Das etwa acht Quadratmeter große Zimmer ist weiß gestrichen. Ein einfacher Tisch, fünf Stühle und eine Pritsche – das ist an diesem Abend das Behandlungszimmer von Dr. Gisela Kramer-Grünwald. Sie und ihre Kollegen haben in der Kitzinger Notunterkunft nicht nur mit Krankheiten zu kämpfen.
Das etwa acht Quadratmeter große Zimmer ist weiß gestrichen. Ein einfacher Tisch, fünf Stühle und eine Pritsche – das ist an diesem Abend das Behandlungszimmer von Dr. Gisela Kramer-Grünwald. An der Wand hängen zwei weiße Kittel, in mehreren Kartons sind Medikamente durcheinander geworfen – die provisorische Apotheke der Notunterkunft in Kitzingen.
Fenster gibt es nicht, es ist stickig. „Sicher, die Bedingungen sind nicht so toll, aber sie sind eben, wie sie sind“, sagt Kramer-Grünwald. „Dabei sind wir heute noch in dem geräumigen von den zwei Sprechzimmern“, fügt sie mit einem Lächeln hinzu. Das Wichtigste sei aber sowieso, für die Menschen da zu sein. „Oft geht es nur darum, Ängste zu nehmen und zu sagen: 'Ich find' nichts Schlimmes, du wirst wieder gesund.“
„Der alte Arzt spricht Latein, der junge Englisch – der gute Arzt die Sprache des Patienten. “
Ursula Lehr Bundesministerin 1988-1991
So beispielsweise bei einem kleinem syrischen Jungen an diesem Abend. Über einen Dolmetscher erklärt die Mutter, ihr Sohn habe Schmerzen im Unterleib, keinen Appetit und müsse sich regelmäßig übergeben. Nachdem die Ärztin den jungen Flüchtling untersucht und abgetastet hat, gibt sie Entwarnung: „Eine Magenverstimmung, mit dem Blinddarm ist nichts“, erklärt sie lächelnd. Und noch bevor der Dolmetscher übersetzen kann, entspannen sich auch die Gesichtszüge der Mutter und sie lächelt ebenfalls.
Kramer-Grünwald ist eine von mittlerweile sieben Ärzten aus dem Landkreis, die gemeinsam freiwillig eine tägliche Sprechstunde in der Notunterkunft im Innopark organisieren – für die sie zwar bezahlt werden, jedoch ihre Freizeit opfern. Warum sie das machen? „Weil es nötig ist“, sagt Kramer-Grünwald einfach. „Ich hoffe deshalb, dass noch der ein oder andere Kollege dazu kommt.“
Ein „niederschwelliges Angebot“ sei es, dass die Ärzte gemeinsam mit dem Gesundheitsamt seit etwa fünf Wochen anbieten, um die ärztliche Versorgung zu verbessern. Denn das Gesundheitsamt kann nur Erstuntersuchungen und Impfungen leisten – für mehr reichen die Kapazitäten nicht.
Erhöhte Ansteckungsgefahr
Viele Menschen über längere Zeit auf engstem Raum – das ist ein Paradies für Infektionskrankheiten wie die Grippe. Umso wichtiger ist deshalb eine gute Versorgung vor Ort. „Wir können allerdings nur einen kleinen Teil der Probleme lösen“, sagt Kramer-Grünwald. Nicht nur, dass für umfangreichere Untersuchung einfach das Equipment fehlt – das größte Manko ist, dass sie sich seelischer Probleme und Traumata gar nicht annehmen können.
Außerdem müssen größere Behandlungen warten: Das Landratsamt, das für die Kosten aufkommt, solange die Flüchtlinge in der Notunterkunft leben, übernimmt nur die drängendsten Behandlungen. Das muss an diesem Abend auch Mohsen Iakhri erfahren: Der rechte Arm macht ihm nach einem Knochenbruch vor längerer Zeit immer noch Probleme. Kramer-Grünwald muss ihn jedoch vertrösten: Erst, wenn er weiß, wo er längerfristig untergebracht wird, könne man sinnvoll behandeln.