Für ein paar Wochen hatte Familie Saalmüller ein neues Familienmitglied: Eine Baby-Ende stand plötzlich im Flur und wollte aufgepäppelt werden.
Sie kamen einfach angewatschelt. Mit einer Selbstverständlichkeit, als würden sie dort wohnen. Als müsste das so sein. Zwei Entenkinder, die plötzlich im Flur standen. Zwei Waisenkinder, jedenfalls war von der Mutter weit und breit nichts zu sehen. Was auch immer passiert war – irgendwie waren die beiden Waisen dann doch richtig. Weil sie mit Claudia Saalmüller den Weg zu einer ausgewiesenen Tierfreundin gefunden hatten.
Für Claudia Saalmüller war sofort klar: Hier wird Hilfe gebraucht. Dass sie die Entchen adoptieren würde, war keine Frage. Die Neuankömmlinge wurden sofort versorgt: Im Garten mussten sich die Bewohner im Meerschweinchenkäfig erst einmal mit der Hälfte des Platzes zufrieden geben – der andere Teil gehörte jetzt zu Entenhausen. Die Versorgungsfrage war auch schnell geklärt: Nach dem Anruf bei einem Entenzüchter ließen die Leckereien nicht lange auf sich warten. Zu Löwenzahn und Brennnesseln kam ein spezielles Trockenfutter, das groß und stark macht.
Versorgung geklärt
Nachdem die Futterversorgung geklärt war, ging es um den Wohlfühlfaktor: Die Entenkinder bekamen – mangels einer Rotlichtlampe – eigens eine Wärmflasche. Außerdem zahlte sich aus, dass nicht alles weggeworfen wurde: Die alte Sandmuschel des Sohnes – der längst erwachsen ist – wurde herausgekramt und diente fortan als Badegelegenheit. Zu diesem Zeitpunkt konnten die Meerschweinchen aufatmen – sie hatten wieder ihre Ruhe und den Käfig ganz für sich. Eine Holzkiste wurde umfunktioniert, bekam eine Rampe und diente nunmehr als sicheres Nachtlager. Unter dem Nussbaum entstand derweil ein kleines Gatter samt Sandmuschel-Badegelegenheit. Also eine Art Entenkinder-Luxushotel.
Ins Herz geschlossen
Die Entenkinder hatten inzwischen auch einen Namen bekommen: Pünktchen und Ducky. Alle hatten die Tiere ins Herz geschlossen, weil sie so „klein, braun und besonders hübsch“ waren, wie die Entenmama betont. Und erst dieses Watscheln – umwerfend. Und um einiges besser als jede Fernseh-Show.
Dann ein trauriger Moment: Pünktchen schaffte es nicht, alle Aufpäppel-Mühe erwies sich als vergebens. Dafür entwickelte sich Ducky um so prächtiger. Nach und nach lernte die Wildente neben den zweibeinigen auch die vierbeinigen Mitbewohner kennen. Ducky schlug sich tapfer: Dem Hund trat das Entenkind selbstbewusst gegenüber. Und von den vier Katzen ließ es sich ebenfalls nichts bieten.
Federkleid wuchs
War Ducky in der ersten Zeit noch voller Flaum, änderte sich das nach ein paar Wochen: das Federkleid wuchs und wuchs. Die gesamte Familie hatte ihren Spaß mit Ducky: Das tägliche Zugucken beim Planschen war längst ein Ritual. Claudia Saalmüller verbrachte zusammen mit ihrem zehnjährigen Neffen Bastian so viel Zeit mit dem Entchen, wie nur ging. Die passionierte Fotografin konnte ihr Glück kaum fassen: Ducky wurde zum Model, unzählige Fotoshootings gingen über die Bühne. Klar war aber von Anfang an auch: Zu sehr vermenschlicht werden sollte der gefiederte Geselle nicht werden. „Wir wollten sie einigermaßen wild lassen“, betont die Rimbacherin. Weil der Tag der Auswilderung kommen würde. Jedenfalls kam „Gefangenschaft nicht in Frage.“
Ausgebüxt
Wobei: Ganz so sicher war das zwischendurch nicht. Weil die Hausherrin tatsächlich kurz überlegte, vielleicht gleich in eine Entenzucht einzusteigen. Der Gedanke wurde aber dann doch schnell wieder verworfen – und nach acht Wochen rückte der Tag des Abschieds unausweichlich näher: Die Flugfedern waren voll ausgeprägt, das Gatter rund um den Baum keine Hürde mehr. Immer öfter büxte Ducky aus, einmal musste sie sogar beim Nachbarn geholt werden. Aus dem Entchen war eine Ente geworden. „Bald hebt sie ganz ab!“, war sich die Entenmutter sicher – und schritt deshalb schweren Herzens zur Tat.