Was in Deutschland selbstverständlich ist, ist im Iran und anderen muslimischen Ländern Neuland. Hier ist der Hund der beste Freund des Menschen. Dort gilt er als unreines Tier. Iranische Hundeführer waren nun zu Besuch und lernten von ihren Kitzinger Kollegen.
Die Erde bebt. Mauern stürzen ein, Dächer begraben Menschen unter sich. Am 26. Dezember 2003 erschüttert ein schweres Erdbeben die iranische Stadt Bam. Rund 40 000 Menschen sterben. Knapp 90 Prozent aller Gebäude werden schwer beschädigt. Es ist eines der schlimmsten Beben in der iranischen Geschichte. Und hat in vielen Bereichen Konsequenzen.
Eine davon konnte man am Dienstag in Mainbernheim treffen: Vertreter von „ANSAT“, der iranischen Such- und Rettungshundeeinheit, sind zu Besuch bei ihren deutschen Kollegen aus Kitzingen. Es stehen zwei Punkte auf dem Programm: „Clicker-Training“ und Geräteübungen. Bei beiden geht es letztlich um eine Frage: Wie erziehe ich meinen Hund richtig?
Was in Deutschland selbstverständlich ist, ist im Iran und anderen muslimischen Ländern Neuland. Hier ist der Hund der beste Freund des Menschen. Dort gilt er als unreines Tier. Hier lebt er als Teil der Familie im Haus. Dort darf er nicht einmal ohne Sondergenehmigung auf der Straße geführt werden.
Wie aber kam es zum – zumindest teilweisen – Sinneswandel? Esmaeil Eskandari gibt Auskunft. Der Iranische Mitarbeiter des Roten Halbmondes ist als Gruppenleiter nach Deutschland gereist. Er beschreibt, wie beeindruckt die lokalen und nationalen Helfer von der Arbeit der internationalen Hundestaffeln beim schweren Erdbeben in Bam waren. So entstand die Idee, auch im Erdbeben gefährdetem Iran eine eigene Hundestaffel zu etablieren. Etwa alle zehn Jahre erschüttert ein schweres Beben das Land. Genug Arbeit gibt es – leider.
Schon 2003 begann die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz. Für Mark Hofmann, den Projekt-Delegierten des DRK, ist es ein ganz besonderes Projekt. „Es ist nicht alltäglich, dass ein solches Rettungshunde-Projekt so aus dem Boden gestampft wird, wie damals im Iran.“ Dabei haben die Kollegen vom Roten Halbmond hervorragende Voraussetzungen für den Erfolg des Programms geschaffen. Auch das keine Selbstverständlichkeit. Und noch etwas freut Hofmann: Dass die Zusammenarbeit der Hilfsorganisationen trotz der kulturellen Unterschiede zwischen den Ländern funktioniert hat. „Wir sind ja fast wie eine Familie“, sagt er im Hinblick auf die muslimischen Kollegen.
Eine, die 2003 mit ihrem Hund im Iran war, leitet an diesem Dienstag die Schulung der neun Iranischen Hundeführer. Sigrid Höfer von der Kitzinger Rettungshundestaffel erklärt den interessierten Kollegen aus der Iranischen Republik den Aufbau der Geräte. Schmale Leitern mit dünnen Sprossen, wackelnde Bretter und hölzerne Wippe. Die Hunde müssen lernen, auch bei sehr schwierigen Untergrundverhältnissen zurechtzukommen. Und aufs Wort zu hören.
Bei Katastropheneinsätzen müssen Hund und Führer perfekt harmonieren und funktionieren. Schließlich geht es um Menschenleben. Dass das Gerätetraining bei gefühlten 50 Grad in einem stickigen Heuboden stattfindet, dass viele unbekannte Menschen umherspringen und unterschiedliche Stimmen erklingen – das kommt in diesem Moment eigentlich ganz Recht. Denn die Bedingungen für Rettungseinsätze sind auch schwierig – besonders im Ausland.