-Moment“ –, hat sie mittlerweile dutzendfach erlebt. „In der Sekunde schalten Körper und Geist von Normal- auf Notfallbetrieb. Ich atme tief, versuche, ganz ruhig zu bleiben, und analysiere die Lage.“
Oft spürt Bettina Weiß am Unfallort Unsicherheit. „Viele Menschen haben Angst, etwas falsch zu machen. Andere ekeln sich zum Beispiel vor blutenden Wunden oder haben Schiss, sich mit einer Krankheit anzustecken. Das ist alles verständlich.“ Aber nur herumzustehen und nichts zu tun, kann tödlich enden. „Deshalb gebe ich immer konkrete, knappe Anweisungen: Dem Ersten sage ich, er soll sich an die Straße stellen und den Notarzt herbeiwinken, dem Zweiten drücke ich zum Beispiel die Infusion in die Hand und dem Dritten vielleicht einen Sonnen- oder Regenschutz.“ Dieser Aktionismus helfe auch gut gegen neugierige Schaulustige, die nicht mit anpacken wollen. „Die sind dann schnell weg.“
Die Angst vor Ansteckung nimmt Bettina Weiß, die nach einer Krankenpflegeausbildung und einem Jahr Dienst in der Notaufnahme nun Medizin studiert, sehr ernst. „Ich verstehe jeden, der Verletzte nicht ohne Weiteres berühren kann oder möchte. Die Lösung dieses Problems: Einmalhandschuhe!“ Muss ein Mensch beatmet werden, nutzt die Fränkin eine spezielle Tuchmaske mit Atemöffnung, die sie dem Verunglückten aufs Gesicht legt. „So vermeidet man Hautkontakt.“ Es gibt diese Einmalmasken für wenige Euro in jeder Apotheke zu kaufen.
Wer sich mit der Atemspende trotzdem schwertut, könne zum Beispiel bei einem Herzstillstand auch durch bloße Druckmassage schon wertvolle Erste Hilfe leisten. Denn durch die Kompression werde Blut und damit Sauerstoff durch den Kreislauf transportiert.
„Erste Hilfe fängt schon damit an, dass man sein Handy zückt und über die Nummer 112 die Integrierte Leitstelle alarmiert“, meint Bettina Weiß, „und das kann jeder!“ Die Mitarbeiter der Leitstelle seien bestens geschult und leiteten jeden noch so aufgeregten Anrufer an, die wichtigen W-Fragen (wo, wer, was….) zu beantworten.