Die Rohware in die Anlage, das Destillat kommt heraus – so wie der Weinhefebrand werden auch die anderen Brände hergestellt. Anders die Geiste: „Da habe ich die Frucht und setze Neutralalkohol zu“, erklärt der Winzer. Nach der „Mazeration“ von mehreren Tagen wird gebrannt. Sechs Stunden dauert es, bis dieses Destillat fertig ist, viel länger als ein Brand.
In der Brennerei hat es immer wieder Wandel gegeben, erzählt Günter Höhn. In der Nachkriegszeit wurden schlicht die Früchte verwertet, der Alkohol galt als beliebtes Tauschobjekt. Später, als man Früchte überall kaufen konnte, wurde nicht mehr gebrannt, um zu verwerten und Alkohol zu produzieren. Statt des Alkohols steht das Aroma der Früchte im Vordergrund, der Alkohol ist nur noch der Geschmacksträger. Früchte wie die Williams-Christ-Birne werden ausschließlich für das Brennen angebaut. Der Kunde genießt den Geschmack. Brände werden gezielt mit Speisen kombiniert, Desserts damit verfeinert. „Weinhefebrand zum Beispiel passt super zu Espresso oder Mousse au chocolat“, findet Höhn.
Derweil rinnt der Vorlauf aus der Brennerei. Der 39-Jährige gibt einige Tropfen auf seine Hand, verreibt sie, hält sie an die Nase, schnuppert. „Riecht nach Klebstoff“, sagt er. Für sein Produkt also nicht zu gebrauchen. Wann der Vorlauf in den gewünschten Mittellauf übergeht und der wiederum in den Nachlauf, der zwar nicht schädlich, aber unangenehm im Geschmack ist, erkennt der Brenner auch an der Temperatur. Er deutet auf die Messinstrumente an der Anlage: Beim Vorlauf zeigen sie 78 Grad, beim Mittellauf 80 Grad. Es heißt also genau aufpassen und schnell reagieren. Den Mittellauf, den will Höhn. Den lagert er dann ein, je nach Produkt entweder hochprozentig oder verdünnt.
Auf die Temperatur achten
Die Temperatur wird durch die Öffnung und das Schließen von Ventilen und das Nachlegen des Holzes im Ofen geregelt. Zu schnell zu brennen ist nicht gut. „Je höher die Temperatur, desto instabiler wird das Aroma oder es wird zerstört.“ Doch es ist wichtig, das Aroma zu erhalten, vor allem wenn Höhn Geist herstellt. Damit hat er angefangen, als er vor einigen Jahren die neue Anlage gekauft hat. Ein High-Tech-Gerät, kein Vergleich zum Beginn der Brenn-Tradition in der Familie vor vielen, vielen Jahren. Die Technik hat sich verändert in den fünf Generationen, so wie ja auch der Geschmack.
„Der Trend geht weg vom Obstler, hin zu fruchtigen Sorten“, so die Erfahrung des Brennerei-Chefs. Die Waldhimbeere sei eine wunderbare Frucht für Geist – auch dafür wurde der Nordheimer 2017 mit einer Silbermedaille ausgezeichnet, ebenso wie für den Apfelbrand, der im Eichenfass gereift ist. Für den Haselnussgeist gab es sogar Gold. Die Früchte dafür röstet er selbst, mehr will er nicht verraten. Für die Qualität spielt vieles eine Rolle, schon vor dem Brennvorgang. Die Qualität der Nüsse, die Röstdauer, der Mahlgrad, das Mazerieren, also das Einlegen in Alkohol. Die Auszeichnungen zeigen Höhn, dass er mit seinen Produkten richtig liegt. Er will durch die Prämierung erfahren, wo er im Vergleich mit anderen Brennern steht, er will sich orientieren und weiterentwickeln.
Erneut geht der 39-Jährige an die Anlage, dreht den Ablauf nach oben, jetzt läuft der Nachlauf aus dem Rohr, den er nicht brauchen kann. Wie gering die Ausbeute letztendlich ist, verblüfft den Laien: Aus 100 Liter Rohware gewinnt er zwei und vier Liter Brand. Kein Wunder, dass es sich lohnt, jeden Schluck zu genießen.