Happy Ente

3 Min
Vorher: Diese Wildente ist der Familie Saalmüller aus Rimbach zugelaufen. Ducky ist erst ein paar Tage alt und nur halb so groß wie ihr gelber Teddy.
Nachher: Die Wildente hat sich gut entwickelt. Im Alter von sieben Wochen ist Ducky schon mehr als doppelt so groß wie ihr gelber Freund in ihrem „Nest“.
Fotos (7): Claudia Saalmüller
Schon nach gut einer Woche ist Ducky auf ihrer ersten Erkundungstour.
 
Kritisch beäugen die drei Katzen die Wildente. Doch Ducky behält einen kühlen Kopf.
 
Nanu, wer watschelt denn hier? Vorsichtig schnuppert der Hund an Duckys Gefieder.
 
In der fünften Woche bei den Saalmüllers übt sich Ducky in ihren ersten Schwimmversuchen.
 
Claudia Saalmüller mit ihrem Neffen Bastian und Schäferhund Caprice an dem Platz, wo Ducky ihr Gatter hatte.
Foto: F. Weichhan
Seitdem Ducky wieder in Freiheit lebt, besucht Claudia Saalmüller sie regelmäßig. Und bringt ihre Leibspeise mit: Erdbeeren.
 

Für ein paar Wochen hatte Familie Saalmüller ein neues Familienmitglied: Eine Baby-Ende stand plötzlich im Flur und wollte aufgepäppelt werden.

Sie kamen einfach angewatschelt. Mit einer Selbstverständlichkeit, als würden sie dort wohnen. Als müsste das so sein. Zwei Entenkinder, die plötzlich im Flur standen. Zwei Waisenkinder, jedenfalls war von der Mutter weit und breit nichts zu sehen. Was auch immer passiert war – irgendwie waren die beiden Waisen dann doch richtig. Weil sie mit Claudia Saalmüller den Weg zu einer ausgewiesenen Tierfreundin gefunden hatten.

Für Claudia Saalmüller war sofort klar: Hier wird Hilfe gebraucht. Dass sie die Entchen adoptieren würde, war keine Frage. Die Neuankömmlinge wurden sofort versorgt: Im Garten mussten sich die Bewohner im Meerschweinchenkäfig erst einmal mit der Hälfte des Platzes zufrieden geben – der andere Teil gehörte jetzt zu Entenhausen. Die Versorgungsfrage war auch schnell geklärt: Nach dem Anruf bei einem Entenzüchter ließen die Leckereien nicht lange auf sich warten. Zu Löwenzahn und Brennnesseln kam ein spezielles Trockenfutter, das groß und stark macht.

Versorgung geklärt

Nachdem die Futterversorgung geklärt war, ging es um den Wohlfühlfaktor: Die Entenkinder bekamen – mangels einer Rotlichtlampe – eigens eine Wärmflasche. Außerdem zahlte sich aus, dass nicht alles weggeworfen wurde: Die alte Sandmuschel des Sohnes – der längst erwachsen ist – wurde herausgekramt und diente fortan als Badegelegenheit. Zu diesem Zeitpunkt konnten die Meerschweinchen aufatmen – sie hatten wieder ihre Ruhe und den Käfig ganz für sich. Eine Holzkiste wurde umfunktioniert, bekam eine Rampe und diente nunmehr als sicheres Nachtlager. Unter dem Nussbaum entstand derweil ein kleines Gatter samt Sandmuschel-Badegelegenheit. Also eine Art Entenkinder-Luxushotel.

Ins Herz geschlossen

Die Entenkinder hatten inzwischen auch einen Namen bekommen: Pünktchen und Ducky. Alle hatten die Tiere ins Herz geschlossen, weil sie so „klein, braun und besonders hübsch“ waren, wie die Entenmama betont. Und erst dieses Watscheln – umwerfend. Und um einiges besser als jede Fernseh-Show.

Dann ein trauriger Moment: Pünktchen schaffte es nicht, alle Aufpäppel-Mühe erwies sich als vergebens. Dafür entwickelte sich Ducky um so prächtiger. Nach und nach lernte die Wildente neben den zweibeinigen auch die vierbeinigen Mitbewohner kennen. Ducky schlug sich tapfer: Dem Hund trat das Entenkind selbstbewusst gegenüber. Und von den vier Katzen ließ es sich ebenfalls nichts bieten.

Federkleid wuchs

War Ducky in der ersten Zeit noch voller Flaum, änderte sich das nach ein paar Wochen: das Federkleid wuchs und wuchs. Die gesamte Familie hatte ihren Spaß mit Ducky: Das tägliche Zugucken beim Planschen war längst ein Ritual. Claudia Saalmüller verbrachte zusammen mit ihrem zehnjährigen Neffen Bastian so viel Zeit mit dem Entchen, wie nur ging. Die passionierte Fotografin konnte ihr Glück kaum fassen: Ducky wurde zum Model, unzählige Fotoshootings gingen über die Bühne. Klar war aber von Anfang an auch: Zu sehr vermenschlicht werden sollte der gefiederte Geselle nicht werden. „Wir wollten sie einigermaßen wild lassen“, betont die Rimbacherin. Weil der Tag der Auswilderung kommen würde. Jedenfalls kam „Gefangenschaft nicht in Frage.“

Ausgebüxt

Wobei: Ganz so sicher war das zwischendurch nicht. Weil die Hausherrin tatsächlich kurz überlegte, vielleicht gleich in eine Entenzucht einzusteigen. Der Gedanke wurde aber dann doch schnell wieder verworfen – und nach acht Wochen rückte der Tag des Abschieds unausweichlich näher: Die Flugfedern waren voll ausgeprägt, das Gatter rund um den Baum keine Hürde mehr. Immer öfter büxte Ducky aus, einmal musste sie sogar beim Nachbarn geholt werden. Aus dem Entchen war eine Ente geworden. „Bald hebt sie ganz ab!“, war sich die Entenmutter sicher – und schritt deshalb schweren Herzens zur Tat.

Sie sah sich in der Umgebung mehrere Seen an, die vielleicht für ihre Stockente geeignet waren. In Volkach war Claudia Saalmüller ebenso wie beispielsweise in Järkendorf. Am Ende entschied sie sich dann doch für die Seen vor der Haustür. Am letzten Samstag im August war es soweit: Ducky wurde zu den Seen gebracht und freigelassen. Sie schwang sich in die Luft, flog einmal über den See und landete schließlich auf dem Wasser in der Nähe ihre Adoptivfamilie. In einiger Entfernung schwammen ihre Artgenossen und guckten mehr oder weniger interessiert zu. Alles so, wie es sein sollte.

Leibspeise: Erdbeeren

Trotzdem ein trauriger Moment. Würde ihr Zögling auf sich gestellt zurecht kommen? Immerhin blieb die Erinnerung: „Was haben wir für einen Spaß mit der gehabt!“ Es sollte, wie sich gleich am nächsten Tag zeigte, noch weit mehr bleiben: Natürlich ging's voller Neugier zu den Seen. War Ducky noch da? Scheinbar nicht. Die Rufe gingen offensichtlich ins Leere – bis sie plötzlich angeschwommen kam: „Sie blieb in angemessener Nähe stehen und wir haben sie mit Erdbeeren, ihrer Leibspeise, gefüttert“, erinnert sich Claudia Saalmüller an einen bewegenden Moment. Spätestens jetzt wusste sie: „Es gibt da eine gewisse Bindung!“

Regelmäßige Besuche

Es sollte nicht der letzte Besuch sein. Seither geht's regelmäßig zu den Seen und fast immer lässt sich Ducky blicken, wobei die Besucher inzwischen auch eine spezielle Ruftechnik entwickelt haben. Dass es jedes Mal einen leckeren Happen gibt, versteht sich von selbst. So lange sie noch wachsen, tauscht – na klar – eine Erdbeere die Besitzer. Das Fernglas ist inzwischen auch regelmäßiger Begleiter – so kommt man dem Vogel auch weiterhin irgendwie nah. Klar, dass alle Beteiligten seither glücklich sind. Man könnte in diesem Fall mit Recht von einer Art Happy Ente sprechen.