Herbstputz für das neue Heim

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Nach zwei Monaten im Übergangsquartier kommen die Kinder des Geesdorfer Heimes heute wieder in ihr frisch saniertes Zuhause zurück. Die zurückliegenden Wochen waren turbulent.

"Ein Traumurlaub war's nicht gerade", sagt Agostina und grinst. "Aber insgesamt war die Zeit doch ganz schön." Die 18-Jährige lebt im Kinder- und Jugendheim Geesdorf - eigentlich. Die letzten zwei Monate hat sie jedoch im Schloss Kirchschönbach verbracht. Die Bewohner der Einrichtung mussten mitsamt ihren Betreuern für einige Zeit umziehen, da ihr Zuhause generalsaniert wurde. "Es wird noch bis Ende Oktober dauern, bis alle Arbeiten abgeschlossen sind - aber wir können jetzt schon wieder zurück", erklärt Heimleiterin Cornelia Süptitz.

Und heute ist der große Tag: Die neun Kinder und Jugendliche bringen mit ihren Betreuern ihre Sachen wieder in ihr Haus zurück - keine kleine Aufgabe. "Akten, Schulmaterial, die persönlichen Dinge der Kinder und das ganze Büro - all das war mit in Kirchschönbach", zählt Süptitz auf. Immerhin mussten sie nicht alle Zimmer komplett leeren, weil das Gebäude nur außen saniert wurde. "Innen lief die Sanierung ja bereits 2005, das war alles noch schön." Die Sanierung war vor allem wegen der schlechten Dämmung dringend notwendig.

Agostina kann von heißen Sommern und kalten Wintern ein Lied singen. Ihr Zimmer liegt direkt unter dem Dach und dort hat sie Temperaturumschwünge im wahrsten Sinne des Wortes hautnah miterlebt. Sie freut sich über ihr schönes, neues Zimmer - denn mal abgesehen von der richtigen Temperatur hat sie jetzt auch viel mehr Licht.
"Das große Dachfenster war vorher nicht da." Die 18-Jährige ist gerade dabei, das Chaos in einem anderen Zimmer zu beseitigen und zu putzen. Ihr Raum ist nicht rechtzeitig fertig geworden. Weil ihre Nachbarin aber für einige Tage auf Abschlussfahrt ist, wird sie so lange deren Zimmer nutzen. Dabei schmiedet sie schon Pläne: "Ich will die Wände bei mir selber streichen. Ich bin nämlich gerne kreativ." Ihr schweben verschiedene neue Farben vor und ein Muster. "Ich will was Außergewöhnliches."

Dass sie damit noch warten muss und derweil bei anderen sauber macht, stört sie nicht. Putzen, aufräumen, einräumen - das waren die Hauptbeschäftigungen der Mädchen und Jungen in der vergangenen Woche. Dabei halfen alle zusammen - egal um wessen Zimmer oder welchen Gemeinschaftsraum es ging. "Die Gruppe wirkt toll zusammen", freut sich Süptitz. Keiner beschwert sich, dass die Kleinen nicht so viel helfen können oder der älteste, der inzwischen eine Ausbildung absolviert, nur wenig da ist. "Alle sind sehr motiviert - sie haben sich auch schon so auf das renovierte Haus gefreut." Verändert haben sich neben den Dachfenstern auch die Fensterfronten, wodurch es viel heller im Gebäude ist. "Das ist sehr wichtig für uns, da manche der Kinder mit Depressionen zu kämpfen haben. Wenn es dann noch so düster in den Zimmern ist, macht es das nicht gerade leichter."

Eng und dunkel


Das war auch einer der Hauptkritikpunkte an der Übergangsbleibe im Schloss. "Die Zimmer sind sehr eng und dunkel", so Süptitz. Außerdem haben die Geesdorfer zwar das ganze obere Stockwerk zur Verfügung gestellt bekommen - aber die Küche ist im Erdgeschoss. "Das war suboptimal, da wir die Gruppe nicht richtig im Blick behalten konnten." Agostina und die anderen Jugendlichen waren daher immer wieder gefordert, auf ihre kleinen Mitbewohner aufzupassen. Alles in allem sind die zwei Monate im Schloss aber ganz gut vorüber gegangen. "Wir sind ja froh, dass Schwester Margit uns das überhaupt möglich gemacht hat", betont Süptitz. Denn es sei gar nicht so einfach gewesen, eine Bleibe zu finden. Außerdem seien die Schwestern sehr nett zu den Kindern gewesen und durch die anderen Menschen im Haus haben sie immer wieder neue Leute kennen gelernt.

"Das war schon super", findet auch Agostina. Eine amerikanische Familie mit zwei kleinen Mädchen hatte es ihr besonders angetan. "Die Zwillinge waren total süß - sie wollen uns auch mal besuchen, wenn sie wieder in der Gegend sind." Sie durfte außerdem in ein Selbstfindungsseminar reinschnuppern, "einfach so", und bei dem schönen Sommerwetter in den Ferien sei der Park des Schlosses traumhaft gewesen. "So etwas haben wir hier natürlich nicht mehr", trauert die 18-Jährige dem vielen Grün etwas hinterher. Trotzdem ist sie "echt froh", dass sie jetzt wieder nach Geesdorf zurückkehren kann. "Mein Kleiderschrank hat mir gefehlt - ich musste alles in eine kleine Kommode quetschen." Vor allem hat sie aber gestört, dass die Räumlichkeiten beengt waren, sie kein eigenes Zimmer und somit auch wenig Privatsphäre hatte.

Toller Zusammenhalt


"Das ist für die meisten unserer Kinder ein echtes Problem - es ging aber nicht anders", erklärt Süptitz. Die Monate in Kirchschönbach seien schon turbulent gewesen, aber es hätten alle toll zusammen geholfen - und zusammen gehalten.

Der Enge des Schlosses entflohen die Jugendlichen zudem immer wieder durch Tagesausflüge, sogar eine Woche richtiger Urlaub an der Mosel war drin. "Die Spenden haben es möglich gemacht, dass wir den Urlaub nicht absagen mussten. Das ist bei so einem großen Projekt nicht selbstverständlich", zeigt sich Süptitz dankbar. Sie ist auch froh, dass die Arbeiten trotz einer unschönen Überraschung immer noch im Zeitplan liegen: "Im Dach ist eine Holzdecke runtergekommen und bei dem Gewitter im Juli hatten wir einen Wassereinbruch." Sonst gab es aber keine Schwierigkeiten und die Kosten bleiben im Rahmen.

Taschengeld aufgestockt


A propos Kosten: Der Trägerverein musste für die Zimmer im Schloss zwar Miete zahlen, für Agostina und einige andere der älteren Mädchen hatte die Zeit dort finanziell aber eine positive Seite: "Wir haben uns Geld mit Fensterputzen verdient." Für das Putzen in Geesdorf gibt es natürlich jetzt kein Geld - aber dafür schöne, neue, helle Räume. Agostina kann es kaum erwarten, bis auch ihr Zimmer fertig ist. "Zur Not muss ich den Arbeitern ein bisschen Druck machen", sagt sie und lacht verschmitzt.