EU-Vorstoß: Privatisierung der Trinkwasserversorgung

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Roger Lindholz lässt sich das Kitzinger Trinkwasser schmecken. Foto: Sabine Herteux
Roger Lindholz lässt sich das Kitzinger Trinkwasser schmecken. Foto: Sabine Herteux
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Die EU will die Privatisierung der Trinkwasserversorgung auf den Weg bringen. Roger Lindholz von den LKW fürchtet, dass dann nur noch der Gewinn zählt, und nicht die Nachhaltigkeit.

Ein bisschen nachdenklich nimmt Roger Lindholz einen tiefen Schluck aus seinem Glas. Frisches, klares Wasser aus dem Trinkwasserbrunnen Tännig. Erst 2005 wurde er nahe dem Trimm-Dich-Pfad gebaut. "Nicht nur bei den Wasserversorgern selbst, auch bei den Bürgern regt sich Unwohlsein", sagt der technischer Leiter und Prokurist der Licht-, Kraft- und Wasserwerke Kitzingen. Und das nicht ohne Grund. Denn der Binnenmarkt-Ausschuss des EU-Parlaments hat sich für eine Neuregelung, für eine Privatisierung der kommunalen Trinkwasserversorger ausgesprochen. Die Versorgung liegt dann nicht länger wie bisher in öffentlicher Hand, sondern in den Händen gewinnorientierter Großkonzerne.
Sind Stadtwerke oder Zweckverbände nicht hundertprozentige Töchter der Kommunen und versorgen nicht hauptsächlich das eigene Gebiet, dann wird die Versorgung künftig EU-weit ausgeschrieben - der Wettbewerb wird Pflicht.



Durch die private Beteiligung von Thüga wären auch die LKW davon betroffen. "Trinkwasser ist Aufgabe der Daseinsfürsorge. Dieses hochangesiedelte Gut darf keinem Privatier überlassen werden", reagiert Lindholz auf die EU-Abstimmung, die am Donnerstag verabschiedet wurde. "Die Privatisierung will keiner: Weder Kommunen, noch Versorger und schon gar nicht die Bürger."

Vernachlässigung der Anlagen
Die möglichen Folgen dieser Konzessionsrichtlinie verfolgt der Diplom-Ingenieur mit Sorge. Die elf Trinkwasserbrunnen des Kitzinger Wasserversorgers würden derzeit noch so bewirtschaftet und betreut, "dass wir sie langfristig nutzen und die eigene Trinkwasserversorgung sicherstellen können", betont Lindholz. Kommt aber ein privater Investor ins Spiel, würden die technischen Anlagen nur noch auf Substanz gefahren. Regelmäßige Wartung und Pflege, Investitionen in die Brunnenbewirtschaftung, wie es jetzt noch der Standard ist? Fehlanzeige. "Wenn etwas kaputt geht, wird es ersetzt. Das wär's aber auch schon", bedauert Lindholz.

Der Blick auf eine nachhaltige Bewirtschaftung ginge unter einem Privatier komplett verloren. "Es besteht große Gefahr, dass die Trinkwasserversorgung dann allein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt wird." Kommunale Versorger dürfen kein Geld mit Trinkwasser verdienen, müssen kostendeckend arbeiten - für Konzerne gilt das nicht. "Wasser ist ein Lebensmittel. Einem Privatmann geht es nur ums Geld." Lindholz sieht die Versorgung von wirtschaftlichen Interessen eines privaten Investors bedroht: "Es ist unser hoheitliches Interesse und muss unser hoheitliches Interesse bleiben, dass die Trinkwasserversorgung unter unseren Fittichen bleibt."

Ob sich unter einem privaten Investor die Wasserqualität massiv verschlechtern könnte? Das glaubt Lindholz nicht. Immerhin gebe es eine Trinkwasserversorgung, an die sich auch ein privater Konzern halten müsse. Dennoch: "Besser wird's auf keinen Fall." Ob dagegen der Preis steigen könnte, kann Lindholz nicht beantworten. Derzeit kostet ein Kubikmeter Trinkwasser 1,98 Euro.

Auch Gerhard Moser, Werkleiter der Fernwasserversorgung Franken, hält von der geplanten Konzessionsrichtlinie "gar nix". Zwar ist das Unternehmen im Gegensatz zu den LKW ein hundertprozentiger Zweckverband ohne private Beteiligung - ausschreibungspflichtig wäre die Fernwasserversorgung Franken damit nicht -, dennoch ist Moser in Alarmbereitschaft: "Die Trinkwasserversorgung muss in kommunaler Hand bleiben." Das Votum des Binnenausschusses für eine Privatisierung des Trinkwassers macht ihn wütend: "Überall Wettbewerb reinzubringen, das ist jetzt die EU-Schiene."

CSU und SPD gegen Richtlinie
Die CSU-Europaabgeordnete Anja Weisgerber - Stellvertreterin im Binnenmarktausschuss - ist ebenso gegen eine Zwangsliberalisierung des Wassersektors: "Wir haben im Binnenmarktausschuss einen Änderungsantrag zur Ablehnung der gesamten Richtlinie gestellt", sagte sie im Gespräch mit der Redaktion. "Wasser ist ein wichtiges Lebensgut. An der kommunalen Selbstverwaltung darf gerade in einem so elementaren und sensiblen Bereich wie der Trinkwasserversorgung nicht gerüttelt werden."

Auch Kerstin Westphal, SPD-Europaabgeordnete und Mitglied des Binnenmarktausschusses, spricht sich gegen die Wasserprivatisierung aus: "Wir haben uns dafür eingesetzt, die Wasserversorgung aus der Konzessionsrichtlinie herauszunehmen." Lindholz wundert sich derweil, wie die Abstimmung überhaupt zustande kommen konnte, wenn angeblich jeder dagegen gestimmt hat. "Die Politik verliert die Bodenhaftigkeit", ist er überzeugt.