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Mainfrankenpark: Bausünde oder Erfolgsgeschichte?


Autor: Robert Wagner

Kitzingen, Montag, 02. Januar 2017

Beim Ausbau des Mainfrankenparks war das Dettelbacher Gewerbegebiet umstritten. Es gibt den Flächenverbrauch im Landkreis Kitzingen ein Gesicht - und zeigt, dass der Umgang mit unserer Umwelt nicht immer einfach ist.
Eine strahlende Zukunft? Der Mainfrankenpark hat schon schwere Zeiten hinter sich.


Hoch oben thront es – auf der Anhöhe zwischen Dettelbach, Rottendorf und Biebelried. Zwischen A 3 und A 7, zwischen B 8 und B 22. Das Cineworld Ei, früher IMAX-Kino, ist von weither sichtbar. „Wenn man dieses ominöse Gebäude sieht, braucht man sich über Windräder in der Gegend wirklich nicht beschweren“, sagt Klaus Petter, der fachtechnische Stellungnahmen zu Bauvorhaben im Landkreis erstellt und für den Bund Naturschutz in Bayern (BUND) aktiv ist.

Für ihn ist das Kino-Ei ein Symbol für den Flächenverbrauch, den „Flächenfraß“, wie er es ausdrückt. „Wenn es so weiter geht, haben wir in ein paar Jahren kaum noch unbebaute Fläche“, sagt der Naturschützer. Zwischen Straßen, Wohn- und Gewerbegebieten gebe es dann nur noch vereinzelte Biotope – zu klein und unzusammenhängend, um die Artenvielfalt wirklich zu erhalten.

Nun ist das Ei und mit ihm der Mainfrankenpark sicher nicht die größte Bausünde aller Zeiten. Und dennoch: Das Gewerbegebiet im Westen von Dettelbach eignet sich aus mehreren Gründen, die Probleme des Flächenverbrauchs zu verdeutlichen.

Anbindung oder grüne Wiese?

Da ist zum einen das sogenannte Anbindegebot. Heimatminister Markus Söder (CSU) kämpft schon seit Jahren für eine Lockerung desselben. Als Teil des Landesentwicklungsprogramms soll das Anbindegebot verhindern, dass die bayerischen Landschaften weiter zersiedelt werden. Deshalb müssen Gewerbegebiete bisher an die Siedlungsgrenzen „andocken“. Söder möchte dies für Tourismusgroßprojekte, interkommunale Gewerbegebiete und ganz allgemein an Autobahnausfahrten mehr oder weniger abschaffen.

Der Mainfrankenpark – früher „Dettelbach 2000“ – erfüllt zwei dieser Voraussetzungen und kann deshalb als Blaupause für zukünftige Entwicklungen gesehen werden. Im „Schwarzbuch Gewerbegebiete in Bayern“ des BUND wurde das 35 Hektar große Areal bereits Anfang der 2000er als Negativbeispiel aufgenommen. Der Vorwurf: Planerische Regeln und Umweltbelange wurden ignoriert.

Angetrieben wurde das Projekt Mitte der 1990er Jahre von dem Unternehmer Michael Siewert, dessen ehrgeizige Pläne gut ein Jahrzehnt später ein unrühmliches Ende fanden. Siewert plante damals, ein über die Landkreisgrenzen hinaus bekanntes Freizeitangebot aus dem Boden zu stampfen. Mit Kino, Großraumdisco und Spaßbad. Und dieses touristische Großprojekt sollte eben mitten zwischen der A 3 und A 7 entstehen.

Auf der Internetseite des Mainfrankenparks finden sich noch heute Zahlen dazu: Von bis zu 200 000 Fahrzeugen, die dort jeden Tag vorbeifahren, ist die Rede. Von einem Einzugsgebiet mit knapp sechs Millionen Menschen und einem Besucheransturm von drei Millionen Menschen im Jahr 2002. Neuere Zahlen gibt es leider nicht.

Für Herbert Holzapfel (FW), zweiter Bürgermeister von Dettelbach, ist der Mainfrankenpark „im Großen und Ganzen ein Erfolg“. Zwar musste die Stadt nach der Insolvenz von Siewert in die Bresche springen, die Gewerbeeinnahmen des Parks würden jedoch einen enormen Beitrag zum Stadthaushalt leisten.

Heute habe sich das Bild des Mainfrankenparks verändert. Auf dem Areal haben sich nach und nach nicht nur Unterhaltungsunternehmen angesiedelt, sondern eben auch andere Firmen. Vom ursprünglichen Plan hat man sich mittlerweile entfernen müssen. Trotzdem: Mittlerweile sei der Mainfrankenpark in der Bevölkerung sehr akzeptiert, meint Holzapfel. Gegner habe der Park kaum noch.

Konkurrenz um Land und Leute

Die Betonung liegt auf mittlerweile – die aufgetretenen Konflikte zwischen Stadt und Land, zwischen Industrie und Landwirtschaft, sind ein weiterer Grund, warum der Mainfrankenpark stellvertretend für viele Projekte steht. Zur Planungszeit Ende der 1990er gab es beispielsweise Kritik seitens der Bauern. „Auf der Fläche gibt es mit die besten landwirtschaftlichen Böden in der Gemeinde Dettelbach“, erklärt Herbert Holzapfel. Deshalb würden dort unterschiedliche Interessen aufeinander prallen.

Von diesen unterschiedlichen Interessen weiß auch Landrätin Tamara Bischof zu berichten. Unter ihrem Vorgänger Siegfried Naser war sie als Abteilungsleiterin im Landratsamt Kitzingen mit juristischen Fragen im Fall Mainfrankenpark beschäftigt. Das Genehmigungsverfahren sei eher schwierig gewesen, da sich beispielsweise auch die Regierung von Unterfranken in die Planung eingeschaltet hatte. Wie auch der BUND befürchtete die Regierung einen Konflikt zwischen dem planerischen Unterzentrum Dettelbach und dem Oberzentrum Würzburg.

Im Schwarzbuch des BUND heißt es dazu: „Obwohl das geplante Gewerbegebiet am Autobahndreieck Biebelried eigentlich allen Grundsätzen der Landesplanung und Regionalplanung widerspricht, wurden die Vorbereitungen für das neue Gewerbegebiet mit ungeheurem Druck erfolgreich vorangetrieben.“ Gleichwohl sieht Bischof den Mainfrankenpark als sehr gelungen an. Der Standort sei gut gewählt. Dem Vorwurf der Naturschützer, das Projekt sei schnell durchgedrückt worden, widerspricht die Landrätin.

Hinter der Diskussion steckt ein tiefer liegender Konflikt. Die einzelnen Gemeinden stehen in Konkurrenz um Gewerbeeinnahmen. Doch Landes- und Regionalentwicklungspläne sowie Regeln wie das Anbindegebot würden die Ansiedlung von neuen Unternehmen und Einzelhändlern teilweise erschweren. Dadurch gerieten einige Gemeinden ins Hintertreffen. Sie würde deshalb Markus Söders Bestrebungen unterstützen, erklärt Tamara Bischof: So würden die Chancen für kleinere Gemeinden verbessert.

Der Naturschützer Klaus Petter kritisiert diesen Konkurrenzkampf der Gemeinden. „Wieso braucht jede Gemeinde ihr eigenes Gewerbegebiet, wenn noch, wie in Wiesentheid oder in Dettelbach-Ost, Flächen frei sind?“, fragt er. Statt diesen Konkurrenzkampf noch zu befeuern, sollte man lieber darüber nachdenken, die Planungshoheit der Gemeinden einzuschränken. So könnten interkommunale Projekte gefördert und der Flächenverbrauch gezähmt werden. Ob dazu wirklich neue Gesetze nötig sind, bezweifelt indes Herbert Holzapfel. „Es ist ja heute schon seltener, dass jede Gemeinde einzeln plant.“ Es gebe mehr Kooperationen zwischen den Kommunen. „Viele Sachen kann man als einzelne Gemeinde ja auch gar nicht stemmen.“

-> Eine Analyse, wie es um den ganzen Landkreis bestellt ist, finden Sie hier.