Bis an die Decke stapeln sich Säcke mit Gewürzen und Kräutern aus aller Welt. Bekannte Gerüche steigen in die Nase - und eine Vielzahl völlig fremd anmutender Düfte. Die Firma Kräuter Mix handelt in der ganzen Welt - und bleibt doch lokal.
Bis an die Decke stapeln sich Säcke mit Gewürzen und Kräutern aus aller Welt. Bekannte Gerüche steigen in die Nase – und eine Vielzahl völlig fremd anmutender Düfte. Bei günstigen Windverhältnissen kann man sie schon erschnuppern, wenn man auf der nahen A 3 mit dem Auto vorbei rauscht. Hier, in der großen Lagerhalle, ändert sich auf jedem Meter das olfaktorische Empfinden. Auf jedem Meter fühlt man sich auf einen anderen Erdteil versetzt. Die Frage, ob die Firma Kräuter Mix global aktiv ist, erübrigt sich eigentlich. Die Frage ist eher: Wie kam es dazu?
Steffen Mix, Ur-Enkel des Firmengründers Christoph Mix und seit 2015 Einkaufsleiter, erklärt die Firmengeschichte. 1919 wurde das Unternehmen als Produzent von Arzneipflanzen gegründet, die zunächst im Umfeld von Abtswind gesammelt wurden. Heute hat das Familienunternehmen über 300 Mitarbeiter, einen Umsatz von etwa 90 Millionen Euro und einen Exportanteil von 51 Prozent. Mit Lieferanten aus über 70 Ländern arbeiten die Unterfranken zusammen. Ein wichtiges Geschäftsfeld ist neben Kräutern und Gewürzen auch die Verarbeitung von Trockengemüse.
Der Standort Abtswind ist dabei für eine Firma, die mit Kräutern handelt, nicht ganz zufällig: „Abtswind liegt auf einer ganz alten Handelsroute zwischen Würzburg und Nürnberg,“ erklärt Konstantin Golombek, der für den Bereich nachhaltige Versorgung zuständig ist. Wegen der tendenziell schlechteren Böden am Fuße des Steigerwaldes war Ackerbau schwierig. Dafür wurden viele Wildkräuter in der Region gesammelt. Die wurden von den Händlern aufgekauft. Kräuter Mix steht daher in einer langen Tradition.
Der Zufall spielt trotzdem manchmal eine große Rolle. So wie beim ersten größeren Schritt der Firma ins Ausland. In den 1960er Jahren zog es einen Onkel des heutigen Firmenchefs Christoph Mix nach Australien. Über ihn liefen die ersten Kontakte – noch heute ist Australien eines der wichtigsten Exportländer. Einen größeren Anteil besitzen nur Mexiko (sieben Prozent), die USA und Österreich (je 6 Prozent).
Persönliche Kontakte sind für den Außenhandel sehr wichtig. Konstantin Golombek stellt klar: „In einem so engen Markt überlebt der, der die besseren Kontakte hat.“ In China halten beispielsweise zwei Mitarbeiter den Markt im Blick. Vor allem Knoblauch, ein wichtiges Trockengemüse, ist sehr „volatil“, erzählt Steffen Mix. Bei den stark schwankenden Preisen sei es sehr wichtig, im richtigen Moment einzukaufen.
Das kann auch schon mal am Samstagfrüh um 5 Uhr nach einem Disco-Besuch sein, verrät Steffen Mix. Da habe ihn einmal ein indischer Lieferant über WhatsApp kontaktiert und über steigende Preise informiert – allerdings nicht ohne sich darüber zu wundern, warum Mix um diese Uhrzeit überhaupt noch wach war. „Ein anders Mal habe ich am Samstagmorgen am Münchner Flugplatz zehn Container per WhatsApp gekauft“, erzählt Mix schmunzelnd. Das Geschäft war Gold wert. Wegen starkem Regen drohte ein Teil der Ernte auszufallen. Am nächsten Tag waren die Preise schon um ein Viertel gestiegen. „So etwas geht nur, wenn man gute Kontakte hat.“
Auf der anderen Seite verschwindet die klassische Kaufmannskultur zunehmend. Geschäfte einfach per Handschlag abzuschließen – das ist mit den „Global Playern“ nicht möglich. Statt wie früher vor allem auf persönliche Bekanntschaften und Vertrauen zu setzen, werden Zertifikate und Analysen gefordert, um die Qualität und Eigenschaften der Kräuter zu garantieren. „In den großen Konzernen werden die Einkäufer sogar alle zwei Jahre gewechselt“, erklärt Konstantin Golombek. Der persönliche Einfluss soll so minimiert werden – harte ökonomische Fakten allein sollen entscheiden.