Blutsauger auf der Lauer

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Auch bei warmen Wetter tragen die „Waldräuber“ lange Hosen und festes Schuhwerk.
Foto: Robert Wagner
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Eine Zecke wartet an der Spitze eines Blattes auf Opfer. Foto: Pleul/dpa
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Patrick Pleul (dpa-Zentralbild)
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dpa
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Bis Oktober ist Zeckenzeit. Die „Waldräuber“ aus Iphofen wissen, was vor den Viechern schützt.

Sonnenstrahlen fallen durch grüne Blätter, der Wind raschelt in den Wipfeln, es riecht nach Gras und Moos. Kinder rennen umher. Von der Matschküche zum Sandkasten, von der Schaukel zum Klettergerüst aus Stämmen. Als Spielzeug dienen ihnen Äste, Blätter und Erde – das reicht. Bei Wind und Wetter sind die „Waldräuber“ draußen, spielen auf dem großen Areal des Waldkindergartens oder spazieren durch die Wiesen.

Dass sie dabei auch bei hohen Temperaturen festes Schuhwerk und lange Hosen tragen, haben sie vor allem einem kleinen, aber durchaus gefährlichen Spinnentier zu verdanken. „Wer von euch hatte denn schon einmal eine Zecke?“, fragt Mona Lisa Kirner, die Leiterin der „Waldräuber“-Gruppe. Gut die Hälfte der 18 Kinder hebt die Hände. „Ich hatte erst gestern eine am Kopf“, ruft ein Mädchen mit blonden Locken. „Max hatte auch eine“, erwidert ein Junge. Kirner lacht: „Max ist ein Hase“, erklärt sie.

Etwa die Hälfte der Kinder seien geimpft. Festes Schuhwerk und lange Kleidung sind vorgeschrieben. Außerdem kommt regelmäßig Zeckenspray und -öl zum Einsatz. „Die Mama sucht mich auch immer ab“, erzählt ein Mädchen. Vor allem an Haaransatz, den Leisten und unter den Achseln stechen – nicht beißen – sie am liebsten. So halten sich die Zeckenstiche trotz Spielens in der Natur in Grenzen.

Die „Waldräuber“ berücksichtigen damit eigentlich schon fast alle Tipps, die auch Marc Hagemeister vom Gesundheitsamt in Kitzingen geben kann. „Das Wichtigste ist, dass man wachsam ist“, erklärt er. Dabei helfe auch helle Kleidung: „Da erkennt man Zecken schlichtweg einfacherer.“

Außerdem spricht er sich für eine Impfung gegen die von Viren übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) aus – vor allem bei Menschen, die oft in Wald und Wiesen sind. Wie Jäger, Förster und eben Kinder wie die „Waldräuber“. Denn Kitzingen ist wie fast alle Kreise in Bayern FSME-Risikogebiet.

„Ich hab aber ein bisschen Angst vor der Spritze“ sagt ein Mädchen. „Das tut gar nicht weh“, entgegnet ein anderes. Und auch Hagemeister bestätigt: „Die Impfung ist nicht besonders schmerzhaft oder gar gefährlich.“ Es könne, wie bei allen Impfungen, lokale Rötungen oder Allergien gegen die Inhaltsstoffe geben. Doch: „Der Nutzen überwiegt die Risiken bei Weitem.“

Für Borreliose – die zweite bekannte Krankheit, die durch Zecken übertragen wird – gibt es hingegen keine Impfung. Da aber Bakterien die Krankheit auslösen, hilft Antibiotika. „Prinzipiell kann man sagen: je früher die Zecke entfernt wird, desto besser“, erklärt Hagemeister. Bis die Borreliose übetragen wird, können ein bis zwei Tage vergehen. Bei FSME erfolgt eine Ansteckung schneller.

Erstes Anzeichen einer Borreliose ist die Wanderröte, ein sich nach außen ausbreitender Ausschlag um den Stich herum. Borreliose kann schlimme Langzeitfolgen haben: Dauerhafte Lähmungen und andere neuronale Störungen. Bei FSME treten zunächst grippeähnliche Symptome auf: Schüttelfrost, Gliederschmerzen und Fieber.

Die Fallzahlen beider Krankheiten sind im Landkreis gesunken: Waren es 2013 noch 44 erfasste Fälle von Borreliose, gab es letztes Jahr nur elf. Der letzte FSME Fall im Kreis liegt sogar sieben Jahre zurück. Entwarnung will Hagemeister jedoch nicht geben. Vielmehr seien die geringeren Zahlen wohl auf ein größeres Bewusstsein in der Bevölkerung zurückzuführen. Denn: „Gegen die Zecken selbst kann man nicht viel ausrichten“.

Betroffene sollten auch Wissen, wie sie mit einem Zeckenstich umgehen müssen. „Auf keinen Fall sollte man auf die alten Hausmittelchen setzen“, betont Hagemeister. „Es kursieren die absonderlichsten Tipps.“ Ob Klebstoff, Alkohol oder Öl: Aufgetragene Substanzen reizen die Zecken nur. Ein Irrglaube sei auch, dass man Zecken „herausdrehen“ könne. Schließlich haben Zecken kein „Gewinde“. Hagemeister empfiehlt stattdessen die Zecke mit einer Pinzette oder einer speziellen Zeckenkarte mit einem senkrechten Zug aus der Haut zu ziehen.

Mona Lisa Kirner darf dies hingegen nicht: Aus Versicherungsgründen muss sie zuerst die Eltern informieren, wenn ein Kind einen Zeckenstich hat. Stattdessen informiert sie ihre Schützlinge lieber vorher über die unscheinbaren Krabbeltierchen. „Wieviel Beine haben Zecken?“, fragt sie in die Runde. „Acht!“ rufen die Kinder. „Und wenn sie klein sind?“ Ein Mädchen zählt an ihren Fingern: „Dann haben sie nur sechs“, sagt sie.

Die Kinder wissen noch mehr zu berichten: Dass Zecken mit ihren Vorderbeinen riechen und dass sie vor allem im feuchten Gras darauf warten, abgestreift zu werden. Wenn Marc Hagemeister also recht hat, und Wachsamkeit und Wissen der beste Schutz vor Zecken ist, müssen die „Waldräuber“ keine Angst vor den kleinen Blutsaugern haben.