Darauf weist die Gewerkschaft in aller Deutlichkeit hin und warnt: „Die Beschäftigten brauchen nach dieser schwierigen Zeit endlich eine Perspektive.“ Die Arbeitgeber sollten dazu verpflichtet werden, sich an die tariflichen Standards zu halten. Das führe nicht nur automatisch zu fairen Wettbewerbsbedingungen unter den Betrieben, sondern vor allem auch zu fairen Arbeitsbedingungen für das Personal. Er wisse, dass die Wirte und Hoteliers ebenfalls stark von der Pandemie betroffen sei, versichert Ocak. Trotzdem müsse jetzt alles dafür getan werden, Löhne und Arbeitsbedingungen attraktiver zu gestalten.
"Den Job will einfach keiner mehr machen", so die Insiderin
Luisa ist da ganz bei ihm. Sie hat Auszubildende kommen und gehen sehen, hat mit ausländischen Aushilfskräften gearbeitet, Schüler und Studenten eingewiesen und betreut. In den letzten Monaten wurden sie immer weniger. „Den Job will einfach keiner mehr machen“, wundert sich die Hoteliere, die gerne eine Familie gründen möchte und deswegen über kurz oder lang ebenfalls ausfallen wird. Sie ist sicher, dass die Attraktivität des Berufes überwiegend an eine bessere Bezahlung gekoppelt ist. Und an gewisse Zugeständnisse. „Wer an einem Wochenende arbeitet, muss das nächste frei haben“, meint Luisa. Dafür müsste allerdings auch genügend Personal da sein.
Auch dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ist diese Entwicklung nicht verborgen geblieben. Thomas Dauenhauer, Bezirksvorsitzender im Branchenverband, fordert ebenso wie die bayerische Dehoga-Präsidentin Angela Inselkammer höhere Löhne und beklagt die Abwanderung von Fachkräften in andere Arbeitsbereiche.
Bis zu 50.000 Beschäftigte fehlten in der Gastronomie, so Inselkammer. „Dabei pflegen wir im Hotel- und Gastgewerbe einen sehr wertschätzenden Umgang mit unseren Mitarbeitern“, findet Thomas Dauenhauer. „Wir streben langfristige Arbeitsverhältnisse an – am liebsten lebenslang“, kontert er die Kritik der Gewerkschaft, dass zuletzt 40 Prozent aller Neueinstellungen im Kitzinger Lebensmittelhandwerk und der Ernährungsindustrie, vor allem aber auch im Gastgewerbe, befristet gewesen seien. „Wir brauchen jeden Mitarbeiter! Verlässlichkeit in den Arbeitsverhältnissen und gute, leistungsgerechte Entlohnung sind die wichtigsten Eckpfeiler, um die Menschen für eine Karriere in unserer Branche zu begeistern – und sie zukunftsfähig zu machen.“
"Da muss man ab und zu mal schlucken" meint die Service-Kraft
Luisa kennt das auch anders und schätzt die Gastronomie, gerade in hiesigen Gefilden, als durchaus saisonabhängig ein. Sie selbst verschlug es einst nach Österreich, um dort in den Wintermonaten ihr Gehalt in Skigebieten aufzubessern. Während im Landkreis Kitzingen im Frühjahr, Sommer und Herbst wenig Zeit zum Verschnaufen bleibt und viele Servicekräfte quasi ohne Pause an sieben Tagen die Woche für die Gäste auf den Beinen sind, wird es im Winter deutlich ruhiger – vor allem im Hotelfach. Dementsprechend kann sie es ein Stück weit nachvollziehen, dass die Wirte nach dem harten Corona-Jahr zurückhaltend sind mit langfristigen Verträgen. „Wer weiß schon, was diesen Winter passiert?“
Und doch ist sie sicher, dass die besseren Arbeitsbedingungen der Schlüssel zur erfolgreichen Akquise von neuem Personal sind. Befristungen seien da nur ein Punkt, die vor allem auf junge Leute bei der Berufswahl abschreckend wirken können. „Von unbezahlten Überstunden, langen Arbeitszeiten bis hin zu einem rauen Umgangston hinter den Kulissen – viele Probleme im Gastgewerbe haben schon lange vor der Pandemie existiert“, kritisiert auch Ibo Ocak.
Und jetzt steigen bei einem Teil der Gäste auch noch die Ansprüche. Luisa hat während der Corona-Krise eine Aufteilung in zwei Lager beobachtet: die einen, die dankbar sind dafür, dass sie wieder essen gehen können, dass jemand sie freundlich bedient. Und die anderen, die sich an den Vorschriften störten, die sich nicht registrieren lassen oder Masken tragen wollten. „Dabei hat das doch jeder schon gewusst, bevor er das Restaurant betreten hat.“ Den Unmut dieser Gäste bekommt das Personal zu spüren. „Da muss man schon ab und zu mal schlucken“, sagt die leidenschaftliche Gastgeberin. „Wir tun alles dafür, dass es den Gästen gut geht. Wenn man dann aber so viel negative Resonanz bekommt, fragt man sich schon, warum man diesen Job eigentlich einmal gewählt hat.“
Reform des Berufsschulsystems ist nötig
Und das tun ohnehin schon so wenige junge Menschen wie niemals zuvor. „Wir müssen da unbedingt etwas tun“, weiß Thomas Dauenhauer. Ihm schwebt, neben einer angemessenen Bezahlung, vor allem eine andere Form der Ausbildung vor.
Auf die zweijährige Berufsschule als Grundlage könnte im Anschluss erst die praktische Ausbildung im Betrieb beginnen. So hätten die Lehrlinge zunächst noch eine Art Schonzeit, könnten sich erst einmal theoretisch mit den Anforderungen beschäftigen, um dann mit voller Kraft in die Hotels und Gaststätten einzusteigen. Aktuell gehen die Azubis tageweise in die Schule und können nur eingeschränkt im Betrieb eingesetzt werden, weil die Schulzeiten aufgrund der arbeitsrechtlichen Vorgaben mit den Arbeitstagen kollidieren. „Das könnte man mit Blockschule umgehen“, weiß Dauenhauer, der nach wie vor darauf hofft, dass vermehrt Arbeitskräfte aus dem Ausland zuwandern. „Das sind schließlich auch Fachkräfte. Und die werden in der Gastronomie dringend gebraucht.“
Für Luisa stellt sich im Moment die Frage gar nicht, ob sie nach einer Familienauszeit wieder in ihr Hotel zurückkehrt. Sie arbeitet gerne mit ihren Kollegen, hat ein gutes Verhältnis zu den Geschäftsführern. Sie liebt ihren Job und freut sich über die Wertschätzung, die ihr von den allermeisten Gästen entgegengebracht wird. „Das sollte für alle, die sich für diese Branche entscheiden, die größte Motivation sein.“ Foto: Haug-Peichl
Bezahlung im Gastgewerbe im Vergleich
Laut einer Analyse der Hans-Böckler-Stiftung, die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet hat, kommen Beschäftigte aus dem Gastgewerbe, die eine Vollzeitstelle haben, im Landkreis Kitzingen auf ein mittleres Monatseinkommen von aktuell 1.942 Euro brutto. Zum Vergleich: Branchenübergreifend liegt der Median bei Vollzeit im Landkreis bei 3.294 Euro.
Wie wäre es hier mit ein bisschen Ehrlichkeit? Ist Gastro die einzige, bei der die Gehälter zum Witz geworden sind? Fast 90 % des Arbeitsmarktes befindet sich in den festen Klauen der Zeitarbeit-Unternehmen. Ohne deren "Vermittlung" kommt man an ein seriöses Unternehmen nicht heran. Sie finden sie überall, sogar im kleinsten Dorf. Und die meist angebotenen "Gehälter" liegen zwischen Witz und offener Beleidigung. Diejenigen, die ihre Dienste in Anspruch nehmen, geben sich damit zufrieden, ohne Verpflichtungen gegenüber ihren Mitarbeitern davonzukommen, und die Zeitarbeit Firmeninhaber machen ganze Vermögen auf den Rücken derer, die keine andere Wahl haben, als an ihre Türen zu klopfen und mit deren lächerlichen "Gehaltsangeboten" zufrieden zu sein. Alle Preise steigen fast täglich, aber die Gehälter steigen keinen Millimeter, manchmal sogar im Gegenteil. Es gibt schon Tausende von solche Unternehmen, die genau das tun, schamlos von der Arbeit anderer profitieren mit quasi null Verantwortung. Auf einer Seite liest man über viele Arbeitgeber die weinen, dass sie keine gute und qualifizierte Arbeitskräfte finden können, auf der andere Seite, möchten die keine Verantwortung haben, und so gering wie möglich zahlen. Liebe Unternehmen, es geht nicht beide Wege. Die Arbeitsmarkt ist genau wie alle andere Märkte. Gute Ware kostet Geld, schlechte Ware ist billiger. Egal wie viel Sie es möchten, dass es anders geht, mit dem Mitarbeitern geht's genau so. Wenn Sie immer wieder versuchen, in Bananen zu zahlen und keine Verantwortung zu übernehmen, fragen Sie sich nicht, warum Sie nur Affen kriegen.
Ich gebe Ihnen vollkommen recht; für unser heutiges Deutschland ist das schon beschämend wohlgemerkt. Unser Rentenniveau liegt bei Angestellten und Arbeitern unter 50 % und das eines Beamten, dieser nie in die Rentenkasse einzahlt, liegt bei einem Nivau von über 70 %.
Die Spanne von arm und reich vergrößert sich insofern; die Arbeiter sind vs. weitaus dem Beamten unterlegen.
Armes Deutschland!
Aber natürlich. Sie haben vollkommen Recht. Und warum sollte es nicht so sein? Denn Geld wird immer knapper und rutscht durch ganz andere Löcher, als es soll. Wie hoch ist der Rentenbeitrag? Waren es 18%? Lassen Sie mich Ihnen nur ein kleines Beispiel, aus dem oben gennanten Problem, dem Zeitarbeit-Parasitismus, geben. Denn zufällig hatte ich einmal die Gelegenheit, einen Einblick in ihre interne Küche zu bekommen. Also Zeitarbeit Firma X leiht Arbeitnehmer A an Firma Y. Firma Y zahlt Zeitarbeit Firma X monatlich rund 5000 Euro für Arbeitnehmer A. Davon bekommt Arbeitnehmer A rund 2200 Euro brutto und Firma X bekommt den Rest von 2800 als Gewinn. Würde Firma Y eine gewisse Verantwortung übernehmen und Arbeitnehmer A einstellen und ihm direkt die 5000 auszahlen, würde der Rentenbeitrag 18% von 5000 betragen, also 900 Euro. So wie es ist, wird der Rentenbeitrag nur von den 2200 abgezogen, die der Arbeitnehmer A bekommt, nämlich 396 Euro. Da auf Gewinne kein Rentenbeitrag erhoben wird. Und dies ist nur ein solches Beispiel. Ich könnte Ihnen mehrere andere "schwarze Löcher" nennen, in denen solches Geld verschwindet...