Serie "Heute kocht": In der Schlossküche des Franken-Landschulheims in Gaibach sind 330 Schnitzel, 50 Kilo Kartoffeln, 24 Köpfe Salat und eine Wanne Joghurt am Tag ganz normal.
Der Schnitzel-Berg scheint gar nicht kleiner zu werden. Sonja Greb greift sich ein Stück Fleisch nach dem anderen, taucht es ins Milch-Ei-Gemisch und gibt es an Kerstin Bäuerlein weiter, vor der eine Wanne mit Panade steht. 330 Schnitzel müssen an diesem Vormittag gebraten werden – eine ganz normale Menge in der Schlossküche des Franken-Landschulheims Schloss (FLSH) Gaibach.
Es ist kurz vor 9 Uhr. Frühstückspause in der Schlossküche. Acht Frauen sitzen mit Wirtschaftsleiterin Beate Herbig und ihrer Stellvertreterin Astrid Heinz an einem großen Tisch, trinken Kaffee, plaudern, besprechen den Tag. Wobei jede längst weiß, welche Aufgaben sich ihr in den nächsten Stunden stellen. Birgit Geiling und Daniela Scheller sind heute für das Dessert zuständig, Margit Rössert für den Kartoffelsalat und Sonja Greb und Kerstin Bäuerlein eben fürs Panieren der Schnitzel. Andere braten das Fleisch, decken die Tische, erledigen Vorarbeiten. „Wir kochen wie daheim. Nur ein bisschen mehr“, sagt eine Frau und alle lachen. „Traditionelle deutsche Küche“, erklärt Beate Herbig. Schweinebraten steht auf der Speisekarte, Bratwurst, Hähnchenschnitzel, Gemüseauflauf, Schinkennudeln... Täglich gibt es zudem ein vegetarisches Menü. Wer heute kein Schnitzel isst, bekommt Gemüseküchle, morgen gibt es gebratene Klöße mit Ei. Salat oder Gemüse sind immer dabei, schließlich soll das Essen nicht nur schmecken, sondern auch gesund sein.
Etwa 140 Schüler sind im Internat, das dem FLSH angeschlossen ist. Sie werden nicht nur mit Mittagessen, sondern auch mit Frühstück und Abendessen versorgt. Das ist in der Regel ein kaltes Büffet, wobei auch verwertet wird, was mittags überproduziert wurde. Die Schüler des Tagesheims essen ebenfalls in der Schlossküche, um die 80 sind das derzeit. Dazu kommen externe Schüler in Gaibach, die der Offenen Ganztagsschule des angegliederten Gymnasiums Gerolzhofen, und auch Lehrer und Erzieher können sich das Essen buchen. Außerdem wird der Gaibacher Kindergarten einmal in der Woche mit einem warmen Mittagessen versorgt.
Hähnchenschnitzel gehen immer
Längst stehen die Frauen wieder in der Küche, schneiden Erdbeeren klein, kümmern sich ums Fleisch. Margit Rössert mischt mit kräftigen Armbewegungen den Kartoffelsalat in der großen Wanne, gibt Gewürze und Soße dazu. Abmessen muss sie die Zutaten nicht mehr – nach über 40 Dienstjahren in der Schlossküche weiß sie genau, was sie hineingeben muss, damit es den Schülern schmeckt. Und sie kennt die Lieblingsgerichte. „Beim Hähnchenschnitzel, da hauen sie immer rein.“ Auch Linsen essen die meisten gern – und Hamburger. Weil die aber recht aufwändig sind, gibt es sie bloß am Wochenende, wenn nur die Internatsschüler da sind. Und was essen die Schüler nicht? „Eier ins Senfsoße mögen sie nicht so“, sagen Beate Herbig und Astrid Heinz wie aus einem Mund und lachen. Den nicht ganz so geglückten Versuch haben sie noch gut im Gedächtnis. „Auch Innereien gehen gar nicht.“
Der Speiseplan wird donnerstags festgelegt, freitags ist Bestelltag. Alles wird frisch aus der Region angeliefert. Beate Herbig und Astrid Heinz wissen aus Erfahrung, wie viel sie bestellen und kochen müssen. Zwölf Laibe Brot werden jeden Tag gebraucht, dienstags, donnerstags und am Wochenende außerdem Brötchen. Gibt es Braten, sind 700 Klöße nötig. Handgerollt, allerdings nicht von den Frauen in Gaibach, sondern vom regionalen Lieferanten. Sie selbst zu machen, würde dann doch zu viel Zeit kosten. Die Klöße sind die Ausnahme, die anderen Gerichte werden frisch vor Ort zubereitet. Planung und Vorbereitung sind dazu nötig. Die 50 Kilogramm Kartoffeln zum Beispiel wurden am Vortag gekocht und geschält. Da helfen alle zusammen, einer alleine würde Stunden brauchen. Die 24 Köpfe Salat haben die Frauen am Morgen geputzt, gleich nachdem die Schüler mit Frühstück versorgt waren.
Mehrfach klingelt an diesem Vormittag das Telefon. „Vier mehr? Alles klar.“ Auch der Hausmeister meldet sich, möchte an diesem Tag warm essen. Es sind keine Nachrichten, die Margit Rössert aus der Ruhe bringen könnten, bei der Menge, die alle gemeinsam zubereiten – und bei ihrer langjährigen Erfahrung. Währenddessen decken andere die Tische im Speisesaal. Diese sind – was eher ungewöhnlich ist – mit Tischdecken bedeckt. „Das ist mir wichtig“, erklärt Beate Herbig. „Wegen der Tischkultur. Und wegen der Geräuschkulisse, die ohne Tischdecken entstehen würde.“ Im Speisesaal essen die Internatsschüler und die Schüler des Tagesheims. Sie sind nach Gruppen aufgeteilt, jeder hat seinen festen Platz. An jedem Tisch gibt es einen „Aufdecker“, einen Schüler, der früher kommt als die anderen, die Schüsseln beim Küchenteam holt und auf den Tisch stellt. Sind die Schüsseln leer, holt der „Aufdecker“ Nachschub. Nach dem Essen stellen die Schüler ihre Teller zusammen, der „Aufdecker“ räumt den Tisch ab. Externe Schüler essen in der Mensa. Hier holt sich jeder Schüler seinen gefüllten Teller einzeln ab und sucht sich selbst einen Platz.
Hirtennudeln und Ritterschmaus
Birgit Geiling rührt in einer großen Wanne Zucker in den Joghurt fürs Dessert. „Probier' mal“, sagt sie zu Margit Rössert, „passt das?“ Rössert holt einen Löffel, kostet, nickt zustimmend. „Passt.“ Wenige Meter weiter legt Corinna Schmitt die ersten Schnitzel in die beiden „Kippen“, die riesigen Bratpfannen, die erst vor einem Jahr neu angeschafft wurden. „Wir haben schon eine super Küche hier“, sagt Sonja Greb. Da macht die Arbeit sichtlich Spaß.